St. Sisinius in Laas ist eine der ältesten Kirchen des Vinschgau, gemeinsam mit der Stephanskirche bei der Abtei Marienberg, St. Stephan bei Morter, sowie St. Prokulus in Naturns. Wegen seiner harmonischen Einheit von Bauwerk und Landschaft gilt St. Sisinius heute als ein Wahrzeichen des Vinschgau.
Die Hügelkirche gehört zu den frühzeitlichen Kultorten der religiös-kirchlichen Entwicklung im Vinschgau. Die Christianisierung des Vinschgau aus dem Süden über die Via Claudia Augusta hat schon unter der Römerherrschaft, in der zweiten Hälfte des 4., Anfang des 5. Jahrhunderts eingesetzt.
Sisinius gehörte mit Martyrius und Alexander zu den drei Glaubensboten, die 397 am Nonsberg das Martyrium erlitten. Alle drei stammen aus Kappadokien, aus dem Osten der heutigen Türkei und wurden von Bischof Ambrosius von Mailand dem Bischof Vigilius von Trient als Missionare zur Verfügung gestellt. In Laas im Vinschgau wurden die drei Nonsberger Märtyrer besonders verehrt, dem Heiligen Sisinius wurde sogar eine Kirche geweiht.
Das Gründungsdatum von St. Sisinius lässt sich nicht genau datieren, da keine Gründungsurkunde vorhanden ist. Erstmals erwähnt wird die Kirche im Jahr 1290.
In einem Visitationsprotokoll von St. Sisinius aus dem Jahr 1638 steht: „St. Sisinius ist unter den kleinen Kapellen die Größte … Der gemalte Altar ist nicht schlecht... Auf der Seite der Wand sind Malereien, ganz einfach“.
1972 wurde St. Sisinius restauriert. Die marmorgerahmte Flachbogentür aus dem 16. Jahrhundert in der S-Wand wurde freigelegt und mit originalen Werkstücken wiederhergestellt. Bewusst wurde alles entfernt, was erst später dazukam. Nur mehr einige schlichte Bänke und ein steinerner Altar lassen erahnen, was das Wesentliche dieses alten Kulturdenkmales einmal war. Heute ist St. Sisinius ein Ruhepol, das Kirchlein am Fuße der „Laaser Leitn“ vermittelt ein Bild der Einkehr und Gelassenheit.
Genesis
„Genesis“ gehört in der Bibel zu den 5 Büchern Moses im Alten Testament. Es erzählt von Schöpfung, von Sünde und Bedrohung der Welt. Es gibt Antworten auf die Grundfragen des menschlichen Lebens: Woher kommen wir und unsere Welt?
1977 hatte der junge Jörg Hofer, damals Student an der Akademie der bildenden Künste bei Prof. Max Weiler in Wien, in den Sommerferien die Idee bzw. das Bedürfnis etwas Sakrales zu gestalten. „Es war damals eine wichtige Zeit“ erzählt er. „Die Fresken in den Kirchen und Klöstern haben mich schon immer fasziniert. Mir waren die alten Räume immer wichtig und die St. Sisiniuskirche war ein leerer, wunderbarer Raum“.
Das Werk war kein Auftrag. Hofer begann die Arbeit an dem Altarbild im kleinen Atelier auf dem Dachboden des ehemaligen elterlichen Gasthauses zum Hirschen in Laas und vollendete das Tryptichon dann draußen in der Hügelkirche, um den Geist des Raumes einzufangen und auf die Lichtverhältnisse einzugehen.
Jörg Hofer malte also das Triptychon „Genesis“ (200 x 300 cm), die drei Flügel nannte er „Kosmische Kräfte“, „Das Urpaar“ und „Die Erde“.
Zuerst malte er auf Papier, später hat er die Arbeit auf Leinwand und Keilrahmen aufgezogen. Genesis stellt die Urwelt dar. In der Mitte sind Adam und Eva, das Urpaar dargestellt, rechts der Urknall und links, die vom Menschen gestaltete, urbar gemachte Welt.
Es sind „junge Bilder“, malerisch/stilistisch ein „Abstrakter Expressionismus mit impressionistischen Farben“. Wenn auch die Einflüsse eines Max Weiler spürbar sind, Hofer malte schon aus seiner eigenen Perspektive.
Das Altarbild blieb ein Jahr in der Kapelle, dann sollte es entfernt werden. Bei einer Wanderung betrat Gabriele Heitfeld aus Bochum die kleine Kirche und war sofort angetan. In einem Brief schrieb sie an Jörg Hofer: „Es war damals ein besonderes Kirchenerlebnis. Ich wurde sogleich tief berührt von der Kraft des ins Sonnenlicht getauchten Genesisbildes über dem Altar. Seitdem habe ich immer wieder von diesem Erlebnis erzählt, die Berührung mit dem Licht aus dem Dunkel, dem unausweichlichen Hoffnungsschimmer, dem Entstehen der Genesis, von Hoffnung, Werden, Licht und Leben, dort, wo du es nicht erwartest, auf Leben und Ewigkeit hin geschenkt.
Danach habe ich auch andere Menschen dorthin geführt. Das Bild war leider aus der Kirche entfernt worden, die Kirche verschlossen. Erneut auf der Suche nach diesem Bild konnte ich im Sommer 2021, 44 Jahre später den Künstler des Genesiswerkes, Jörg Hofer in Laas finden, in seinem Atelier besuchen und anknüpfen an die Berührung dieses Künstlers durch sein Schaffen mit seiner Erfahrung des Lichts“.
Jörg Hofer ist ein Spürer und Fühler. Er verwendet seit jeher lichtechte, hochwertige Farbpigmente, die er durch unnachgiebiges Experimentieren – unter Verwendung verschiedenster Malgründe – inzwischen zu höchster Leuchtkraft verarbeitet. Sein großes Talent liegt im Erkennen und Wiedergeben geheimnisvoller Lichtstimmungen, für deren Vorkommen der Vinschgau bekannt ist. St. Sisinius hängt der Nachmittagssonne entgegen. Das Genesisbild bekommt seit langem kein Licht mehr, es steht gut verpackt in einer Ecke im Atelier.
Peter Tscholl