Schlanders
Das Theaterplakat verhieß trostloses Endzeitdrama mit dem Bild einer nahezu leblos in einem Rollstuhl hängenden alten Frau und einer möglicherweise betrunkenen, auf jeden Fall aber teilnahmslosen und gefühlskalten Betreuerin, die auf einer kaputten Parkbank irgendwo in einer düsteren Industrielandschaft sitzt.
Es war alles ganz anders.
Anstatt bitterer Verzweiflung und bedrückender Leichenschauhausatmosphäre boten Lida Winiewicz‘ Stück „Paradiso“ und Klaus Rohrmosers Inszenierung den Zuschauern im Kulturhaus Karl Schönherr in Schlanders humorvolle Dialoge, temporeiches Spiel, nachdenkliche Momente, ein berührendes Finale, aber vor allem zwei sympathische und liebenswert menschliche Frauencharaktere.
Julia Gschnitzer, die große und großartige Tiroler Volksschauspielerin, die im Dezember ihren 80. Geburtstag feiert, brillierte als knausrige 82-jährige Schuldirektorin mit einer Vorliebe für Schiller und korrektes Deutsch, und Judith Keller gewann als arbeitslose Krankenpflegerin die Sympathien des Publikums mit ihrer ruppigen, bodenständigen und entwappnenden Direktheit.
Wie die beiden ungleichen Frauen zu Freundinnen werden und China erobern, war ein unvergessliches Theatererlebnis in einer traumhaft schönen und romantischen Theaterkulisse. Klaus Gasperi hat die Bühne in einen See (mit echtem Wasser!) verwandelt und damit die ideale Umgebung für dieses amüsante und einfühlsame Schauspiel geschaffen. (mt)