Interessierte an der „Reformagenda für Südtirol“, jenem Papier gefüllt mit Wachstumsimpulsen und Sparmaßnahmen, die der Präsident der Handelskammer aufschreiben ließ und die nun unters Volk gebracht werden wollen. Perfekt in der Wahlkampfzeit fordert man zusammen mit dem Südtiroler Wirtschaftsring viel: die Auflösung der vier Gesundheitsbezirke und die Zentralisierung der Verwaltung des Sanitätsbetriebes etwa, die Reduzierung der Krankenhausbetten (während die Day-Hospitals ausgebaut werden sollen) oder die verstärkte Kostenbeteiligung der Patienten über das Ticket. Das Gesundheitsressort mit 1,1 Milliarden Euro Budget hat man besonders unter die Lupe genommen. Die Richtung, in die es geht - eine neoliberale - wird im Laufe des Abends immer klarer: mehr privat und weniger Land soll’s in Zukunft sein. Die öffentlichen Kollektivverträge sollen an die privaten angeglichen werden, eine Reduzierung des öffentlichen Eingriffs im Bereich des geförderten Wohnbaus sei sinnvoll, die Alternativmedizin solle dem privaten Markt überlassen werden und auch im Weiterbildungsbereich, „wo ein Überangebot besteht“, solle verstärkt auf private Anbieter gesetzt werden. Dann sind es vor allem Personaleinsparungen quer durch alle Bereiche, die im Papier „Reformagenda für Südtirol“ den Landeshaushalt drosseln sollen. Hans Tappeiner, der ehemalige Geschäftsführer der WMH ergriff als Erster im Publikum das Wort: „Es sieht so aus, als ob wir uns den Mensch nicht mehr leisten können.“ Und Andreas Nagl, der Bezirksobmann der Handwerker: „Wir reden immer von Personen sparen und nicht von Geld sparen, das hinausgeschmissen wird.“ Geht es nach dem SWR-Vorsitzenden Hansi Pichler, der zusammen mit Karl Tragust am Podium im Kulturhaus gastierte, dann kann Gerhard Schröders Agenda 2010 durchaus Vorbild für Südtirol sein. Horst Gemassmer, interessierter Zuhörer fragte wenig später: „Wollen wir dann morgen auch bei uns Hartz IV-Empfänger haben?“ Der Weisheit letzter Schluss ist das Ganze nicht, ein Starren auf Haushaltszahlen, das ja. Und Karl Tragust sagte es ganz nebenbei: „Es ist der einfachste Weg sich über den Landeskuchen herzumachen.“ Ein Weg, der zudem schief in der Optik ist, weil er von jener Ecke kommt, die in der Landespolitik im Hintergrund kräftig mitmischt.