Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Theresa von Avila, 5. Oktober 2023
Die Obermarzoner Möser sind drei Hochmoore am Kastelbeller Nörderberg auf 2.100 Metern MH im Lärchen-Zirbenwald an der Obermarzoner Alm. Man erreicht die Moore vom Parkplatz am Forstweg bei der Freiberger Säge (1.480 m) in zwei Gehstunden über den Steig Nr. 9, der zu den Kofelraster Seen führt. 620 Höhenmeter sind zu überwinden, aber die Bergwanderung durch den Herbstwald lohnt: Die Stille wird nur vom Murmeln und Plätschern der Gebirgsbächlein, vom Brunftschrei der Rothirsche und vom gelegentlichen Warnruf eines Tannenhähers durchbrochen.
Die drei Obermarzoner Möser wurden mit Beschluss der Südtiroler Landesregierung am 4. Mai 2009 als Biotope und Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Der ökologische Wert von Mooren
Moore sind wassergesättigte Feuchtgebiete. Moore sind Standorte mit besonderen Lebensbedingungen. Und Moore sind wertvoll für die Artenvielfalt und unbedingt erhaltenswert als Kohlenstoffspeicher. In Zeiten der Erderwärmung stellen sie bedeutsame Senken von Treibhausgasen dar.
Nacheiszeitliche Entstehung
Unsere Moore sind nach der letzten Eiszeit entstanden. Überall dort, wo die zurückweichenden Gletscher Vertiefungen und Senken im Boden hinterlassen hatten und wo sich auf einem wasserundurchlässigen Untergrund Wasser gesammelt hat, waren die Voraussetzungen zur Bildung eines Moores gegeben. Wasserdicht nach unten ist der Boden in den Gletschervorfeldern durch die Aufschichtung der feinkörnigen Mineralien aus den Gletscherschliffen geworden.
Niedermoore und Hochmoore
In der großen Kategorisierung gibt es zwei Moortypen. Da sind einmal die Feuchtgebiete, die in Verbindung mit dem Grundwasser stehen und mehr oder weniger gut mit Nährstoffen versorgt sind. Wir sprechen dann von einem Niedermoor. Die Überreste einer üppigen Sumpfvegetation reichern sich hier als sogenannter Niedermoortorf ab.
Wird das Moor von Regenwasser, also von oben gespeist, sprechen wir von einem Hochmoor. Zwischen Nieder- und Hochmooren gibt es Übergangsformen.
Was alle Moore verbindet, ist, dass der Boden die meiste Zeit des Jahres unter Wasser steht. Und, dass die abgestorbenen Pflanzenreste im wassergesättigten Milieu unter anaeroben Verhältnissen nicht vollständig zersetzt werden. Unter Sauerstoffausschluss kommt es daher zur Torfbildung.
Torfmoose
Der pflanzliche Hauptbestandteil der Moore sind Torfmoose der Gattung Sphagnum. Torfmoose haben keine Wurzeln. Ihr lebender Teil, der sich zur Photosynthese der Sonne entgegenreckt, geht in ein paar Zentimetern Tiefe in einen abgestorbenen Teil über. Nirgendwo sonst in der Natur ist der Übergang zwischen Leben und Tod so gleichmäßig und fließend wie beim Torfmoos: Oben Stämmchen und Blättchen in allen möglichen Grün- und Rottönen, unten Torf in allen Stadien. Sphagnum-Pflänzchen wachsen etwa einen Millimeter pro Jahr in die Höhe. Oder anders ausgedrückt: Eine Torfschicht von einem Meter ist tausend Jahre alt. Die Sphagnum-Moose bilden riesige Teppiche und das Rgenmoor wächst immer mehr in die Höhe. Dieses Höhenwachstum ist nur möglich, weil das Moor seine eigene Wasserversorgung hat. Die evolutionär primitiven Torfmoose speichern nämlich jede Menge Wasser in ihrem Pflanzenkörper, und zwar so viel, dass sie den Wasserstand im Moor halten und anheben. 95% eines lebenden Hochmoores sind Wasser. Der Regen versickert also nicht einfach im Boden, sondern wird, dank Sphagnum, im Mooskörper zurückgehalten. Die Torfmoose gestalten ihren Lebensraum aber nicht nur dadurch, dass sie ihren Wasserstand so hochhalten. Sie können nur in einer sauren Umgebung gedeihen und sind in der Lage, diese für sie günstigen Bedingungen herzustellen. Die Moose nehmen positiv geladene Kationen aus dem Wasser auf und geben dafür negativ geladene Anionen ab. Weil der lebende Mooskörper die erwähnten Ionen abgibt, wird das Wasser in solchen Regenmooren fast so rein wie destilliertes Wasser und so sauer wie Essig. Die darin gelösten, ohnehin dünn gesäten Nährstoffe werden vom Torfmoos aufgenommen und über den abgestorbenen Teil im Torf abgelagert. Es gibt nicht viel Konkurrenz aus der Pflanzenwelt, die unter solchen Extrembedingungen mithalten kann.
Moore sind Treibhaussenken
Weltweit machen die Moore heute nur 3 % der Landflächen aus. Und die Zerstörung der Moore durch Torfabbau und Trockenlegung geht leider weiter. Dabei sind intakte Moore sehr effiziente Kohlenstoffspeicher und damit Treibhaussenken: Laut WWF und NABU speichern die Moore ein Drittel des terrestrischen Kohlenstoffes. Das ist doppelt so viel wie alle Wälder unserer Erde.
Bei der Entwässerung der Moore kommt der über Jahrtausende im Torf gebundene Kohlenstoff mit Sauerstoff in Verbindung und oxidiert. Damit gelangen nicht nur rieseigen Mengen CO2 in die Atmosphäre, sondern auch das über 300-mal klimaschädlichere Lachgas N2O.
Wiedervernässung
Das vom Europäischen Parlament vor wenigen Wochen verabschiedete Renaturierungsgesetz sieht u.a. auch die Wiedervernässung von Mooren vor. Die Vernässung trockengelegter Moore hat großes Potential. Zum einen, weil dabei die CO2-Abgabe des trockenen, mit Sauerstoff versorgten Torfkörpers gestoppt wird. Zum anderen, weil sich rasch Moorgewächse einstellen und ausbreiten und Kohlendioxid aufnehmen, das nach dem Absterben der Pflanzenkörper im Moorboden eingelagert wird. Nach Angaben des Deutschen Bundesamtes für Naturschutz könnten durch die Renaturierung trockengelegter Moore jährlich bis zu 35 Millionen Tonnen Kohlendioxid einge-spart werden.