Laas - Der Grauner Schriftsteller Sepp Mall steht der Südtiroler Regionalgruppe der „Grazer Autorinnen Autorenversammlung“ (GAV) vor und organisiert jährlich ein Lesefest. Heuer hat es die GAV zusammen mit der Bibliothek und dem Bildungsausschuss im Marmor- und Literaturdorf Laas ausgerichtet. Drei Autorinnen lasen aus ihren Werken.
Die Schriftstellerinnen Anne Marie Pircher, Sabine Gruber und Tanja Raich gaben bei einer Matinee am 19. November 2022 in der Bibliothek „Franz Tumler“ Einblicke in ihre Neuerscheinungen. Moderiert wurde die überaus gut besuchte Veranstaltung vom Journalisten Patrick Rina. Er schmeichelte den Laaser:innen, indem er ihr Dorf als „kleines, aber wichtiges Gravitationszentrum der Literatur“ bezeichnete und lud zu einer Reise in die literarische Welt ein. Mit „Bücher sind für alle da“ forderte er die Zuhörer:innen dazu auf, sich der Kraft der Sprache hinzugeben. Im Publikum saßen zahlreiche Vertreter:innen der Vinschger Kunstszene.
Anne Marie Pircher (geb. 1964, Schenna/Kuens) las aus ihrem Erstlingsroman „Iris und Pupille“, 2022 in der edition laurin im Innsbrucker Universitätsverlag erschienen. Darin schildert sie eine mehrdeutige Reise, eine wahrhaftige und als Ausbruch zu lesende, die ihre Protagonistin Maria von Südtirol nach Amerika führt. Und eine Reise in das Innere der Figur, die sie im Gespräch mit Rina noch näher charakterisierte. Das autobiographisch gefärbte Buch vermochte das Publikum zu beeindrucken, wie eine Fragerunde des Moderators ergab.
Anschließend nahm Sabine Gruber (geb. 1963, Lana/Wien) am Podium Platz, die bekannte Romanautorin ist auch Lyrikerin und als solche präsentierte sie ihren Band „Am besten lebe ich ausgedacht“ (Haymon, 2022). Ihre rhythmischen, exakt gesetzten Gedichte sind jeweils mit einem Monat oder Tag und einem Ort verbunden. Manche ziehen Linien zu anderen literarischen Texten. Vom Moderator als „Notizen der Seele“ gedeutet, entzog sich Gruber der Interpretation und eröffnete, dass wenig Autobiographisches, aber viel Recherchiertes eingeflossen sei. Für die lyrische Form und die großteils 20-Zeiler habe sie sich aufgrund einer Schreibkrise entschieden, da sie in einer Trauerphase die Konzentration besser in der kleinen Form üben habe können. Für 2023 kündigte Sabine Gruber einen neuen Roman an.
Tanja Raich (geb. 1986, Lana/Wien) beschloss mit ihrer Lesung aus „Schwerer als das Licht“ (Blessing, 2022) den wortreichen Vormittag. Begleitet von Musik führte sie in ihren Inselroman ein (mehr dazu im Vinschgerwind 19/22), dem sie diverse Lesarten einräumt. „80 Prozent habe ich gemacht, die restlichen 20 machen Sie als Lesende, dann ist es erst ein vollständiges Buch“, bekräftigte sie zu persönlichen Deutungen. Ihr metaphorischer Text über eine rätselhafte Frau in einer absterbenden Natur könne auf die Klimakatastrophe heruntergebrochen werden, lasse aber weitere Auslegungen zu. Raich hielt in ihrer Doppelrolle als Autorin und Lektorin ein Plädoyer fürs Lesen und ermunterte das Publikum, zu Weihnachten Bücher zu verschenken. An den Tod des Buches im digitalen Zeitalter glaube sie nicht, „es wird immer wieder neues Aufbäumen geben.“ Wie unterschiedlich Literatur gestaltet und wie tief wirksam sie sein kann, vergegenwärtigte das Lesefest.
Maria Raffeiner