von Peter Tscholl
Der Film von Karl Prossliner „Kurt Hofer – Abstrakt und Real“ (2020) ist ein biographisches Dokument. Der Film ist keine künstlerische Werkschau. Es geht um die Geschichte eines Buben, der in Kortsch aufgewachsen und erwachsen wurde. Kurt war noch keine 10 Jahre alt, als er das erste Mal seinen Vater auf Rimpf als Hirte begleitete. Insgesamt hat Kurt Hofer 14 Jahre lang als Hirte gelebt. Das Hirtenleben hat ihn geprägt.
Nach seiner Lehre als Maler übersiedelte er zu seinem Vater nach München, der ihm eine Arbeitsstelle als Anstreicher verschaffte. Nach dem Militär besuchte Kurt Hofer die Abendmittelschule, dann die Grödner Kunstschule und schließlich die Kunstakademie in Florenz. Zurück nach Südtirol schloss er sich der Bewegung um Jakob de Chirico, Egon Rusina, Franz Pichler und Matthias Schönweger an. Bald aber trennten sie sich und Hofer ging seinen eigenen Weg. „Ich wundere mich, dass ich es so lange mit ihnen ausgehalten habe“ sagt er heute. In den 80er Jahren lernte Kurt Hofer in München einige Künstler kennen, die ihn sehr beeindruckten. Als Künstler wären ihm alle Türen der Welt offen gestanden, er hätte viele Möglichkeiten gehabt. Er entschied sich aber für ein Haus in Stilfs. Es war schon immer sein Traum, eigene vier Wände zu besitzen. Erneut Hirte, begann sich Kurt Hofer intensiv mit Naturrelikten zu beschäftigen. „Ich wollte den Minimalismus herausholen“ sagt er. Als Hirte hat Kurt Hofer viel erlebt, jeder Tag war voller Überraschungen. Diese Zeit möchte er nicht missen. Nach vielen Jahren in Stilfs war die Zeit reif eine neue Bleibe zu suchen. Er verkaufte sein Haus und zog im Sommer 2022 nach Schlanders. Als Hoffender und Extremer zog er einst nach Stilfs, um seinen Weg zu finden. Jetzt ist er nach Schlanders zurückgekehrt. Der Kreis beginnt sich zu schließen.
Auszüge aus dem Film
Hofer über seine Kindheit:
„Meine Kindheit war kalt. Ich kann mich eigentlich nicht erinnern, dass ich als Kind einmal glücklich war, wenn ich ehrlich bin. Ich habe Schläge bekommen, vom Vater speziell, auch von der Mutter, und wenn, dann war sie noch gröber. In der Schule bin ich durchgefallen, musste wiederholen, doch irgendwann bekam ich einen Lehrer, den Engelbert Paller, der mich verstand und mir geholfen hat. Zu ihm hatte ich ein großes Vertrauen. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich in der Schule und in allem, was mit dem Leben zu tun hatte, aufgestiegen bin“.
Seine Begegnungen mit bekannten Künstlern im Aktionshaus in Cavriago:
„Als ich in Pari&Dispari, im Aktionszentrum in Cavriago war, habe ich verstanden, um was es geht. Ich habe dort die ganzen Fluxus-Leute kennen gelernt, die Aktionisten, die Wiener Aktionisten, Herman Nitsch, Cibulka war auch da, dann die Amerikaner, Charlotte Norman, Philip Corner, Joe Jones, Takako Saito, die habe ich alle kennen gelernt. Als ich die ganzen Sachen sah, das ganze Material, auch wertlose Materialien, von den Italienern, Franzosen, von den Anthropologen, visuellen Poeten, Aktionisten und Fluxisten, da habe ich mir gedacht: Ja, ich habe das ja alles hier. So bin ich dann eines Tages heim und habe mir vorgenommen, den Sonnenberg zu erkunden. So hat es angefangen“.
Seine Rückkehr nach Stilfs:
„Der Kunstbetrieb ist mir eigentlich wurscht geworden. Ich hätte viele Chancen gehabt, ich habe Einladungen bekommen, aber ich habe sie kaum mehr beantwortet. 1995 habe ich das letzte Mal bei einem Kunstevent teilgenommen. Ab dem Zeitpunkt hat mich das Kartenspielen in Stilfs mehr interessiert.
Im Hotel Post in Gomagoi hatte ich mein Atelier. Es ist für mich ein Sammelpunkt geworden für meine Vergangenheit. Hier konnte ich meine Fantasien verwirklichen. Hier treffen sich alle möglichen Elemente, die Akademiezeit, meine Zeit als Lehrer, meine Hüterzeit, die Kindheit u.s.w. Das gehört alles zusammen. Vor etwa 10 Jahren habe ich einen Teil meiner Arbeiten gezeigt“.
Sein Engagement mit Menschen mit Beeinträchtigung in der Lebenshilfe Schlanders:
„Seit etwa 12 Jahren arbeite ich jetzt in der Lebenshilfe in Schlanders. Mit Menschen in so einer Institution zusammenarbeiten wollte ich eigentlich schon immer. Wir haben gemeinsam viel gezeichnet. Diese Menschen faszinieren mich, weil sie unbeschwert sind, ihrem Tun freien Lauf lassen, ohne sich zu korrigieren oder sich zu verbessern. Sie sind Träumer“.
Am Grab der Mutter auf dem Friedhof in Kortsch:
„Hier in Kortsch ist meine Mama begraben. Mein Vater ist in Meran begraben. Wenn der Vater hier bei der Mama wäre, dann wäre es für mich selbstverständlich, hier begraben zu werden. So bin ich in einem Zwiespalt. Einerseits möchte ich den Vater nicht alleine lassen, er hatte immer einen Stolz auf mich, das weiß ich. Ich bin aber trotz allem immer auf der Seite der Mama geblieben. Ich denke mir schon, dass ich eines Tages neben meiner Mama sein werde“.