Schlanders/Vinschgau/Südtirol - Zwei dringende Anliegen standen am Ende des Abends: Wir brauchen am Krankenhaus Schlanders oder Meran ein Day hospital, wo Menschen mit Essstörungen eine Essbegleitung erhalten. Und: Es braucht eine Fachabteilung, wo Essstörungen von minderjährigen und auch volljährigen Patienten über einen längeren Zeitraum hinweg behandelt werden. Derzeit stehen für minderjährige Patienten vier Betten in der Pädiatrie in Brixen bereit, volljährige Patienten werden von der Psychiatrie in Bozen oder Meran aufgefangen.
Essen oder nicht: Um diese „banale Frage“ drehte sich der vierte Abend der Veranstaltungsreihe „Gesunde Psyche, gesundes Land“, hinter der u.a. auch die Bezirksgemeinschaft Vinschgau steht. Am Podium in der BASIS Venosta in Schlanders saßen am 28. Februar eine Reihe von Experten: Elke Kalser von INFES, Roger Pycha, stellvertretender Leiter des Südtiroler Netzwerks für Essstörungen, die Psychotherapeutin Sigrid Götsch, Psychiaterin Margit Coenen, Heidemarie Tschenett, Ernährungsberaterin in der Ambulanz für Essstörungen - und Betroffene.
Nicht jede Diät führt in eine Essstörung, aber jede Essstörung beginnt mit einer Diät. Es ist eine Spirale nach unten: die anfängliche Gewichtsabnahme löst Euphorie aus und animiert zum Weitermachen, durch das Abnehmen kommt es zu einer Mangelernährung, das Gehirn schrumpft, eine zweite Stimme im Kopf nistet sich ein. Die eine Stimme schreit nach Hilfe, die andere stachelt zum Abnehmen, Sport machen usw. an. Die Betroffenen kommen allein nicht mehr heraus. Etwas anders gelagert sind Bulimie oder Binge eating. Die gute Nachricht: Essstörungen sind behandel- und heilbar.
Anlaufstellen für Betroffene sind einmal INFES in Bozen, für den Vinschgau vor allem aber die Ambulanz für Essstörungen am Krankenhaus in Meran. Dazu braucht es lediglich eine Bewilligung vom Hausarzt. Während zuerst zur Stabilisierung des Gewichts die Ernährungstherapie wichtig ist, wird dann in einem zweiten Moment die Psychotherapie wichtiger. Denn: Die Magersucht will weitermachen bis zum Tod. Die meisten Jugendlichen zwischen 12 und 17 sterben nicht etwa an Autounfällen, sondern an Essstörungen. Diese sind multifaktoriell, haben viel mit Selbstwert, mit sozialen Medien und - jüngst - mit Corona zu tun. Doch nicht nur. Wann braucht jemand Hilfe? Wenn sich gefühlt alles nur noch um Essen dreht, dann ist es Zeit Hilfe zu holen. (ap)
INFO
Interdisziplinäre Ambulanz für Ess-Störungen
Krankenhaus Meran
Dienst für Diät und Ernährung, Tel. +39 0473 251 250,
E-Mail: Diet.me@sabes.it
Zugang: Bewilligung Hausarzt/-ärztin erforderlich
Forum Prävention - INFES
Kontakt Essstörungen
Tel. +39 0471 970039
E-Mail: info@infes.it