Denn ihr Onkel Franz befand sich auf einer Brasilienreise, die ihm seine Geschwister zum 60.Geburtstag geschenkt hatten. „S‘erscht Mol hon i alloan melchn terft“, freut sie sich. Seit über einem Jahr lebt sie auf dem „Schlummhof“. Ihr Onkel hatte sie zu sich gerufen, nachdem ihre Tante Florina, die auf dem Hof mitarbeitet, einen Oberschenkelbruch erlitten hatte. Kurzentschlossen verließ Nathalie Wien, wo sie ein Studium in Agrarwissenschaften beginnen wollte. Was sie auf dem „Schlummhof“ erwartete, wusste sie, denn oft hatte sie dort die Oma besucht und mitgearbeitet. Mutig übernahm sie den Haushalt und unterstützte ihren Onkel. „A pissl vergwöhnt isch er schun“, sagt sie. Ihren privaten Rückzugsort fand sie in der renovierten Ferienwohnung, die sie sich einrichten durfte. Nach einem halben Jahr kehrte die Tante zurück. „Iaz hot dr Franz zwoa Frauen“, scherzt sie. Mittlerweile fühlt sich Nathalie auf dem Hof daheim und auch in Schluderns. Sie ist Mitglied in bäuerlichen Organisationen und aufgeschlossen für alles. Bei den Ritterspielen hat sie als erste Frau beim Palio-Wettkampf mitgemacht. Ihr Tag beginnt um sechs Uhr in der Früh und endet um 20.00 Uhr. An Wochenenden geht sie gerne aus. Da kann es schon passieren, dass sie mit ihrem grünen Mini Cuper erst im Morgengrauen auf den Hof zurückkehrt und direkt in den Stall geht, wo sie der Onkel Franz kopfschüttelnd empfängt. Nathalie setzt in ihrer herzlichen Art alles daran, dass sie entspricht. Sie möchte irgendwann vom Hof leben können, sich auf Nischenprodukte spezialisieren. „Oans isch sicher, Epfl wear i nia koane setzn, denn i hon di Viecher zu gearn“, meint sie. „Solong dia leebm, solln si’s schean hobm.“ Aufgewachsen ist Nathalie in Hafling und Tscherms. Sie besuchte die Hauswirtschaftsschule in Tiesens und die Frauenoberschule in Meran, die sie mit der Matura abschloss. Hingezogen fühlte sie sich immer zur Landwirtschaft und erwarb als Privatistin das Diplom an der Fürstenburg. Während der Ferien arbeitete Nathalie bei Bauern und auf Almen. Die Arbeit in der Natur und der Umgang mit Tieren gaben ihr viel Kraft. „I honn a poor Tiefs zu überstean kopp“, verrät sie. Sie begann eine Bäcker-Lehre. Dass zum Großteil mit Fertigprodukten gearbeitet wurde und vieles im Müll landete, wollte sie nicht mittragen. Sie gab auf. „Deis hot mit Brotbachn nix mea z`tian kopp“, erklärte sie. Sie suchte nach einem Hof, musste aber ernüchtert feststellen, dass sie sich keinen leisten konnte. Dann kam der Ruf ihres Onkels. Dass der Weg zur Bäuerin kein leichter Weg sein wird, weiß sie. Einen Rückschlag erlebte sie im vergangenen Sommer, als ihr beidseitige Hüftdysplasie diagnostiziert wurde. Spezialisten in Graz rieten zu sofortigen Eingriffen. Die erste Operation Ende August verlief erfolgreich und die zweite soll im Frühjahr folgen. „Di Op‘s miaßn sain, um Prothesen zu verhindern“, erklärt sie. Schon bald stand sie wieder im Stall. „I bin a Zache. I orbat gearn unt bin mit weni zfriedn“, betont sie kämpferisch. Schmerzen zeigten ihr jedoch, dass sie sich zu viel zumutete. „Zu Silvester hon i fescht wea kopp“, betont sie. Nach einer Pause mit Stallverbot erholte sie sich. Auf dem „Schlummhof“ dreht sich derzeit vieles um das Loslassen und Zulassen, um Zuteilung von Verantwortung und um Weichenstellung für die Zukunft, „Miar wearn schun an Weg finden“, sagt Nathalie. Sie wünscht sich sehr, auf dem Hof bleiben zu können. Vieles hängt auch davon ab, wie Onkel Franz ihre erste Bewährungsprobe bewertet.
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