Sepp Noggler: Teilweise ist das richtig. Was die Webseite anbelangt, bin ich erst wieder neu beim Aufbauen. Was die Situation im Vinschgau anbelangt, stimmt Ihre Behauptung keinesfalls.
Sie sind als zuständiger Regionalassessor dabei, ein neues Gemeindewahlgesetz zusammenzubasteln. Sie wollen die Reduzierung der Gemeindeausschussmitglieder wieder rückgängig machen. Der Vorwurf der Oppositionsparteien ist, dass die SVP ihre Ausschussmitglieder und damit Macht erhalten wolle.
Das sind Abänderungen des bestehenden Gemeinde-Wahlgesetzes. Ich bin sehr viel mit Bürgermeistern und Gemeindesekretären in Kontakt und ich sehe und erfahre, wo es fehlt. Die Anzahl der Gemeindeausschussmitglieder wurde mit dem bestehenden Regional-Gesetz um bis zu zwei reduziert. Mein Vorschlag ist, dass ein Ausschussmitglied, bei Bedarf, wieder zusätzlich aufgenommen werden darf. Vorausgesetzt, dass dies im Gemeindestatut vermerkt sein wird.
Können Sie dies an einem konkreten Beispiel erläutern?
Nehmen wir die flächenmäßig größte Gemeinde, die Gemeinde Sarntal. Derzeit sind dort sieben Referenten. Weil man mit dem Gemeindewahlgesetz 2013 geglaubt hat, sparen zu müssen, wurden zwei Gemeindereferenten gestrichen. Es würden also 5 bleiben. Mein Reformvorschlag ist dahingehend, dass zu diesen 5 Ausschussmitgliedern ein weiteres dazugenommen werden kann. Die Vergütung bleibt allerdings auf 5 Ausschussmitglieder berechnet, so dass dieses Geld dann auf 6 intern aufgeteilt werden muss. Das heißt, dass ein Referent einer mittleren Gemeinde mit einer Vergütung von 1.500 Euro netto in etwa 250 Euro pro Monat weniger an Vergütung bekommen wird.
Allerdings haben die Gemeinden mittlerweile ihre Statuten dem Gesetz von 2013 angepasst. Müssen die Gemeinderäte wieder Statuten ändern?
Das ist natürlich klar. Im Gesetz von 2013 sind die Fristen für eine Statutenanpassung genau vorgesehen gewesen. Sonst hätten die Gemeinden einen Rüffel von der Gemeindenaufsicht erhalten. Das neue Wahlgesetz wird am 20. November dem Regionalrat zur Genehmigung vorgelegt. Nicht alle Gemeinden werden allerdings einen zusätzlichen Referenten notwendig haben.
Sie machen derzeit im Trentino Geburtshelfer für Gemeindefusionen. Schwappt das auch auf Südtirol über?
Fusionen sind im Trentino Thema. In Südtirol ist das kein Thema, weil die Fusionen in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts gemacht worden sind. Damals ohne lange Diskussionen und ohne Bürgerbefragung, weil der Faschismus die Verwaltungen konzentrieren wollte. Es ist heute sehr aufwändig, Gemeindefusionen über die Bühne zu bringen. Im Trentino ist es eine sinnvolle Sache. Mehrere Kleingemeinden haben finanzielle Probleme und Zuschüsse auf zehn Jahre von Seiten der Region und von der Provinz Trient locken zu einer Fusion.
Um welche Summen handelt es sich?
Die hängen von der Bilanzsumme und von der Größe der Gemeinden ab. Es handelt sich um 200.000 bis 250.000 Euro pro Jahr und Gemeinde - bei 5 Gemeinden sind es ca. 1 Mio. Euro - auf zehn Jahre. Ab dem fünften Jahr wird die Summe dann stückweise reduziert.
Nochmals zum Gemeindewahlgesetz. Wird in Ihrem Reformvorschlag das leidige Problem der Amtsentschädigung bzw. der bislang nicht daran gekoppelten Sozialabgaben vorkommen?
