Überall, wo Brigitte Nollet Lageder mit dabei ist, wird gelacht und gesungen. Die lebensfrohe Witwe ist durch ihre rege Vereinstätigkeit bekannt. Zudem ist sie fleißige Kirchengängerin, Gärtnerin mit großem Kräuterwissen und ohne Fahrrad sieht man sie in Schlanders selten.
von Christine Weithaler
Brigitte wurde 1942 in Schlanders geboren und wuchs dort mit vier weiteren Schwestern auf. Sie mussten nie hungern, doch viel hatte ihre Familie nie. Ihr Vater arbeitete in der kleinen Landwirtschaft seiner Geschwister. Schon in jungen Jahren wurde jedes Mädchen in den Sommermonaten in eine Familie nach Ulten zum Arbeiten geschickt, für Kost und Logie. Im Herbst halfen sie zu Hause bei der Apfelernte. Nach der täglichen Frühmesse brachte Brigitte die Milch von den drei Bauern auf Tappein von der Seilbahn in der Nähe ihres
Heimathofes zusammen mit ihrer wenigen Milch zur Sennerei in Schlanders. Mit 16 Jahren trat sie ihre Lehrstelle als Schneiderin in Schlanders an. Werktags arbeitete sie als Näherin, putzte am Samstag die Wohnung der Lehrmeisterin und sonntags nach dem „Rechten Kirchen“ lernte sie das Musterzeichnen. Als ihre Eltern ihre Lehrmeisterin um mehr Lohn für ihre Tochter baten, gewährte sie dies, aber Brigitte war danach unwissend nur krankenversichert. Nach ihrer dreijährigen Lehrzeit und dem Gesellenabschluss lernte sie im ehemaligen Krankenhaus und Altersheim in Mals kochen. Jedoch lernte sie zu ihrem Wissen von Zuhause nicht viel dazu, da dort noch alles ohne Küchengeräte zubereitet wurde. Sie erhielt keinen Lohn. Brigitte kaufte sich mit geliehenem Geld ihr erstes Kochbuch. Mit diesem und zwei Bettbezügen als Aussteuer heiratete sie mit 22 Jahren Franz Lageder. Sie wohnten neuneinhalb Jahre oberhalb der „Steinerbar“ in Schlanders in Miete. Dort hatten sie ein Schlafzimmer und eine kleine Kochgelegenheit. Das Bad mussten sie mit ihrem Ersparten selbst einrichten. Sie zog drei Jungen groß, wobei der Älteste krankheitsbedingt bis zum 16. Lebensjahr in der Klinik Harlaching in Deutschland stationiert war. Das junge Ehepaar fuhr oft zweimal in der Woche nach München. Brigitte brauchte viel Kraft und Durchsetzungsvermögen. Ihr Mann war sehr feinfühlig, Sorgen um die Gesundheit des Jungen, finanzielle Engpässe und seine Arbeitsumstände setzten ihm immer wieder sehr zu. Brigitte sagte: „Vati das schaffen wir schon“. Mit Gottes Hilfe und dem täglichen Gebet hat Brigitte vieles überwunden. Der Glaube gibt ihr Halt, täglich dankt sie dem lieben Gott mit dem ersten und letzten Gedanken für ihr Leben.
1960 kaufte Brigittes Vater ein Haus in der Schönherrstraße in Schlanders, in welches die junge Familie 1974 einzog. Dies galt es zu renovieren. Das Paar begann innen. Erst Jahre später wurde die Fassade fertig gestellt. Sie erhielten keine finanzielle Unterstützung. Durch Sparsamkeit und mit viel Eigenarbeit wurde das Haus fertig gestellt. Brigitte sorgte für ihre Kinder, ihren Mann, der als Schlosser arbeite, und nähte nebenher, um sich ein Taschengeld dazu zu verdienen. Einige Zeit kümmerte sie sich um die Wäsche ihrer Tante, ihres unverheirateten Nachbars, ihres Sohnes und dessen Kollegen. Brigitte pflegte ihre Mutter und sorgte für ihre Enkelin bis diese drei Jahre alt war. Gern hat sie all ihre fünf Enkelkinder um sich.
2006 verstarb ihr Mann nach einem Krebsleiden. Sie wird oft gefragt, warum sie trotz Rückschläge so lebensfroh sei: „I konn zmorgaz aufstian, konn olls no selbständig tian, hon zu essen und a Doch übern Kopf, wieso soll i nit lustig sein!“, sagt sie. Überall wo die rüstige Witwe mit dabei ist, wird gelacht und gesungen. Sie ist durch ihre rege Vereinstätigkeit, bei der SVP-Ortsgruppe Schlanders, als 34jähriges Ausschussmitglied im Frauenausschuss, in der Seniorenvereinigung, beim KVW und KFS, in der Singgemeinschaft, im Liebeswerk, im Theaterverein Schlanders, im Kastanienverein und seit 67 Jahren als Sopranstimme beim Kirchenchor Schlanders bekannt. Mit den Vereinen machte und macht sie Tagesausflüge. Sie liebt das Werken in ihrem kleinen Garten, kennt sich gut mit Kräutern und deren Wirkstoffen aus, stellt sich selbst ihre Teemischungen zusammen und trinkt gerne mal „a Schnapsl“. Wöchentlich geht sie ins Altersheim, um mit den Bewohner:innen zu singen. Und sie hat noch nie eine Singprobe des Kirchenchors Schlanders geschwänzt. Sie macht gerne Besuche und lädt gerne ein. Langeweile kennt sie nicht. Mobil ist sie durch den Zug und vor allem mit ihrem Fahrrad. Ohne dieses hätte sie die unzähligen Botengänge für sich und die Vereine nie machen können. Ohne Rad wäre sie ein halber Mensch, sagt sie. Sie bittet täglich den Herrgott und hofft, dass ihre Gesundheit ihr erlaubt, ihren Alltag weiterhin so selbständig und lebensfroh zu meistern.