Sie zogen in Mathildes Elternhaus und waren fest entschlossen, sich auf dem Stück Grund, den sie von ihren Eltern zugesprochen bekommen hatten, ein eigenes Heim zu bauen. Im Hotel Eller in Sulden hatten sie sich Ende der 1960er Jahre kennengelernt. Mathilde arbeitete dort als Serviererin und Zimmermädchen. Sepp, der gelernte Maurer aus Stilfs, war beim Langensteinlift beschäftigt, während im Winter die Arbeiten am Bau ruhten. In den Sommermonaten arbeitete er als Vorarbeiter bei einer Baufirma im Münstertal. Seine Lehre hatte er in seinem Heimatort im Maurerbetrieb Pfeifer absolviert und anschließend eine Zusatzausbildung in der Polierschule in Innsbruck abgeschlossen. Diese ermächtigte ihn zur Vorarbeit.
Mathilde wollte auch nach der Hochzeit mitverdienen, um den Traum vom Eigenheim verwirklichen zu können. Zufällig stieß sie auf ein Angebot aus Deutschland. Ein Uhren- Fabrikant in Schrammberg suchte Leute. Kurzentschlossen meldeten sich die Frischvermählten und erhielten sofort die Arbeitsplätze zugesprochen. „14 Tog noch dr Hozat sain miar noch Deutschlond gongen“, erinnert sich Mathilde. Bei einer älteren Frau bezogen sie ein Zimmer. Mathilde stanzte Nadeln und Sepp stand an der Fräsmaschine. Sie arbeitete bald im Akkord, was mehr Lohn bedeutete. Da in der Fabrik auch mehrere Italiener beschäftigt waren, wurde Mathilde auch als Dolmetscherin gebraucht. Sie hatte in der Zeit der Faschisten ausschließlich die italienische Schule besucht. Für ihre Übersetzerdienste erhielt sie Kuverts mit Geld. „Pa jedn Kuvert hon i zersch olm Ongst kopp, dass di Kündigung drin isch“, sagt sie. 1961 wurde sie schwanger und musste vor dem Weihnachtsurlaub Abschied nehmen. Sepp kehrte im neuen Jahr alleine in die Fabrik zurück. Nach Ostern blieb auch er bei seiner Frau, die ihm inzwischen die Tochter Roswitha geschenkt hatte. „In dr Uhrenfabrik hattn si inz gern gholtn unt inz sogor a Wohnung gstellt“, betont er. „Unt i war a gearn obr außi gongan“, sagt Mathilde. Doch Sepp war zu heimatverbunden. Er fand wieder Arbeit als Maurer in der Schweiz, und er begann mit dem Bau des eigenen Heimes. „Mitn Gelt fa Deutschlond hoobmer kennt in Rohbau aufstelln“, sagt er. Mathilde unterstützte ihn. „Miar hoobm haifi mitnond gmocht unt Tog unt Nocht gorbatet“, meint sie. 1964 zog die Familie ins neue Heim. Ein Jahr später erblickte Sohn Reinhold das Licht der Welt und 1968 Tochter Isolde. Kurze Zeit später kam das fünfjährige Pflegekind Erich ins Haus. „Dr Erich isch für inz olm wia a oagns Kind gweesn“, erklärt Mathilde. Das Geld, das sie für die Betreuung des Kleinen zugesprochen bekommen hatte, überließ sie dessen Vater, der noch zwei Kinder zu versorgen hatte. Sepp baute in seiner Freizeit auch einen kleinen Stall und kaufte einige Ziegen. „A Stilzer ohne Goaß, sel war nia gongan“, lacht Mathilde. Da ihr die Ziegenmilch ganz und gar nicht schmeckte, tauschte Sepp die Ziegen durch Kühe aus. In den 1980er Jahren errichtete Sepp auch einen kleinen Stadel. Mathilde organisierte die Bauerschaft, während Sepp auf der Baustelle war. Wenn es allerdings um die Sennerei oder um die Upi-Alm ging, war Sepp stets zur Stelle. Jahrzehntelang setzte er sich als Milchmesser ein, als „Aufsammler“, Zubringer von Lab-Pulver und vielem mehr. In seiner Stube hängen mehrere Dankesurkunden. Bis vor kurzem ließ sich Sepp keine „Kasverkostung“ entgehen. „Iaz tuat dr Schnaufer nimmer richtig“, meint er. Aus Gesundheitsgründen hatte er die Bauerschaft aufgeben müssen. „ „Oa Kuah hon i olm nou af dr Upi“, betont er. Diese Kuh leiht ihm der Pächter seiner Grundstücke. 100 Kilogramm Käse und 13 Kilogramm Butter hat er heuer eingekellert. „A Olpkaas isch onafoch guat“, bekräftigt er. Am 24. November will er einen besonders guten Laib anschneiden und zwar zur Marende am Hochzeitstag, dem Tag vor Katharina.