Dienstag, 18 März 2014 09:06

„Für mich hat es nie eine Grenze gegeben“

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s17sp23 9791Ernst Wiestner ist mitten im zweiten Weltkrieg 1941 in Zams geboren und hat in Strengen am Arlberg seine ersten, kargen Kindheitsjahre verbracht. 1945 ist sein Vater vom Krieg zurückgekommen. 1948 übersiedelte der Heimkehrer mit seiner Familie nach Serfaus, wo er ein Geschäft gepachtet hatte. 1952 zog er endgültig nach Nauders und pachtete dort wiederholt ein Geschäft.

von Andreas Waldner

Ernst sollte Kaufmann werden. Deshalb wechselte er im selben Jahr die Schule.

Er verließ das Gymnasium in Zams und besuchte nunmehr die Handelsschule von Feldkirch. 1957 kam er endgültig nach Nauders und arbeitet als Verkäufer im elterlichen Betrieb. Nebenbei besuchte er, sozusagen als Werkstudent, die Lebensmittelfachschule in Neuwied am Rhein.
1963 suchte das Tiroler-Landes-Reisebüro einen Leiter für die Filiale am Reschenpass. Wiestner hat sich erfolgreich darum beworben und wurde angestellt. „Da draußen hat man anfänglich nur Geld gewechselt“, erinnert sich Wiestner. „Neben dem TLR teilten sich diesen Kuchen im Laufe der Zeit auf österreichischer Seite noch die Raika Nauders und auf italienischer Seite die Raika Reschen, die Südtiroler Sparkassa und der italienische Atomobilclub“. Schon bald wurde das Geldwechselhäuschen zu klein. Deshalb wurde in unmittelbarer Nachbarschaft ein moderner, großräumiger Kiosk gebaut. Nachdem Wiestner aufgrund des Handelsschul- und des Lebensmittelfachschulabschlusses einen entsprechenden Befähigungsnachweis besaß, konnte er das Warenangebot von Zigaretten, Schokoladen und Souvenirartikeln auf Zeitungen, Spirituosen, Erfrischungen und Lebensmittel ausdehnen. In Zusammenarbeit mit dem ADAC wurde mit dem Verkauf von Benzinscheinen begonnen. Ein weiteres Angebot, das besonders Vinschger und Burggräfler Kunden anzog, war die Annahmestelle für Lotto Toto. Aber auch auf das Kerngeschäft des Landesreisebüros besann sich der Visionär Wiestner. So begann er schon in den 70ger Jahren mit Outgoing. Mit seiner Devise -immer eine Nasenlänge voraus zu sein- baute er die Filiale geschickt zu einem der erfolgreichsten Reisebüros zwischen Meran und Landeck aus. Er war selber aushilfsmäßig als Busreiseleiter in Jugoslawien und Italien unterwegs. In den 90ziger Jahren begann er sogar weltweite Gruppenreisen zu organisieren. Dadurch hat er sehr viele Südtiroler kennen gelernt, mit denen er bis heute noch freundschaftlich verbunden ist.
Ab 1972 entwickelte sich neben dem Gütertransport ein sehr starker Sommerreiseverkehr über dem Reschenpass. Die Warteschlangen stauten sich bis Nauders und bis Reschen zurück. Darauf hat die Gastronomie mit zwei Lokalen diesseits und vier jenseits der Grenze reagiert. Es gab zwei Tankstellen auf Südtiroler Seite und eine auf österreichischem Boden. Ebenso hatten drei Speditionen den Sitz an der Grenze. Die bedeutendste war die Spedition Brigl mit 15 Mitarbeitern. Sowohl auf italienischer als auch auf österreichischer Seite gab es zeitweilig je drei Geschäfte bzw. Kioske.
1962 wurde das Zollamt Nauders neu erbaut. Dort waren bis zu 30 Zollbeamte beschäftigt. Auf italienischer Seite hingegen fanden zwischen Carabinieri, Finanzer und zivilen Zöllner sicherlich 100 bis 130 Personen Arbeit.
Durch das Schengener Abkommen traten Reisefreiheit und Erleichterung der Warenbeförderung in Kraft. Das Zollamt wurde überflüssig und wurde ab 1996 nur mehr mit einigen Kontrollposten besetzt. Der Abriss des Zollgebäudes erfolgte 2005. Viele sich im Dienst befindliche Zöllner wurden als Polizisten umgeschult oder versetzt. Der Rest ging in Frühpension. Das Landesreisebüro wurde mit Einführung des Euro am 31.12.2001 geschlossen und Wiestner ist am gleichen Tag in Pension gegangen.
Im November 1972 entwickelte sich ein Arbeitskreis von 5 Personen, mit dem Ziel, das Skigebietsprojekt Bergkastelbahn publik zu machen. Als Sprecher ging Ernst Wiestner hervor. Am 08.05.1973 wurde dann die Nauderer-Bergbahn Ges.m.b.H & Co. KG gegründet. Wiestner wurde als Generalhandlungsbevollmächtigter bestätigt. Der Bergbahnbetrieb mit Bergrestaurant eröffnete am 21.12.1974. Bereits im Winter 1976/77 wurde auf Initiative der Nauderer Bergbahnen ein Dreiländerskipass kreiert, welcher in Nauders, Schöneben, Haider Alm, Watles und Schuls gültig war. Weiters entstand 1998/99 auf  Initiative Wiestners hin das Skiparadies Reschenpass.
Fast nebenher hat Wiestner, so scheint es, 1977 das renommierte 4-Sternehotel Astoria gebaut und 1984 die Pension Tyrol gekauft. Darüber will ich ein anderes Mal schreiben. Eine Meinung und einen Wunsch von Wiestner möchte ich noch unterbringen. Laut ihm hätte die Staatsgrenze bei der Klausen-Festung unten gehört, weil Nauders immer schon zum Vinschgau gehörte. Und, es wäre längst an der Zeit, dass die Ortler Skiarena und Regiocard Tirol kooperieren möchten.


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