Nachgedacht April 2023

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von Don Mario Pinggera - Mit Sorge beobachte ich die Emotionen, mit welchen auch in dieser Zeitung das Thema «Migration» geschildert wird. Wir sind uns alle einig, dass Randalierende in Berlin, Köln und anderswo sich vor dem Gesetz verantworten müssen. Wenn allerdings das Strafrecht als letzte Konsequenz einschreiten muss, wurde ganz sicher an einer oder mehreren Stellen etwas übersehen. Oder wie der unvergessliche Stan Laurel nach stundenlangem Herumirren in einem Labyrinth zu seinem Partner Oliver Hardy gesagt hat. «Ich glaube, wir sind irgendwo falsch abgebogen.»
Mein Friseur hier in Richterswil ist Kurde und ein Virtuose in seinem Fach! Geflüchtet wie viele andere vor einem blutigen Krieg, darf er seit ein paar Jahren arbeiten. Und er hat sich zur Institution hochgearbeitet. Kurz nachdem der Ukraine – Krieg im letzten Jahr begann, war ich bei ihm. Er war sehr nervös, gleichzeitig aufgebracht und kleinlaut. Denn ihm ist keineswegs entgangen, wie Europa und damit auch die Schweiz Flüchtende aus der Ukraine mit ungewohnt offenen Armen empfangen hat. Das ist ja grundsätzlich richtig so, aber !: Er meinte zu mir, dass er diese Offenheit bei seinen Landsleuten und sich sehr vermisst hat. Nicht nur das: Oft war spürbar, dass, wie er sagte, «wir wohl nicht willkommen sind». «Der blutige Krieg in Syrien tobt nun schon so viele Jahre, hat uns unserer Heimat beraubt, wieso wurden wir nicht auch so aufgenommen wie die Ukrainer? Wieso hat Europa bei uns so nachhaltig weggeschaut?» Ganz sicher legitime Fragen! Syrien war doch für uns weit weg. Es ist eine Frage der Ehrlichkeit, diese eklatante Ungleichbehandlung auch einzugestehen. Versetzen wir uns doch in eine Person, die sich nicht aufgenommen und ständig abgelehnt fühlt: Eine solche Person wird ständig verletzt. Eine Kränkung folgt der anderen, so lange, bis es zu viel wird, und sich das Angestaute plötzlich löst. Durch Aggression gegen sich selbst oder eben andere. Irgendwann wird die Kränkung zur unheilbaren Krankheit. Vergessen wir nicht, dass die Amokläufe der letzten Jahre (nicht von Migranten ausgeführt) in der Regel am Ort einer nachhaltigen Kränkung geschehen sind: an der Schule! Ein junger Mann, der ein solches Blutbad anrichtete, antwortete auf die Frage des Warum: «Vor Jahren waren wir auf Klassenreise, niemand wollte mit mir ins Zimmer!». Aggression hat immer auch eine Ursache. So lange es uns nicht gelingt, drohende Gewaltspiralen zu eliminieren, bevor nur noch das Strafrecht als letzte Möglichkeit bleibt, werden wir immer ein Problem haben. Kränkungen jedweder Art gilt es möglichst zu vermeiden. Da muss auch ich selbst mich ändern, indem ich eben nicht mehr Menschen ausgrenze, mit Taten, Worten oder Werken.

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