Am 02.06.2007 feierten Cilli und Ludwig ihre Goldene Hochzeit. Vor fast genau einem Jahr feierte er mit seiner Großfamilie in guter körperlicher und vor allem geistiger Verfassung seinen Achtzigsten. Ludwig hilft weiterhin in der Landwirtschaft, forscht und schreibt für die Chronistengruppe und veröffentlicht im Gemeindeblatt.
Wir haben uns in der alten Stube im Wilhalmhof in Klopair verabredet. Ein unaufdringlicher, rauchig-appetitlicher Geruch von Geselchtem liegt in der Luft. Ludwig sitzt bereits am Tisch im Herrgottswinkel. Während ich das Diktiergerät auf den Tisch lege und den Notizzettel mit dem „roten Faden“ unseres Gesprächs entfalte, zeigt er zum Ehrenplatz in der Stube, zu einem ausdrucksstarken Porträtbild seines Großvaters Karl Ludwig, Jahrgang 1858. Dieser kam von Arlund, heiratet sich hier ein, weil der Hofnachfolger Priester wurde. Die Großmutter starb in Innsbruck und wurde bei ihrem geistlichen Bruder, Hochw. Gabriel Schöpf, in Telfs beerdigt.
Die schönste Erinnerung an die frühe Kindheit sind die Wallfahrten nach Valliertegg mit der Mutter. Heimwärts kehrte sie bei ihrem Bruder in Froj und bei der Tante in Gandlan/Reschen ein. Da gab es die schmackhaftesten Marenden.
Im Oktober 1940 wurde Ludwig mit weiteren 30 Mitschülern in die Scuola elementare in Reschen eingeschult. Eine Zeit lang hat er sogar mit dem Priesterberuf liebäugelt.
Der musikbegabte Ludwig war bereits mit 10 Jahren im Kirchenchor von Graun. Nach der Seestauung kam auch Cilli Ambach dazu. Ihre zarte, zierliche Figur, ihre engelhafte Stimme und ihr ganzes Wesen haben ihn gefesselt. Irgendwann haben sich Ihre Augenpaare getroffen und beide wussten sehr schnell, dass sie zusammengehören. Er erinnert sich noch an das erste Treffen in der Abenddämmerung in Altgraun. Sie saßen auf einer Bank, als sie ihm das Lied „Wo der Wildbach rauscht, dort im grünen Wald…“ in seine Ohren sang. Er hat ihr keinen Heiratsantrag gemacht, sie haben einfach gespürt, dass sie sich mögen und heiraten werden, trotz Bedenken von Seiten der Eltern. Am 10.Juni 1957 um 7.00 Uhr wurde das Paar in Trafoi vor der Pilgermadonna vom Vetter und Neupriester Wilhalm Norbert getraut. Das Hochzeitsmahl in der Gastwirtschaft „Schöne Aussicht“, heute geführt von Gustav Thöni, war ein Frühstück. Es gab eine Schale Kaffee und die mitgebrachte Torte. Neun gesunde und tüchtige Menschen entsprossen dieser glücklichen Ehe. Seit den 60ziger Jahren bis 31.12.1989 betrieb die Familie im Nebenerwerb eine Jausenstation. Im Laufe der Jahre hat Ludwig das alte Haus saniert, sämtliche Wiesen planiert und eine neue Hofstelle errichtet.
Was Ludwig für die Oberländer Öffentlichkeit im Laufe seines Lebens geleistet hat, schreibt er zurzeit detailliert in ein Buch. Seit 1951 ist Ludwig Mitglied der Musikkapelle Reschen und das einzige noch lebende Gründungsmitglied. 10 Jahre war er Obmannstellvertreter und 20 Jahre Obmann. Er ist immer noch aktives Chormitglied.
Mit 19 Jahren trat er der SVP bei und saß 4 Perioden im Gemeinderat, in einer davon als Vizebürgermeister. 5 Jahre war er Fraktionsvorsteher von Graun. Im Bauernbund war er Ortsobmann, im Bezirksausschuss und sogar im Landesbauernrat als Bergbauernvertreter. Die schönsten Dinge, die er als politischer Mandatar erreicht hat, gibt er in folgender Reihenfolge wieder: Erschließung der Berghöfe durch Zufahrtswege in der Gemeinde Graun und die entsprechende Schneeräumung, die Lawinenverbauung der Arlunder Tauf, die Aufschüttung der Grauner Bucht, die Straße zur Vivana Alm, die Wasserleitung Klopair-Arlund, die Lawinenverbauung von Graun, Strom- und Telefonleitung zu den Klopairhöfen, die Ehrenbürgerschaft für Pfarrer Rieper und Stecher Eusebius, das neue Probelokal in Reschen, das Kriegerdenkmal in Graun, die Straße zur Rossbodenalm, die Aufforstung des Klopairwaldes, die Zufahrt und Umfahrung von Klopair.
Bei der Schöneben AG war er nicht nur jahrelanger Mitarbeiter, sondern auch 3 Jahre lang ihr Präsident. Er hat die heutige Bahn in den Bauleitplan gebracht und erwirkt, dass das Restaurant nicht in Rojen unten sondern am heutigen Standort errichtet wurde. In seiner Amtszeit wurde auch der äußere Lift gebaut.
Zum Abschied zeigt mir Ludwig die alte, mit Speck und Würsten behangene Selchküche und sagt noch einen Satz, den ich nicht aufs Diktiergerät habe: „Etwas bedrückt mich manchmal, dass ich – vor lauter Allgemeinheit und Vereine – meine große Kinderschar zum Teil der Cilli alleine zur Obhut überlassen und sie damit sehr belastet habe“.
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