Mals/Buchvorstellung - Geschichten, die auf wahren Begebenheiten beruhen, stehen im Mittelpunkt des neuen Buches „Dienstmädel in Bella Italia“ von Autorin Sabine Peer. Die Lebenserinnerungen ihrer Heldinnen, die als Dienstmädchen, Köchin, Gesellschafterin, Kindsdirn bei reichen italienischen Dienstherren in den 1950er und 1960er Jahren in Stellung waren, hat die Autorin zu lebendigen Lesestücken verfasst, die schon nur deshalb berühren, weil sie real erlebt und gelebt worden sind. Meist war es die bittere Armut im eigenen Land, die junge Frauen dazu bewog, eine Arbeit fern der Heimat anzunehmen. Geboren und aufgewachsen in Südtirol, der deutschen Provinz im Norden Italiens, waren sie auf dem Papier wohl selbst Italienerinnen, aber mit ihrem „Vaterland“, seiner anderen Kultur und fremden Sprache verband sie wenig bis nichts. Der erstarkende Tourismus in den Nachkriegsjahren, der viele vermögende italienische Gäste nach Südtirol brachte, schaffte häufig die Berührungspunkte. Und die einfachen Bauernmädchen ergriffen zahlreich ihre Chance, um aus der Not zu Hause auszubrechen, denn in Südtirol hat, politisch bedingt, der wirtschaftliche Aufschwung weit später eingesetzt als im restlichen Italien oder in vielen anderen Teilen Europas. Erst das Inkrafttreten des Zweiten Autonomistatuts im Januar 1972 brachte auch für Südtirol eine Verbesserung, sodass die Arbeitsmigration langsam zum Erliegen kam. Autorin Sabine Peer, die in Wien Slawistik/Russisch und Theaterwissenschaft studiert hat, bedient sich auch in diesem Buch (wie in ihrem Buch „Südtiroler hinter Stalins Stacheldraht. Kriegsgefangenschaft in Russland 1943-1956.“) der Methode ORAL HISTORY – mündlich weitergegebene Alltagsgeschichte, und schafft damit authentische Zeugnisse unserer Zeitgeschichte.
Auf großes Interesse ist die Lesung in MALS gestoßen. Viele waren gekommen um Sabine Peer, ihr Vater war ein gebürtiger Plawenner, beim Vorlesen zuzuhören. Alle lauschten gebannt den fesselnden Ausführungen. Anhand der biografischen Erlebnisse von fünf Südtirolerinnen in „DIENSTMÄDEL in BELLA ITALIA“ hat Sabine Peer das Aufeinanderprallen von zwei sozialen Welten aufgezeichnet, das einzige mögliche Ausbrechen von Mädchen in den 50er- und 60er-Jahren aus dem damals sehr engen dörflichen Umfeld, ihre Chance, den Horizont zu erweitern und eine Fremdsprache zu lernen, und ihren Aufbruch zu mehr Selbstständigkeit. Die schüchternen, unsicheren und unterwürfigen Bauernmädchen haben eine Entwicklung durchgemacht hin zu starken, selbstsicheren Frauen. Sabine Peer hat drei Auszüge aus den Lebenserinnerungen der fünf Südtirolerinnen vorgelesen und erzählt, wie sie zu dem Thema gekommen ist. Initialzündung war ihr ihre Mutter, die selbst als junges Mädchen bei einer Richterfamilie in Trient als Kindermädchen beschäftigt war. Die Lebenserinnerungen der Mutter hat die Autorin nicht in ihr Buch aufgenommen, aber sie waren ihr Inspiration, wann immer Fiktionalisierung nötig war.