Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Ägidius, 1. September 2024
Die Würm-Eiszeit als die letzte von vier großen Eiszeiten in den Alpen setzt die Wissenschaft von 150.000 bis 15.000 v. Chr. an. Nach dem Abschmelzen des Eises waren die eisfrei gewordenen Felsen und Rohböden zunächst vegetationslos. Erste Pionierbesiedler waren in der Folge vorwiegend Sporenpflanzen wie Flechten und Moose, aber dann auch Blütenpflanzen, welche aus den eisfrei gebliebenen Nachbarregionen wieder eingewandert sind.
Das Endstadium der Vegetationsentwicklung in den sumpfigen und stark durchwässerten Talsohlenböden auch unseres Landes Südtirol waren Auwälder als Laubwälder mit Weiden, Pappeln, Erlen und anderen Gehölzen. Die Entwicklung der Pflanzendecke zu solchen Laubwäldern nach der Eiszeit hat Jahrhunderte bis Jahrtausende gedauert.
Menschliche Besiedlung
Die nachmalige menschliche Besiedlung der inneralpinen Täler ist langsam verlaufen. Die Archäologen und Frühgeschichtler beschreiben diese Besiedlung in einem Dreischritt: Von der nomadisierenden Jäger- und Sammlerphase über die ebenfalls noch nomadisierende Hirtenphase zum sesshaften Bauerntum. Die Besiedlung des Vinschgaues ist dabei von oben nach unten erfolgt: Die eiszeitlichen Gletscher haben an beiden Seiten des Haupttales Trogschultern als Mittelgebirgsterrassen hinterlassen. Diese Hangverflachungen am Vinschgauer Sonnenberg und an anderen sonnexponierten Plätzen boten bessere Voraussetzungen für ein Überleben der Ureinwohner, wenn sie auch über eine Wasserquelle verfügten, als die versumpfte, überschwemmungsgefährdete und malaria-
verseuchte Haupttalsohle. Deshalb sind die Siedlungskerne am Sonnenberg in den Vinschgauer Leiten älter als jene in der Haupttalsohle.
Sesshaftigkeit und Landwirtschaft
Mit der Sesshaftigkeit beginnt die Landwirtschaft. Und mit der Landwirtschaft beginnt der Anbau von Kulturpflanzen und die Verteidigung von Mein und Dein. Während die Jagdbeute in der Jägerphase gemeinsam von der ganzen Sippe am Lagerfeuer verzehrt wurde, zog die Ernte von Feldfrüchten und die Wintervorratshaltung in sesshafter Behausung die Herausbildung und Verteidigung von Eigentum nach sich. Wann in den inneralpinen Tälern dieser Übergang von Hirten zu Bauern zeitlich anzusetzen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit festlegen. Grob eingeordnet dürften 10.000-8.000 v. Chr. erste Menschen wahrscheinlich nur sommers in die Alpen eingestreunt sein und eine sesshafte Landwirtschaft mit Vorratshaltung und ganzjähriger Präsenz etwa 5.000 v. Chr. beginnen.
Mit der Ausübung von Landwirtschaft beginnt auch der Flächenbedarf für diese Tätigkeit. Rodungen von Wald und Urbarmachung sind die Folge. Nochmal vereinfachend und verkürzend dargestellt, bereits mit der nacheiszeitlichen Landwirtschaft beginnt auch die Verkleinerung der Auwälder als Wasserwälder in den Haupttalböden Südtirols. Heute gibt es zwischen Reschen und Salurn nur noch Reste solcher Auwälder, welche als Biotope geschützt sind: die Auen von Glurns, Lichtenberg, Schluderns, Prader Sand, Eyrs, Tschengls, Burgstall und wenige andere.
Die Aufwertung der Schludernser Au
Mit der Anlage des erneuerten NaturERLEBNISpfades Biotop Schluderns hat die Schludernser Au eine enorme Aufwertung als Naherholungsgebiet und ökologische Insel für die Bewahrung der Biodiversität von Lebensräumen und zum Erhalt der Artenvielfalt erfahren. Zu danken ist dafür dem Amt für Landschaftsökologie in der Abteilung 28 Natur, Landschaft und Raumentwicklung der Autonomen Provinz Bozen Südtirol, der Forststation Mals und der Gemeinde Schluderns. Die Schludernser Au ist 104 Hektar groß, liegt auf 900 Metern Meereshöhe und wird als Wasserwald von den Bächen Saldur und Puni bespeist. Die Au ist 1976 als Biotop unter Schutz gestellt worden. Ein erster Rundweg mit Informationstafeln war 1980 ausgeschildert worden.
Der neue Rundweg bietet nun 15 Stationen mit Schautafeln zu unterschiedlichen ökologischen Themen mit einer Fülle von kurzen, sachlichen und wertvollen Informationen und interaktiver Beteiligung. Auf einer Weglänge von 2,7 km müssen nur 15 Höhenmeter bewältigt werden. Der Rundweg ist daher für viele Zielgruppen von Familien mit Kindern, Schulklassen bis zu älteren Menschen geeignet und als Ausflugsziel zu empfehlen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Rundweg vom Bahnhof Schluderns aus am Damm der Saldur in wenigen Gehminuten erreichbar. Am Sportplatz Schluderns gibt es Parkplätze für PKWs. Das Befahren des Rundweges mit Fahrrädern ist untersagt.
Im schattenspendenden Wald mit dem Erleben von Wasser als rauschendem Fließgewässer oder ruhendem Stillgewässer bietet die Rundwanderung durch die Schludernser Au entlang der ausgeschilderten Stationen kühle, feuchtigkeitsgesättigte Waldluft mit unterschiedlichsten Gerüchen, Lauten und Stimmen, aber auch Stille, wenn uns die Hitze des Sommers in der offenen Landschaft fast erdrückt. Und eine Fülle von gut aufbereiteter ökologischer Information. Wer Lust auf Lernen und Bildung verspürt, dem sei auch das gut gemachte Lernheft für Kinder empfohlen, welches von der Ferienregion Obervinschgau und der Gemeinde Schluderns herausgegeben worden ist. Das Lernheft ist in den Tourimusbüros von Schluderns und Mals erhältlich.