Inzwischen kennt man seine rot lackierten Baustahlträger bereits in jedem Tal in Südtirol. Auch international hat er sich damit einen Namen gemacht. Er hat fast schon ein Monopol darauf.
Die Rede ist von Eduard Habicher, geboren 1956 in Mals, aufgewachsen in St. Valentin auf der Haide. Den Kindergarten besuchte er in Laatsch, da der Vater damals dort noch als Lehrer arbeitete. Nach der Volks- und Mittelschule in St. Valentin a.d.H. besuchte er das wissenschaftliche Lyzeum in Schlanders. 1974 maturierte er dort und ging anschließend für 4 Jahre an die Accademia delle belle Arti nach Florenz. Nach dem Abschluss des Studiums nahm er dort auch seinen Wohnsitz und begann von dieser Stadt aus seine Ausstellungstätigkeit.
Gerne erinnert sich Eduard an einige Kindheitsbegebenheiten. „Im Vergleich zu den Kindern in der Stadt hatten wir die Möglichkeit in der freien Natur zu spielen. Wir spielten im Hexenwaldele, einer verwachsenen Insel vor dem Haidersee, bauten Boote und Rennwagen. In Erinnerung bleibt mir auch der Blick über die weiten Flächen der Multen, hin zum geheimnisvollen Ortler, nach Plawenn“.
Von Florenz aus brachte Eduard Habicher seine Werke nach Bari und Mailand, wo er schon früh ausstellte. Um sich finanziell über Wasser zu halten entwarf er nebenbei Zeichnungen und Prototypen für Modeschmuck. Noch heute sieht er manchmal in irgend einem Geschäft Gürtelschnallen, die er damals entworfen hatte.
Gründe, wieso er zum Material Metall kam sind sowohl psychologischer als auch praktischer Natur. Psychologisch deshalb, weil das Arbeiten mit Metall immer auf großen Widerstand stößt. „So, wie es auch im Leben ist. Wenn man etwas erreichen will, dann muss man sich anstrengen und sich bemühen, die Genugtuung ist nachher umso größer“, sagt Habicher. Seine Metallskulpturen schauen zwar leicht und schwerelos aus, die Arbeit an ihnen ist aber sehr schwierig. Und das charakterisiert seine Arbeiten: Das schwere Metall wird fast schwerelos.
Tritt man in das 9 m hohe Atelier des Künstlers in Riffian, fällt sofort die rote Farbe seiner Metallskulpturen ins Auge. Auf die Frage, wieso die Farbe rot bei ihm so dominant sei, antwortet Habicher: „Wenn ich Arbeiten im urbanen Raum aufbaue, wo Leuchtreklame, Werbeplakate, Verkehrszeichen und dergleichen vorherrschen, dann wird der Edelstahl optisch verschluckt. Er verschwindet in der Umgebung. Ich aber möchte die Energie, die davon ausgeht, sichtbar machen, sodass die Metallskulptur sich auch im urbanen Kontext durchsetzen kann. Das Rot wird speziell für mich gemacht“.
Werke in Sammlungen und an öffentlichen Bauten und Plätzen
- Öffnung (2010) Baustahlträger, Edelstahl, Schulfassade in St. Valentin auf der Haide
- Architektur-rot, Baustahlträger (2017), 600x405x352 cm, Privatsammlung, Lucca.
- uni-verso, Baustahlträger (2018), 523x615x660 cm, Bologna, Palazzo Accursio, Piazza Maggiore.
- Libera-mente, Baustahlträger und Stahl, 600x450x250 cm, Museum Caradente, Spoleto.
- Guscio, Baustahlträger, 450x750x430 cm, Palazzo Ducale, Mantua.
- Anmerkung, Baustahlträger und Edelstahl, 280x800x70 cm, Fischerinsel, Berlin.
- Viaggio-Reise, Baustahlträger und Edelstahl, 380x220x1300 cm, Fundacion Atchugarry, Uruguay.
- Open doors, Baustahlträger, 390x380x375 cm, Privatsammlung, Graz.
Eines seiner ersten Werke in Südtirol war die Skulptur “Gedanken-Verbindung“ (2000/01) im Hof des Gebäudes der Landesberufsschule in Schlanders. „Es geht dabei um Raum, um mentalen Raum, der in einer Schule Anregung bzw. Input sein sollte“, meint Habicher.
Bei einer Ausstellung in Pergine lernte auch Reinhold Messner seine Arbeiten kennen. Messner lud Habicher ein, einen Vorschlag für Schloss Sigmundskron zu machen. Schließlich konnte er dort drei Arbeiten realisieren: DUO, PARODIE und AB-GRUND. Gerne erinnert sich Habicher an die gute, reibungslose Zusammenarbeit mit Reinhold Messner und dem Architekten Werner Tscholl.
Zum Jubiläumsjahr 2023 - „verdeckt-entdeckt“ konnte Eduard Habicher in Naturns heuer das Projekt „Der Schaukler“ verwirklichen. „Auch dieses Werk kann man so lesen, als einen Versuch, ein Gleichgewicht, eine Harmonie herzustellen zwischen Ratio und Phantasie, zwischen Verstand und Empfinden. Auch im Leben geht es unter anderem darum, ein Gleichgewicht auszutarieren zwischen Kopf und Herz. Wer zu sehr Ratio bezogen ist, dem fehlt wahrscheinlich etwas an menschlichem Aspekt bzw. an Kreativität“, so Eduard Habicher.
Der Versuch ein Gleichgewicht herzustellen gilt auch für die Verwendung des Materials. Auf der einen Seite sind die Baustahlträger genau mathematisch berechenbar und auf der anderen Seite bekommen sie durch den spielerischen Umgang eine ganz andere Bedeutung.
panta rhei,
„alles fließt“
Dieser Spruch des griechischen Philosophen Heraklit ist auch eine Kernidee hinter den Arbeiten Eduard Habichers. Der Raum, in dem seine Arbeiten stehen, soll nämlich nicht abgeschlossen sondern fließend sein. Seine Arbeiten wollen nicht blockieren, sondern wie eine „große Umarmung“ wirken, die auch Geborgenheit ausstrahlen.
Habichers ältere Arbeiten haben noch mehr einen strengen theoretisch/ physischen Hintergrund. Heute drängt sich bei ihm immer mehr der menschliche Aspekt in den Vordergrund, während die Theorie in den Hintergrund gerät. „Die Ethik ist ein Fundament unseres Zusammenlebens. Ich glaube, ohne Ethik ist kein menschenwürdiges Zusammenleben, keine Kunst und Kultur möglich“. Angesprochen auf seinen Wunsch an die gute Fee antwortet Eduard Habicher: „Ich glaube, dass die Kunst die Fähigkeit hat, Impulse zu geben. Ich würde mir wünschen, dass eben diese positiven Impulse, die von der Arbeit ausgehen, dass diese tiefgreifend sind und positive Veränderungen mit sich bringen“.
Peter Tscholl