Denn das zweitwichtigste Radrennen der Welt, der Giro d’Italia, machte Halt im Vinschgau und die Teilnehmer und Radsportfans erlebten eine der härtesten Giro-Etappen aller Zeiten, welche dem Namen „Königsetappe“ alle Ehre machte. 139 Kilometer lang waren die Radprofis den wechselhaften Wetterbedingungen ausgeliefert. Von Regen und Schneefall bis hin zu Sonnenstrahlen war alles dabei. Dabei standen die Vorzeichen für die Austragung des Rennens alles andere als gut. Ein Jahr nach der wetterbedingten Absage hieß es für das Vinschger Organisationskomitee erneut zittern um den Giro, denn auch heuer sorgten die Wetterkapriolen vor allem auf den Pässen für rauchende Köpfe. Doch die Rennleitung entschied sich, das Rennen wie geplant auszutragen.
Zwar war es nicht die längste Etappe, aber aufgrund des Gavia Passes und des Stilfserjochs, bei dem die Fahrer einen Höhenunterschied von 1553 Metern bei einer durchschnittlichen Steigung von 6,9 Prozent zu bewältigen hatten, die mit Abstand schwerste. Nach der Abfahrt führte die Strecke die Radprofis durch Laas und Schlanders und schließlich kämpften sie sich in einer 22,4 km langen Schlusssteigung über die Ziellinie in Martell. Die zahlreichen Zuschauer im Zielgelände ließen sich ihre Stimmung von der Kälte und dem Regen nicht vermiesen und feierten jeden einzelnen Giro-Teilnehmer bei seiner Zielankunft. Denn jeder der 160 Profis konnte sich nach dieser sportlichen Höchstleistung, die nicht den Sportlern nur körperlich sondern vor allem mental alles abverlangte, als Held fühlen.
Die Krone von Martell setzte sich Nairo Quintana auf, der sich mit seiner Triumphfahrt in die Giro-Geschichtsbücher eintrug. Der Kolumbianer sicherte sich nach 4 Stunden, 42 Minuten und 35 Sekunden den Sieg auf der diesjährigen Königsetappe und schlüpfte gleichzeitig ins Rosa Trikot.
Mit dieser Siegesfahrt, bei der der Südamerikaner einen 2.40 Minuten Rückstand in einen 1.41 Minuten Vorsprung verwandelte, ebnete sich der neue König von Martell den Weg zum Gesamtsieg des 97. Giro d’Italia. Nach über 88 Stunden im Sattel konnte somit erstmals ein kolumbianischer Fahrer die Italienrundfahrt für sich entscheiden.
Auch für die Vinschger Organisatoren gab es ein Happy End: Pünktlich zur Zielankunft der Profis fanden einige Sonnenstrahlen den Weg durch die Wolken und so konnte sich das Martelltal mit perfekten TV-Bildern von der Radsportwelt verabschieden.