Donnerstag, 10 März 2011 10:23

„Essen erleben an der Bauerntafel“

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

 

Schleis

s45_8142

Ich bin Bauer im Herzen und Koch aus Leidenschaft“, sagt Sepp Patscheider aus Schleis. Kulinarische Köstlichkeiten auf den Tisch zu zaubern macht ihm genauso Freude wie die täglichen Arbeiten im Stall und auf dem Feld. Lange hatte er „zwei Herren gedient“, bis es ihm zu viel wurde und er schließlich vor der Entscheidung stand, entweder die „Baurschaft“ aufzugeben oder den Kochberuf, und das obwohl er eigentlich beides gerne machte. „Beides, Bauerschaft und beruflichen Nebenerwerb schafft man irgendwann nicht mehr“, betont er. Intensiv setzte er sich damit auseinander, wie er auf seinem Hof wirtschaften könnte, um ein Auskommen zu haben. Das zu erreichen ist mittlerweile zu seiner neuen Herausforderung geworden, und er hat klare Vorstellungen.

Er will Bauer und Koch bleiben und versucht die beiden Beschäftigungen miteinander zu verbinden. Zunutze machen will er sich die landwirtschaftliche Vielfalt des Vinschgaus und er will die Erzeugnisse in veredelter Form weitergeben. „Es gibt kaum ein anderes Gebiet, in dem so viele regionale Produkte zur Verfügung stehen, wie bei uns“, unterstreicht er. „Wir haben ein großes Potential im Tal, und wir Bauern müssen wieder selbstbewusster und mutiger werden. Vor allem dürfen wir uns nicht von oben alles diktieren und von selbst ernannten Experten dreinreden lassen. Wenn neue Weichen in der Landwirtschaft gestellt werden, sollte man zu allererst mit den Bauern reden.“

Patscheider (Jahrgang 1955) wuchs in einer Zeit auf, in der sich die bäuerlichen Familien im Tal größtenteils als Selbstversorger ernährten. Einmal selbst Bauer zu werden, konnte er sich schon damals gut vorstellen, doch auch der Kochberuf reizte ihn.  Im „Hotel Oberwirt“ in Marling erhielt er die Möglichkeit, als Kochlehrling anzufangen. Das öffnete ihm nach Abschluss der Lehre die Türen zu bekannten Hotels und Restaurants im Gadertal, in Sulden, in Seefeld, in Dorf Tirol, um nur einige Orte zu nennen. Schließlich zog es ihn wieder in den Vinschgau. Mit seiner Frau Vroni Patscheider, die als Lehrerin arbeitet, bezog er eine Wohnung im „Portahof“, seinem Elternhaus, und gründete eine Familie. Der Tradition verpflichtet, übernahm er die Landwirtschaft seiner Eltern und begann gleichzeitig auch als Koch beim „Mohrenwirt“ in Burgeis. Dort sorgte er daraufhin neun Jahre lang für das leibliche Wohl der Gäste.  Danach kochte er ebenfalls neun Jahre lang für die Schüler im Malser Gamperheim. Josef stellte im Beruf seinen Mann und auch in der Landwirtschaft. In der Freizeit bewirtschaftete er die fünf Hektar Grund und versorgte die zehn Kühe und die zehn Jungrinder. Gelegentlich unterstützten ihn auch seine Frau und die beiden Töchter Ruth und Anne. Die Doppelbelastung zehrte jedoch im Laufe der Jahre an seinen Kräften.
Inzwischen hat Patscheider Seminare und Fortbildungskurse besucht, um Neues dazuzulernen, aber auch, um den Bestimmungen im Rahmen von „Urlaub auf dem Bauernhof“ gerecht zu werden, unter denen sein neuer Bauern-Betrieb läuft. Kürzlich war er „Hahn im Korb“ in einer Bäuerinnengruppe in der Fachschule für Hauswirtschaft in Kortsch, wo es um Veredelung heimischer Produkte und deren Päsentation ging. Schon bald will Sepp das Erlernte umsetzen, Milch, Fleisch, Gemüse, Beeren, Obst verarbeiten. Den Gästen und Einheimischen bietet er Kochkurse an, unter dem Motto „Essen und erleben an der Bauerntafel“. Die Initiative ist einzigartig in Südtirol und ein neuer Weg in Richtung Veredelung und Direktvermarktung.

Mittlerweile steht seine neu ausgesiedelte Hofstelle kurz vor der Fertigstellung. Kernstück des Gebäudes ist eine Produktionshalle mit großer Küche, wo Erzeugnisse veredelt, mit heimischen Produkten gekocht und gegessen wird. 80 Prozent der verwendeten Produkte müssen vom Hof stammen und 20 Prozent dürfen aus der Region dazugekauft werden, so die gesetzlichen Vorgaben. „Es ist mir wichtig, naturnahe Erzeugnisse zu verwenden und die kleinen Kreisläufe zu nutzen, denn das schafft Wertschöpfung vor Ort“, so Patscheider. Er sucht die Zusammenarbeit mit den Tourismustreibenden. Zum Beispiel will er mit Gäs-ten kochen, ihnen die Vinschger Küche näherbringen und Hofführungen anbieten. Die Zusammenarbeit sucht er auch mit dem Mann seiner Tochter Ruth, dem Laaser Obstbauern Florin Tappeiner. Der kleine Hintergedanke dabei: Dann bekommt er auch seine kleine Enkelin Janna öfters zu Gesicht.  
Sepp plant kleine Hof-Märkte an Wochenenden und Feste zu den verschiedenen Anlässen im Jahreskreis mit der dazu passenden Vinschger Kost. „Wir wollen die bäuerliche Festtradition wecken, pflegen und sind auch offen für kulturelle Veranstaltungen“, sagt Sepp. Heuer zu Ostern werden er und seine Familie erstmals Gäste begrüßen und durch die neuen Räumlichkeiten führen. Vor allem der Gastgeber wird dann als Bauer und Koch voll in seinem Element sein.

Magdalena Dietl Sapelza


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 2856 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.