Dieses Problem kommt nicht vor. Ich habe dies bereits beim Präsidenten und Geschäftsführer des Rates der Gemeinden sowohl in Bozen und auch in Trient angesprochen und habe signalisiert, dass ich bereit bin, eine Lösung zu suchen. Eine Lösung wäre leicht zu finden, weil man sich diesbezüglich an die Regelungen für die Regionalratsabgeordneten anlehnen könnte. Ich habe das auch in Trientner Gemeinden vorgebracht.
Wie könnte eine Lösung ausschauen?
Einen Teil der Sozialabgaben könnte der Bürgermeister selbst zahlen, den anderen Teil die Gemeinde. Aus diesem Topf könnten die Sozialbeiträge finanziert werden. Somit wäre kein Unterschied mehr, ob der Bürgermeister Bauer oder freigestellter Arbeitnehmer ist. Das wäre anzustreben. Allerdings ist man in Trient völlig anderer Meinung. Dort ist ein Bürgermeister eher ein „Sonntagsredner“ und die Beamten erledigen die Verwaltung. Ich habe dem Präsidenten des Gemeindeverbandes klar gesagt, dass man sich vorerst intern zwischen den beiden Provinzen einigen solle. Es geht nicht, dass man für beide Provinzen eine andere Situation schafft. Und innerhalb des Gemeindenverbandes sind zurzeit noch die unmöglichsten Vorstellungen unterwegs. Man ist sich noch nicht einig. Deshalb ist dieses Thema im Gesetzesentwurf nicht enthalten.
Zurück zu Ihrer Zurückhaltung bei öffentlichen Äußerungen zu brennenden Themen. Beispiel Krankenhaus Schlanders.
Jeder hat eine andere Arbeitsweise. Es gibt Leute, die an vorderster Front kämpfen und gesehen werden wollen. Ich bin nicht ein Mann der ersten Reihe, ich fühle mich auch weiter hinten wohl. Ich will damit sagen, dass mir und dem Richard Theiner die ganze Sanitätsreform, vor allem was den Vinschgau betrifft, ein Anliegen ist. Wir versäumen keine Aussprachen und wir versäumen keine wichtigen Absprachen. Uns ist es wichtig, dass die kleinen Krankenhäuser nicht gegen die großen ausgespielt werden sollen, sondern wir reden von unserem Krankenhaus Schlanders, und zwar losgetrennt von den anderen. Das Krankenhaus hat einen großen Stellenwert und ich bin zuversichtlich, dass da keine großen Einbußen zu erwarten sein werden. Natürlich werden wir bereit sein müssen, Einsparungen vorzunehmen. Ich bin aber überzeugt, dass diese Einsparungen keine Schließungen von Abteilungen sein werden. Wir sind auf dem richtigen Weg, wenn ich auch nicht ganz vorne stehe.
Ein anderes Thema betrifft Ihre Heimatgemeinde Mals - die Pestiziddebatte. Sie haben sich da wenig geäußert. Wie ist Ihre Sichtweise?
Über meine Heimatgemeinde äußere ich mich grundsätzlich nicht. Es ist nicht zielführend, dass ich mich als ehemaliger Verwalter gscheid einmische. Vor fünf Jahren haben dort die „Denkmäuler“ die Regie und die Politik übernommen. Im Klartext: Diese sind superintelligent und da ich nicht zu den Superintelligenten gehöre, kann ich mich leicht aus dieser Art von Diskussionen ausklinken.
Wir orten falsche Bescheidenheit.
Wir sind nun, was die Pestiziddebatte betrifft, in einem totalen Problemfeld drinnen. So etwas wird sich wohl nicht mehr wiederholen. Wir sind mit einem Regionalgesetz dabei, auch die Volksabstimmungen in den Gemeinden zu regeln und zwar, was die Zulassungskommission betrifft. So sieht es zumindest ein Entwurf von Arnold Schuler und von mir vor. Nach diesem Vorschlag soll ein dreiköpfiges Richtergremium über die Zulassung einer Volksabstimmung entscheiden. Dann kommt es nicht mehr vor, dass sich jede Gemeinde eine eigene Kommission vom Stammtisch her zusammenstellen kann, bis diese Kommission die Abstimmungsfrage im Interesse des Antragstellers zulässt. Das ist ein sehr großes Problem, welches es in Zukunft nicht mehr geben soll.
