Naturns - Gitti steckt in der Endlosschleife. Als Exfrau von Heinz Faust sitzt sie in ihrer Korrigierstube, gefrustet von der Schülerschaft und dem eintönigen Leben. Die Kinder sind zwar außer Haus, kosten aber viel. Der Ex besucht sie, um über seine Flamme, das Gretchen, zu raunzen. Es ist kaum auszuhalten. Was wohl die Karten weissagen?
In dieser empfindlichen Phase legte Selma Mahlknecht (Text und Regie) die Hauptfigur ihres Stücks „Gittis Faust“ an und setzte mit dieser 10. Produktion die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Volksbühne Naturns fort. Gitti (überzeugend gespielt von Monika Vikoler) wird vom Weibsteufel Femisto (Ruth Kofler) heimgesucht, der sie mit einer goldenen Kreditkarte bezirzt. Der Geldsegen bedeutet die Bindung an den Teufel. Kaum ist Gitti flüssig, treibt die Geldgier wunderliche Blüten. Ihre Freundin Ute ist auf einen Trickbetrüger reingefallen, Faust, der Ex, hätte die Hochzeit mit dem Gretchen zu berappen und auch Juan, ein Charmeur der übleren Sorte, hat es auf Gittis Brieftasche abgesehen. Sie steckt ihr Geld in ein Frauenunternehmen, das den weiblichen Konsum ankurbeln soll. Mittendrin stellt das kreischende Gretchen (Martina Gögele als Greta - mit wendiger Mimik) seinem Faust (Obmann Theo Mair) die etwas andere Gretchenfrage. Zwar halten die Engel ihre schützenden Flügel über Gitti, doch sie hätte es wohl auch allein geschafft, Feminismus und Finanzen in die richtigen Bahnen zu lenken. Sie mutiert trotz all der Turbulenzen nicht zum naiv-feurigen, älteren Mädchen, sondern behauptet sich gegenüber der höhnischen Femisto.
Selma Mahlknecht baute auf temporeiche Dialoge voller Witz und Brisanz. Eingestreute Zitate sowie komische Parallelen zum Faust-Stoff belustigten die Kenner:innen. Aber auch ohne Goethes Faust erreichte die Komödie das Publikum. Schnelle Szenenwechsel hielten die Spannung hoch, wobei sich die geschmackvolle Bühnengestaltung ruckzuck verändern ließ. Im voll besetzten Theatersaal gab es kräftigen Applaus für die Spieler:innen. Der altbekannte Faust hätte zu den amüsanten zwei Stunden eventuell gesagt: „Ich seh es gern, das steht dir frei; / Nur dass die Kunst gefällig sei!“
Maria Raffeiner