Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Zeno, 12. April 2024
Die Hühnervögel (Galliformes) sind Nestflüchter: Ihre Küken schlüpfen bereits mit offenen Augen, also sehend, und mit einem wärmenden Dunenkleid aus dem Ei. Wegen der niederschwelligen Brutpflege nach dem Schlupf kann man Hühnervögel deswegen auch als Kunstbruten in Brutapparaten erbrüten. Weltweit gibt es heute geschätzt 22 Milliarden Haushühner als Eier- und Fleischlieferanten. Damit trifft es auf jeden von uns 8 Milliarden Menschen statistisch fast drei Hühner. Immer weltweit werden jährlich 60 Milliarden Hühner geschlachtet und gegessen. Damit hat das Huhn Schwein und Rind als Fleisch- und Proteinlieferant schon lange übertroffen.
Auch wenn das Sprichwort vom „dummen Huhn“ spricht, sind Hühner alles andere als dumm. Sie gehören in der Wirbeltierklasse der Vögel zu den intelligenten Lebewesen. Weil die Lerneffekte an Hühnern und der soziale und emotionale Gewinn an und mit ihnen groß ist, habe ich mit der Biologielehrerin Marianne an der Mittelschule Laas und, auf Ersuchen der Direktorin Sibille im Alten- und Pflegeheim St. Sisinius“ Laas, im Februar und März in zwei Kunstbruten Hühnerküken von zwölf verschiedenen Rassen von Haushühnern ausgebrütet. Sehr zur Freude der Schülerinnen und Schüler und der alten und betagten Menschen.
Hühner wirken entspannend
In der litauischen Stadt Kalvarija ist 1907 der Psychologe Boris M. Levinson geboren. Er entdeckte durch Zufall die positive Wirkung eines Hundes auf ein geistig beeinträchtigtes Kind und erforschte daraufhin gezielt die Wirkung von Tieren auf Menschen. Levinson gilt damit als Begründer der tiergestützten Therapie. Inzwischen werden nicht nur Hunde und Pferde als Therapietiere abgerichtet und eingesetzt, sondern auch zahlreiche, weniger typische Tierarten. So kommen zum Beispiel auch Hühner in der Therapie zum Einsatz. Sie fördern soziale, emotionale und motorische Fähigkeiten.
Abstammung und Zähmung
Wahrscheinlich entstand das heutige Haushuhn, als sich das Bankivahuhn
(Gallus gallus) mit dem Sonnerathhuhn (Gallus senneratii) kreuzte. Das war vor ungefähr 8000 Jahren irgendwo in Südchina, Indien, Burma, Thailand, wahrscheinlich an mehreren Orten geleichzeitig. Das Huhn wurde zum Haustier und zog beim Menschen ein, es reiste mit ihm über Indien und Afrika nach Westen, zuerst nach Italien, dann ins restliche Europa. Und nach Osten über Polynesien nach Südamerika. Es waren gefundene Hühnerknochen, mit denen sich beweisen ließ, dass polynesische Seefahrer samt Geflügel schon 100 Jahre vor Kolumbus in Südamerika eingetroffen waren.
Ob die Mensch-Huhn-Liaison deshalb begann, weil das Huhn dem Menschen Körner klaute und der Mensch dem Huhn die Eier, oder ob es eher das Interesse der Männer war, Kampfhähne für spektakuläre Spiele zu züchten, darüber lässt sich nur spekulieren.
Die moderne Geschichte des Huhns beginnt mit seiner Verehrung: 1845 wurde die erste Geflügelschau im Zoo des Londoner Regent´s Park zelebriert, vier Jahre später in Boston. Königin Viktoria lässt im Windsorpalast einen prächtigen Hühnerstall für ihre chinesischen Chochin und Langschan und für ihre indischen Brahma bauen. Andere Adelige tun es ihr gleich. Exotik ist angesagt. Ein Sultanshuhn aus den Palastgärten von Konstantinopel bringt Ansehen und Prestigegewinn.
Hundert Jahre später herrscht Hunger in Europa, in den USA wird Fleisch zur Mangelware, das Huhn wird als Proteinquelle interessant. Es wächst schnell, frisst übersichtliche Mengen, braucht nicht viel Platz und die Erfindung elektrischer Brutmaschinen ermöglicht billige Massenproduktion.
Mit der Massenproduktion beginnt sich die Hühnerzucht auch in verschiedene Zweige aufzuspalten: Legehuhn, Masthuhn, Zweinutzungshuhn. Und Hühner als Legemaschinen, die pro Jahr statt ein Dutzend mehr als 300 Eier legen; Masthühner mit mächtigem Brustfleisch; das Zwiehuhn für beide Zwecke; das Zierhuhn mit modisch gemustertem Kopfschmuck; das muskelbeinige Kampfhuhn.
In diesen teilweise ausufernden Zuchtbemühungen und bei der Massentierhaltung ohne viel Rücksicht auf das Tierwohl, sind es ausgerechnet die kleinen Geflügel- und Hobbyzüchter in ihren zahllosen Kleintiervereinen, die heute den bis zur Absurdität optimierten Hühnerzüchtungen etwas Entscheidendes entgegenhalten: die genetische Vielfalt und stille Größe des ganz normalen Haushuhnes. Weltweit gibt es heute mehr als 2.000 Hühnerrassen, in meinem Hühnerhof stehen derzeit 17 davon.
Hühner wie Hoffnung
Am Horn von Afrika (Somalia, Äthiopien, Dschibuti, Eritrea) leiden viele Menschen Hunger. Die Caritas unserer Diözese versucht zu helfen: Die Aktion steht unter dem Titel „Ich wollt ich hätt ein Huhn“. Vier Hühner und ein Hahn sind für notleidende Familien ein Segen. Jede Henne legt bis zu 300 Eier im Jahr. Das sind genug, um eine Familie satt zu machen und sich ein eigenes Standbein aufzubauen. Damit macht eine Familie in Afrika die ersten Schritte aus der Armut heraus in ein Leben ohne Hunger. Mit einer Spende von 20.00 Euro an die Caritas der Diözese Bozen Brixen. Die Möglichkeit zur Spende finden Sie im Internet unter: www.caritas.bz.it