Das ist eine starke Kritik an der Vorgangsweise in Ihrer Heimatgemeinde Mals.
Die Volkabstimmung selbst ist kein Thema. Die Fragestellung war und ist das Problem. Wenn man sich anschaut, welchen Wirbel diese auch im gesamten Vinschgau erzeugt hat. Ich sehe einfach, dass sich Mals immer mehr isoliert. Das ist das Gegenteil davon, was wir jahrelang in der Bezirksgemeinschaft gemacht haben, nämlich die Kirchtürme abbauen. Ich bin der Meinung, dass uns das in der Vergangenheit gut gelungen ist, sei es innerhalb der Gemeinde, sei es in der Bevölkerung. Ich bekomme den Missmut in der bäuerlichen Bevölkerung stark zu spüren. Ich finde das schade, weil es an die wirtschaftliche bäuerliche Substanz geht. Die Arbeit der Bauern, die sich jahrelang bemüht haben, in Richtung Ökologie unter Einhaltung der Agriosprogramme zu gehen, wischt mach mit einer solchen fragwürdigen Volksbefragung einfach unter den Tisch. Und man geht noch einen Schritt weiter: Die Spitzen dieser Aktionsgruppe sind sehr lehrreich und sagen den Bauern, wie diese in Zukunft ihre Felder zu bestellen haben. Dies alles ist nicht meine Sache, deshalb halte ich mich draußen.
Ein anderes Thema: Während man in diesen Tagen auf Landesebene mit dem Ankauf der ENEL-Anteile wiederum die Rückholung der Energie feiert, passiert im Vinschgau in puncto Heimholung des Stromes wenig.
Das ist richtig. Dieses Problem hatten wir von Anfang an. Vor 15 Jahren mussten wir dem damaligen Landeshauptmann immer wieder sagen, dass der Vinschgau auch zu Südtirol gehört - und wenn der Strom in den Vinschgau kommt, dann kommt er auch nach Südtirol. Es hat dazumal schon geheißen, dass die Heimholung des Stromes gleichzusetzen ist mit der Heimholung zur Provinz und nicht zu den Gemeinden. Unsere Idee war eine andere. Wir sind derzeit beim Abschluss der Verhandlungen im Bezug auf das Stromnetz. Die Gemeinderäte im Tal werden demnächst darüber abstimmen, ob sie das Verteilernetz übernehmen wollen. Die Beteiligung an der Großwasserableitung ist uns, glaube ich, ganz gut geglückt, aber genug wäre nie. In weniger als dreißig Jahren gibt es wieder eine Verlängerung der Konzession, da kann man noch nacharbeiten. Und bei der Neuorientierung der Energiewirtschaft werde ich darauf pochen, dass das Versprechen von Landesrat Theiner umgesetzt wird. Das Versprechen ist, dass Gemeinden den Anteil der SEL bei Kleinkraftwerken übernehmen können. Vorausgesetzt, dass die Gemeinderäte das Konzept der eigenständigen Stromverteilung annehmen, kann das gelingen. Es ist natürlich nicht ganz billig und handelt sich auf den Vinschgau gerechnet um 7-8 Millionen Euro auf zehn Jahre aufgeteilt. Wir sind immer davon ausgegangen, dass wir das Geld, welches über die Wasserkraft eingenommen wird, für den Ankauf des Stromnetzes und für den Aufbau der eigenständigen Stromverteilung hergenommen wird. Wenn ich vergleiche, was die Gemeinden derzeit über den Strom einnehmen und was sie für das Netz ausgeben sollen, dann bleibt vom vorhandenen Geld noch ganz schön einiges übrig.
Steht demnächst ein Wechsel an der VEK-Spitze an?
Der Albrecht Plangger ist seit 4 Jahren Präsident, kürzlich waren Neuwahlen und Plangger wurde erneut zum Präsidenten gewählt. Plangger wird bis zum Abschluss der Netzübernahme sicher Präsident bleiben. Legt Plangger sein Amt, so wie er das anklingen hat lassen, aus Zeitgründen zurück, dann werden wir einen neuen Präsidenten brauchen.
Interview: Erwin Bernhart
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