Er will Bauer und Koch bleiben und versucht die beiden Beschäftigungen miteinander zu verbinden. Zunutze machen will er sich die landwirtschaftliche Vielfalt des Vinschgaus und er will die Erzeugnisse in veredelter Form weitergeben. „Es gibt kaum ein anderes Gebiet, in dem so viele regionale Produkte zur Verfügung stehen, wie bei uns“, unterstreicht er. „Wir haben ein großes Potential im Tal, und wir Bauern müssen wieder selbstbewusster und mutiger werden. Vor allem dürfen wir uns nicht von oben alles diktieren und von selbst ernannten Experten dreinreden lassen. Wenn neue Weichen in der Landwirtschaft gestellt werden, sollte man zu allererst mit den Bauern reden.“
Patscheider (Jahrgang 1955) wuchs in einer Zeit auf, in der sich die bäuerlichen Familien im Tal größtenteils als Selbstversorger ernährten. Einmal selbst Bauer zu werden, konnte er sich schon damals gut vorstellen, doch auch der Kochberuf reizte ihn. Im „Hotel Oberwirt“ in Marling erhielt er die Möglichkeit, als Kochlehrling anzufangen. Das öffnete ihm nach Abschluss der Lehre die Türen zu bekannten Hotels und Restaurants im Gadertal, in Sulden, in Seefeld, in Dorf Tirol, um nur einige Orte zu nennen. Schließlich zog es ihn wieder in den Vinschgau. Mit seiner Frau Vroni Patscheider, die als Lehrerin arbeitet, bezog er eine Wohnung im „Portahof“, seinem Elternhaus, und gründete eine Familie. Der Tradition verpflichtet, übernahm er die Landwirtschaft seiner Eltern und begann gleichzeitig auch als Koch beim „Mohrenwirt“ in Burgeis. Dort sorgte er daraufhin neun Jahre lang für das leibliche Wohl der Gäste. Danach kochte er ebenfalls neun Jahre lang für die Schüler im Malser Gamperheim. Josef stellte im Beruf seinen Mann und auch in der Landwirtschaft. In der Freizeit bewirtschaftete er die fünf Hektar Grund und versorgte die zehn Kühe und die zehn Jungrinder. Gelegentlich unterstützten ihn auch seine Frau und die beiden Töchter Ruth und Anne. Die Doppelbelastung zehrte jedoch im Laufe der Jahre an seinen Kräften.
Inzwischen hat Patscheider Seminare und Fortbildungskurse besucht, um Neues dazuzulernen, aber auch, um den Bestimmungen im Rahmen von „Urlaub auf dem Bauernhof“ gerecht zu werden, unter denen sein neuer Bauern-Betrieb läuft. Kürzlich war er „Hahn im Korb“ in einer Bäuerinnengruppe in der Fachschule für Hauswirtschaft in Kortsch, wo es um Veredelung heimischer Produkte und deren Päsentation ging. Schon bald will Sepp das Erlernte umsetzen, Milch, Fleisch, Gemüse, Beeren, Obst verarbeiten. Den Gästen und Einheimischen bietet er Kochkurse an, unter dem Motto „Essen und erleben an der Bauerntafel“. Die Initiative ist einzigartig in Südtirol und ein neuer Weg in Richtung Veredelung und Direktvermarktung.
Mittlerweile steht seine neu ausgesiedelte Hofstelle kurz vor der Fertigstellung. Kernstück des Gebäudes ist eine Produktionshalle mit großer Küche, wo Erzeugnisse veredelt, mit heimischen Produkten gekocht und gegessen wird. 80 Prozent der verwendeten Produkte müssen vom Hof stammen und 20 Prozent dürfen aus der Region dazugekauft werden, so die gesetzlichen Vorgaben. „Es ist mir wichtig, naturnahe Erzeugnisse zu verwenden und die kleinen Kreisläufe zu nutzen, denn das schafft Wertschöpfung vor Ort“, so Patscheider. Er sucht die Zusammenarbeit mit den Tourismustreibenden. Zum Beispiel will er mit Gäs-ten kochen, ihnen die Vinschger Küche näherbringen und Hofführungen anbieten. Die Zusammenarbeit sucht er auch mit dem Mann seiner Tochter Ruth, dem Laaser Obstbauern Florin Tappeiner. Der kleine Hintergedanke dabei: Dann bekommt er auch seine kleine Enkelin Janna öfters zu Gesicht.
Sepp plant kleine Hof-Märkte an Wochenenden und Feste zu den verschiedenen Anlässen im Jahreskreis mit der dazu passenden Vinschger Kost. „Wir wollen die bäuerliche Festtradition wecken, pflegen und sind auch offen für kulturelle Veranstaltungen“, sagt Sepp. Heuer zu Ostern werden er und seine Familie erstmals Gäste begrüßen und durch die neuen Räumlichkeiten führen. Vor allem der Gastgeber wird dann als Bauer und Koch voll in seinem Element sein.
Magdalena Dietl Sapelza