Elias Wallnöfer, Steinmetz und Steinbildhauer,
ist 1991 in Meran geboren und in Laas aufgewachsen.
von Christine Weithaler
Nach der Matura interessierte sich Elias Wallnöfer für den Film und sah sich mehrere Ausbildungsmöglichkeiten an. Der Film war ihm zu technisch. Er brauchte etwas zum Angreifen, etwas Handfestes, das länger Bestand hat. Durch Zufall sah er sich die Berufsfachschule für Steinbearbeitung „Johannes Steinhäuser“ in Laas an. Dort machte er seine vierjährige Ausbildung zum Steinhauer- und Bildhauergesellen. Gern erinnert er sich an das angenehme, gemeinsame Arbeiten und an die tolle Gruppendynamik, die vor allem im Abschlussjahr sehr stark war, zurück. Die breitgefächerten Ideen aus den verschiedensten Bereichen, Kunst, Architektur und Landschaftsgestaltung nahm Wallnöfer für seinen weiteren Weg mit. Dieser führte ihn zunächst für ein knappes Jahr nach Australien, dort bekam er Einblick wie in anderen Orten gearbeitet wird. Er kam ohne definiertes Ziel nach Laas zurück. Der Steinmetz beendete ein in seiner Ausbildung begonnenes Kunstwerk. In dieser Zeit reifte die Idee, sein Atelier zu Hause einzurichten und mit heimischen Laaser Marmor zu arbeiten. 2017 wagte er den Schritt in die Selbständigkeit und arbeitet seitdem als eigenständiger Bildhauer. Er möchte betonen, dass viele Menschen ihn unterstützen und ermutigten, in diese Richtung weiterzumachen.
Der Laaser Marmor hat es dem Steinmetz angetan. Das Material eignet sich bestens für die Bildhauerei. Es ist homogen und kompakt. Das Weiß des Marmors lenkt von nichts ab. Besonders gefällt Wallnöfer die puristische Anmutung des Steines.
Ein Werk beginnt mit der Ideenfindung. Bei einer Auftragsarbeit sucht er diese gezielt in diesem Bereich. Bei vorgegebenen Werken liegt die Herausforderung darin, technisch dem gerecht zu werden, was schon da ist. Bei Portraits möchte Wallnöfer den Charakter darstellen, dem Stein Ausdruck verleihen. In der freien Darstellung lehnt er seine Ideen meistens an etwas schon Bestehendem an, oder an Themen, die ihn beschäftigen. Hier ist das Spannende herauszufiltern, was für ihn stimmig ist und dies umzusetzen. Zunächst wird die gefundene Idee in ein Tonmodell verkörpert. „Während des kreativen Prozesses sind es Hunderte von Fragen, die nach und nach beantwortet werden wollen“, sagt der Künstler. Das Sammelwerk dieser Antworten ist das endgültige Modell. Dieses bietet die Basis für seine Steinskulpturen. Ein Tonmodell hilft ihm eine bestimmte Idee umzusetzen und konkret werden zu lassen. Dieses ist im ungebrannten Zustand nicht dauerhaft beständig, deshalb wird es in ein beständigeres, pflegeleichteres Material „umgewandelt“. Das noch leicht verformbare Tonmodell wird mit mehreren Gipsschichten ummantelt. Diese härten jeweils innerhalb kurzer Zeit aus. Sobald diese dabei entstehende Schalung hart genug ist, kann man sie vom Tonmodell, welches sich innerhalb bzw. unterhalb dieses „Gipsmantels“ befindet, befreien. Die übrig gebliebene Gipsschalung wird von den Tonresten befreit und gereinigt. Bei einer komplexen Form mit Hinterschneidungen wird eine Gipsschalung mit mehreren Teilen angelegt, welche vor dem Ausgießen zusammengefügt werden. Zum Ausgießen selbst: Die Schalung(en) werden mit einem Trennmittel versehen, zusammengesetzt und mit einer geeigneten Gussmasse ausgegossen. Ist die Gussmasse in der Form vollständig ausgehärtet, wird bzw. werden die Negativ-Schalung(en) entfernt. Die Gipsschalung dient also als Negativ-Form um ein Guss-Positiv zu erhalten. Nicht immer ist es sinnvoll oder möglich die Abformung mit dem Gips durchzuführen. Je nach Beschaffenheit mancher Modelle, muss man auf flexible Formteile, wie Silikon, zurückgreifen.
Wallnöfer sucht je nach Arbeit den passenden Stein. Bei der Materialwahl darf es gerne ein Marmor mit farbigen Einschlüssen sein. Bei manchen Werken hingegen ist es ihm wichtig, dass sich das Material etwas neutraler verhält, dann kommt ein rein weißer Stein zum Einsatz.
