Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 

Das Schicksal des Partisanen Johann Pircher

geschrieben von
v.l. Carlo Romeo und Leopold Steurer, die Herausgeber des Buches. Dominikus Andergassen, Verlagsmitarbeiter und Übersetzer. Mitorganisator Peter Tappeiner.  Im Hintergrund: Ein Foto von Pircher (links) und Lazagna, aufgenommen in Vetzan 1992. v.l. Carlo Romeo und Leopold Steurer, die Herausgeber des Buches. Dominikus Andergassen, Verlagsmitarbeiter und Übersetzer. Mitorganisator Peter Tappeiner. Im Hintergrund: Ein Foto von Pircher (links) und Lazagna, aufgenommen in Vetzan 1992.

von Maria Raffeiner

Dem in Laas (Allitz) geborenen Johann Pircher (1924 – 2002) habe das Leben übel mitgespielt, wie Anwalt Peter Tappeiner in der Begrüßung zur Buchvorstellung betonte. Im Verlag Alpha Beta ist dazu ein Büchlein neu aufgelegt worden. Ursprünglich hat es Giambattista Lazagna in italienischer Sprache verfasst, die neue deutsche Fassung enthält einen ausführlichen Kommentar der Historiker Carlo Romeo und Leopold Steurer. Die beiden gestalteten für zahlreiche Interessierte einen Abend im Laaser Josefshaus, zu dem der Bildungsausschuss Laas geladen hatte.
Was ist Johann Pircher widerfahren? Er ist 1924 geboren und ohne familiäre Struktur aufgewachsen, sein Vater optierte. Deshalb wurde Pircher 1943 in die Wehrmacht eingezogen. Während eines Lazarettaufenthaltes desertierte er und flüchtete in die Schweiz. Er entzog sich ab diesem Zeitpunkt dem nazifaschistischen Krieg und arbeitete im Widerstand mit. Für die Organisation Patria unternahm er gefährliche Botengänge in den Vinschgau, Patria war mit dem britischen Geheimdienst und mit dem Andreas-Hofer-Bund von Hans Egarter (Südtiroler Partisanen) vernetzt. Leopold Steurer bezeichnete Pircher als einen Mann mit Zivilcourage und Mut, der nicht untätig abwartete, sondern sich für die „gerechte Sache“ zur Verfügung stellte. Dafür gebühre ihm Anerkennung, die in den Jahrzehnten nach dem Krieg nicht gewährt wurde. Antinazistischer Widerstand gehörte zu den tabuisierten Themen der Südtiroler Erinnerungskultur, erst langsam und mit einigen wichtigen Publikationen stellte sich ein neues Bewusstsein ein.
Doch die Geschichte des Partisanen Pircher ist noch nicht zu Ende. Man möchte meinen, er hätte nach Kriegsende ein friedliches Leben gehabt. Doch Pircher geriet in die Mühlen der Justiz. Er wurde in seiner Abwesenheit verurteilt, aber seine Verhaftung wurde nicht vollzogen, obwohl er nicht flüchtig war. Durch Zufall wurde er 1966 bei einer Verkehrskontrolle gestellt – und ohne Ahnung und Verteidigung kam er für neun Jahre in das Gefängnis, die Strafe hätte 25 Jahre vorgesehen. Mord und Diebstahl lautete die Anklage. Die Vorwürfe waren im Zusammenhang mit der Widerstandsgruppe aus dem Passeiertal entstanden, für die Pircher aber nicht verantwortlich war. Er beteuerte seine Unschuld und es konnten keinerlei Beweise vorgelegt werden. Da er vor Gericht nicht als Partisan anerkannt wurde, hatte er keinen Schutz und wurde als krimineller Verbrecher eingestuft. Ohne Vernetzung mit Organisationen und ohne familiäre Hilfe war Pircher der Willkür ausgeliefert. Erst 1975 kam diese in Buchform ans Licht, vom Mithäftling Lazagna nach Studium der Akten und nach Gesprächen verfasst. Er arbeitete daran, Pircher freizubekommen. Einige Presseartikel erhöhten den Druck, die Verurteilung von Johann Pircher in Frage zu stellen. Seine Freilassung erfolgte im August 1975 mit Verfügung des Staatspräsidenten Leone. Gezeichnet von den Erfahrungen, übersiedelte Pircher bald nach Südtirol. Bis 2002 lebte er zurückgezogen als Hilfsarbeiter in Vetzan, malte, tischlerte und sammelte Mineralien. In Vetzan liegt er begraben.
Eine Initiativgruppe fordert nun von der Gemeinde Laas ein angemessenes Gedenken an den Laaser Widerstandskämpfer Johann Pircher.

Gelesen 2066 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 22 24

titel Vinschgerwind 21-24

titel vinschgerwind 20-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.