Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 

Goldene Narben der Geschichte

geschrieben von

Schlanders/Initiative Drususkaserne - Wenn etwas zu Bruch geht, nicht mehr richtig funktioniert oder einfach aus der Mode gekommen ist, dann wird es durch Neues ersetzt, ganz egal ob es sich um Kleider, Gebrauchsgegenstände oder auch um Gebäude handelt. Erst langsam besinnen wir uns wieder darauf, Dinge zu reparieren, den Reiz der Geschichte und die Patina des Erlebten wieder wertzuschätzen.
„Die Japaner kennen die Kunst der Reparatur in verfeinerter Form schon seit Jahrhunderten. Sie heißt Kintsugi, die Reparatur mit Gold“, weiß die Landeskonservatorin Karin Dalla Torre Pichler. „In dieser Kultur bedeuten Beschädigungen und Gebrauchsspuren keinen Wertverlust. Sie gehören zum Gefäß. Es wird sorgsam geklebt und die Narbe mit Gold oder Silber veredelt. Das Gefäß geht aus dem Bruch noch wertvoller hervor.“
Für viele Einwohner Südtirols rufen die faschistische Besatzung und das Abtrennen von Tirol noch nach Jahrzehnten schmerzhafte Erinnerungen hervor. Der Bruch von damals wurde nicht vergessen und der Schmerz ging in das kollektive Gedächtnis über.
Geschichtliche Aufarbeitung brauchen wir, um als Gesellschaft mit diesem Schmerz leben zu können. Sie bewahrt uns vor dem Vergessen. Das Verneinen und Verdrängen kann vergangenes Unrecht nicht aufheben. Es führt nur zu Relativierung, verliert an Bedeutung und entschwindet nur scheinbar aus der Erinnerung. Mit dem Schleifen vieler faschistischer Denkmäler und Gebäude, hat man das Gefühl, als hätte es diese dunkle Zeit gar nicht gegeben. Viele der jungen Generationen erfahren nur noch im Geschichtsunterricht davon.
Auch die Drususkaserne in Schlanders ist vielen Menschen immer noch ein Dorn im Auge. Zu groß der Schmerz, den sie auch heute noch hervorruft. Aber vielleicht lernen wir, die Besatzung als eine Erfahrung mehr zu betrachten, ein Ereignis, das uns ungewollt definiert hat, Spuren und Narben hinterlassen hat. Diese Verletzungen haben uns noch wertvoller gemacht. Selten sieht man eine so lebendige Tradition und aktiv gelebtes Brauchtum wie in Südtirol mit seinen Musikkapellen, Schützenvereinen und anderen traditionellen Gruppen. Wenn der Widerstand groß ist, rücken die Menschen zusammen, stehen für das ein, was ihnen wichtig ist. Diese wertvolle Erfahrung prägt uns bis heute. Wir müssen nur noch den heutigen Wert dieser Risse erkennen.
Die Gebäudehülle der Drususkaserne bietet die einmalige Chance, Vergangenes aufzuarbeiten ohne die Opfer unserer Vorfahren in Vergessenheit geraten zu lassen. Innovative Inhalte haben die Sprengkraft, faschistisches Gedankengut definitiv zu besiegen und Brücken zwischen den Sprachgruppen innerhalb eines vereinten Europas zu bauen. Wir haben die Möglichkeit, unsere Narben mit Gold zu veredeln.
Die Initiative Drususkaserne setzt sich für die geschichtliche Aufarbeitung statt Verdrängung ein. Was ist eure Meinung zu diesem Thema?

Schreibt uns unter: idrukas@gmail.com

Gelesen 1089 mal
Mehr in dieser Kategorie: « Braunviehschau Biodiversität im Fokus »

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 22 24

titel Vinschgerwind 21-24

titel vinschgerwind 20-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.