Der Steinmetz entscheidet individuell von Fall zu Fall, welcher Stein die passendsten Eigenschaften mit sich bringt. Nachdem das Rohmaterial mit den gewünschten Maßen als Block in der Werkstatt angeliefert ist, beginnt die grobe Bearbeitung mit dem Winkelschleifer. Weiter geht es mit dem Presslufthammer. Allmählich nimmt der rohe Block Form an. Schritt für Schritt entsteht die Skulptur. Je näher man sich zum fertigen Werk vorarbeitet, desto feiner und präziser wird auch das Werkzeug. Der letzte Schliff wird je nach Oberflächenbearbeitung oft sogar mit einer Feile abgeschlossen, welche sich von der Größe einer Nagelfeile nicht wirklich unterscheidet.
Die Saisonen und Jahreszeiten beeinflussen Wallnöfers Arbeiten, z. B. sind der Spätsommer und der Herbst Zeiten für Grabsteine. Für ihn ist es etwas Intimes, diese zu fertigen. Er darf Teil des Trauerprozesses sein. Der Herbst erinnert an das Vergängliche. Die Ruhe des Winters ist die Zeit des Rückzuges, die er nutzt, um neue Ideen ins Auge zu fassen. Er fertigt Modelle und setzt diese im Frühjahr und Sommer lebendig um. Diesen Wandel braucht Wallnöfer.
Bisher hat er vier Ausstellungen bestückt, 2017 bei „Marmor & Marillen“ in Laas, 2018 in Kastelbell und 2022 im April in Laas und Juli/August in Salzburg. Im Juni/Juli dieses Jahres nutzte er die Möglichkeit im Garten „Ansitz Gaudententurm“ in Partschins eines seiner Exponate gemeinsam mit anderen Künstlern auszustellen.
Heuer fertigte der junge Bildhauer im Auftrag der Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair (Münstertal, Schweiz) im Zuge der Errichtung des neuen Schaulagers des UNESCO-Welterbeklosters St. Johann in Müstair eine fast 3 Meter große Stele aus Laaser Marmor. Für das Kunstwerk hatte LASA Marmo den Stein und der Schweizer Messerfabrikant Victorinox AG - Teilhaber der LASA Marmo - die Bildhauerkosten übernommen. Die Herausforderung für ihn lag darin, etwas bereits vorhandenes, neu zu interpretieren. Inspirieren ließ sich der junge Künstler von den dargestellten Ranken und Vögeln eines 1.200 Jahre alten Ornaments, das bei den Ausgrabungen im Kloster gefunden wurde und ebenfalls im Schaulager ausgestellt ist. Es machte für Wallnöfer keinen Sinn, die starke Patina und Charakter des 1200 Jahre alten Flechtwerksteinornaments zu kopieren. „Die Geschichte, die das Ornament durchlebt hat, kann man nicht reproduzieren“, meint Wallnöfer. Er übernahm die Grundelemente, die ihn ansprachen und übersetzte sie mit eigener Handschrift. Der Schwung zieht sich über das gesamte Werk, alles soll in Bewegung sein. Es wird vermutet, dass Ranken und Vögel für das Paradies stehen. Wallnöfer stellt sich das Paradies voller Marmor vor, und da das Schaulager auch voller Marmor ist, fand er es passend. Seit Jänner dieses Jahres befasste er sich mit dem Werk. Von der Erstellung der Zeichnung, der Arbeit am Stein und der Fertigstellung vergingen sechs Monate. Er merkte, dass das Werk nicht bis zu der Eröffnung der Schaulogen am 11. Juni 2022 fertig wird. So kam die Idee die Stele vor Ort fertig zu stellen und man konnte dem jungen Steinmetz bei der Arbeit und deren Fortschritt zusehen.
Am 12. August 2022 wurde die Stele an ihren vorgesehenen Bestimmungsort, am Ortseingang westlich des Klosters St. Johann in Münstair aufgestellt. Sie dient als „Wegweißer“ zum Ausstellungsraum. Den Abschluss des doch emotionalen Auftrages bot ein gemeinsames Mittagessen aller Beteiligten im 770 Jahre alten Hotel Chavalaina.
Am Stein vertieft er sich ganz in seine Arbeit. Er konzentriert sich nur auf das Material und auf sich. Durch Mund-Hör-und Sichtschutz schottet er sich von der Außenwelt ab. „Man wird dadurch etwas eigen“, meint er schmunzelnd. Viele kleine Schritte brachten den jungen Steinmetz dorthin, wo er heute ist. Er möchte weg vom steifen sterilen Ausstellen, wenn er auch oft nicht umhin kommt, das zu tun. Zuhause in Laas auszustellen macht ihm viel Freude, die Aufregung ist allerdings auch größer. Wallnöfer möchte wieder vermehrt in seinem Heimatdorf arbeiten. Momentan renoviert er sein Atelier, um neuen Platz für neue Werke zu schaffen.