Im politischen Rom wird gelegentlich gestänkert, Südtirol sei „privilegiert“, und wenn wir wieder einmal die Besten sind, was vorkommt, heißt es gleich: jaja, die da oben mit ihren „Privilegien“!
Wir jaulen dann gleich auf: Nix Privilegien, wir haben grad so viel, wie uns zusteht, und das nicht immer. Wir haben Rechte, nicht Privilegien. Wir sind Minderheit, wir sind Opfer, und unsere Rechte sind in Wahrheit Entschädigungen für erlittenes Unrecht.
Wir haben das von Silvius Magnago selig. Der hat, als ihm italienische Journalisten wieder einmal mit den üblichen „Privilegien“ kamen, folgende berühmte Antwort gegeben: „Der Staat hat die Pflicht, die Sprachminderheit in Südtirol zu schützen. Wenn jeder Südtiroler zum Schutz seiner Muttersprache einen Hubschrauber braucht, dann hat der Staat jedem Südtiroler einen Hubschrauber zu geben.“
So viel zu den Privilegien. Wir sind nicht privilegiert, - weil wir Südtiroler sind.
Wir sind es aber doch. Zweimal habe ich das heuer in Rom erlebt. Beide Male am Beispiel unserer Bauern, die noch um ein Stück gereizter reagieren, wenn sie von Privilegien reden hören. Sie haben die Not, nicht Privilegien.
Da wurden im Frühjahr, im Landwirtschaftsministerium, fünf Landwirtinnen für besonders innovatives Wirtschaften geehrt. Darunter die Kräuterbäuerin vom Pflegerhof in Kastelruth. Die innovativen Landwirtinnen sprachen nacheinander über ihre Betriebe und zeigten Bilder davon. Die Kastelruther Bäuerin auch: von ihren Kräutern, ihrer Familie, den Blumen am Söller, von der Seiser Alm und dem Schlern dahinter. Das Publikum war hin und weg. Der Applaus rauschend.
Nach der Kastelrutherin traf es eine Frau aus der Poebene, Gegend Cremona, ihre Azienda vorzustellen. Die Tapfere begann mit einer Kapitulationserklärung: „Ich verzichte auf die Foto-Show“, sagte sie. „Nach den Bildern der Kollegin aus Südtirol kann ich nur schlechte Figur machen.“ Der Saal spendete solidarisch Beifall. Alle hatten verstanden.
Ende November, im Parlament eine Tagung über „gesunde und nachhaltige Landwirtschaft“. Es sprechen der Landwirtschaftsminister, Parlamentarier, Agrarier, Verbandsfunktionäre – und Alexander Agethle aus Schleis, Biobauer und Mitinitiator des Malser Referendums „für eine pestizidfreie Gemeinde“. Agethle spricht – na, worüber wohl? Er spricht in gutem Italienisch über Mals: Was Mals ist, was es will und was nicht, wie es heute aussieht und wie es Gefahr läuft, in Zukunft einmal auszusehen, wenn, ja wenn der Gefahr nicht gewehrt wird.
Auch Alexander Agathle zeigt Bilder. Bilder vom Vinschger Oberland: die Malser Haide in Blüte, der Fleckerlteppich der noch bestehenden Mischkultur, Bewässerungswaale, Schludernser Auen, vordringende Obstplantagen, Hagelnetz-Verhaue.
Applaus, Applaus. Und schon wieder neidend anerkennende Kommentare: Mit so einer Landschaft! Mit so engagierten Bürgern!
Kurz und gut: Mit solchen Privilegien!
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