„…seit über 60 Johr...“

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Maria Luise Blaas (Jg.1941) und Luis Telser (Jg.1938), genannt  „Thomahittler“ in ihrer gemütlichen Parterrewohnung in Schluderns. Sie haben zehn Enkelkinder und ein Urenkelkind. Maria Luise Blaas (Jg.1941) und Luis Telser (Jg.1938), genannt „Thomahittler“ in ihrer gemütlichen Parterrewohnung in Schluderns. Sie haben zehn Enkelkinder und ein Urenkelkind.

Als 18-Jähriger übersiedelte Luis 1956 mit seinen Eltern und Geschwistern vom „Thomahittl“
bei Tanas nach Schluderns. Dort lernte er seine Frau Maria Luise Blaas kennen und lieben.
Mit ihr gründete er eine Familie und baute einen Tischlereibetrieb auf.

von Magdalena Dietl Sapelza

Sein einstiges Zuhause „Thomahittl“ bei Tanas beschreibt Luis als das ärmste Höfl Südtirols. Der Ertrag reichte kaum, um über die Runden zu kommen. Die Trockenheit setzte den Feldern zu. „Miar hobm oft mea Erdäpfl innitoun als ausignummen“, beschreibt er. Die Eltern verdienten sich Nahrungsmittel oder ein Paar Lire als Tagelöhner. Luis und seine vier Geschwister suchten nach Essbarem in der Natur, nach Hagebutten und Sauerampfer. „Miar hobm olm gwisst, wenn di Pummlen, di Pfroslen, di Zwischpelan unt a di Kearschtn reif sein.“ In der ersten Volksschulklasse lehrte ihn der Lehrer noch den Hitlergruß, dann wurde wieder herkömmlich gegrüßt. In der Freizeit sammelte Luis Ivakraut, Augentrost, Wermuth und Wolfswurzen. Die Ausbeute trug er in getrocknetem Zustand zu einem Händler nach Agums. Das Geld gab er dem Vater, der für einen Hof irgendwo anders sparte. Im Alter von 11 Jahren schickten ihn die Eltern mit seinem jüngeren Bruder als Hütbub zu einem Bauern nach Morter. Dort litten sie Hunger. Deshalb verließen sie den Hof eines Abends und kamen am Morgen darauf daheim an. „Di Eltern hobm nit gschumpfn“, sagt Luis. Bei Bauern in Eyrs und dann in Laas erging es ihm um einiges besser. „Selm hon i af Thomahittl aui gsechn“, meint er. „Weil i bin olm a hoamweahiger Mensch gwesen.“ Die Lehre als Tischler absolvierte Luis in Laas. Nach elf Stunden Arbeit fuhr er täglich mit dem Rad nach Eyrs und ging dann zu Fuß heim nach „Thomahittl.“ Lohn gab es keinen. Damals musste man froh sein, eine Lehrstelle zu haben. Inzwischen hatte sein Vater das Geld beisammen, um den kleinen Hof in Schluderns zu kaufen. Sein erstes Geld verdiente sich Luis als Geselle in einer Tischlerei in Prad. Dann wechselte er in einem Tischlereibetrieb nach Mals. 1960 richtete er im elterlichen Stadel eine Werkstatt ein und machte sich selbständig. Als es ihm dort zu eng wurde, pachtete er einen größeren Raum im Ort. Er absolvierte die Meisterprüfung und beschäftigte Mitarbeiter. Inzwischen hatte er Maria Luise Blaas kennen und lieben gelernt. Sie war in Schluderns mit drei Geschwistern aufgewachsen und arbeitete in der GEOS in Schlanders. Näher gekommen waren sie sich bei einem Theater im Saal der „Bar Ortler“. Engumschlungen saßen sie hinten auf der Empore. „Selm hobmer norr nimmr drweil kopp, Theatr z’schaugn“, lacht Luis. Ihr erster Sohn kam zur Welt noch bevor sie 1962 bei der Frühmesse vor dem Traualtar standen. „Miar hobm holt di Natur spieln glott“, schmunzelt Luis und Maria Luise ergänzt: „I hon selm nit amol gwisst, wia deis mitn Kinderkriagn geht.“ Dass der Pfarrer die „ledigen Kinder“ in einer Predigt als schwarze Schafe bezeichnete, schmerzte sehr. Die kleine Familie wohnte in seinem Elternhaus. „Miar sein selm olle innigstopft gwesn“, beschreibt er. Maria Luise schenkte ihm noch eine Tochter und zwei Söhne.
Sie war eine liebevolle Mutter und Hausfrau und eine tüchtige Mitarbeiterin in der Tischlerei. Die Auftragslage war sehr gut. Das ermöglichte 1967 den Kauf eines Grundstückes und den Bau des Eigenheimes, in das die Familie 1968 einzog. Zehn Jahre später kam die Werkstatt dazu. Luis setzte auf Qualität, und das machte sich bezahlt. Ausgleich fand er als Mitglied der Musikkapelle Schluderns, der er 36 Jahre angehörte.
Anfangs der 1970er nahm Maria Luise auf Wunsch ihrer Patennichte deren einjährigen Sohn in Pflege. Kurz darauf brachte sie ihr einen weiteren sechs Monate alten Buben. Die Kleinen wuchsen ihr und ihrem Mann ans Herz wie ihre eigenen Kinder. Eines Tages sollten die Buben an Pflegeltern ins Pustertal vermittelt werden. Das brachte die Familie in Aufruhr. „Miar hobm di Bubm nimmer aweck lossn gwellt“, erinnert sich Luis. „Di Maria Luise hot olm lei mea greart.“ Er setzte alle Hebel in Bewegung, um die Pflegekinder behalten zu können, und adoptierte sie schließlich.
1989 übersiedelte Luis mit dem Betrieb in die Schludernser Handwerkerzone. Es erfüllt ihn mit Genugtuung, dass Söhne und Enkel den Betrieb heute erfolgreich weiterführen. „Sou woaß ma decht, dass ma nit umsuscht pugglt hot“, sagt Luis. Er hat sich 2018 aus dem Betrieb zurückgezogen und genießt die Zeit mit seiner Frau und seiner Hündin Xina. „Ohne Hund mecht i nia bleibm“ sagt er. Das Haus verlässt er selten. Nur die Sonntagsmesse besucht er regelmäßig. „Sel isch in oam innigwochsn“, sagt er. Maria Luise kann ihn nicht mehr begleiten, weil sie gesundheitlich angeschlagen ist. Er unterstützt sie, wo er kann. „Miar zwoa sein treue Husarn unt holtn zomm“, betonte er. „Miar sein seit über 60 Johr zwoa Zommgschwourne.“

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