Bozen/Stilfser Joch - Die Region Lombardei und das Land Südtirol haben heute (11. April) die Gesellschaft „Stilfser Joch“ gegründet und vorgestellt. Sie soll die Passhöhe und den Zugang nachhaltiger machen.
Das Gebiet um das Stilfser Joch auf nachhaltige Weise aufzuwerten, ist das Ziel der am heutigen Montag (11. April) aus der Taufe gehobenen Gesellschaft „Stilfser Joch GmbH“. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher und der Präsident der lombardischen Land- und Forstwirtschaftsdienste (Ente regionale per i servizi dell‘agricolutra e le foreste - ERSAF), Alessandro Fede Pallone haben die Gründungsurkunde in Bozen unterzeichnet und gemeinsam mit dem für Bergpolitik zuständigen lombardischen Assessor Massimo Sertori sowie den Südtiroler Landeshauptmannstellvertretern Giuliano Vettorato und Daniel Alfreider und dem Direktor der Südtiroler Transportstrukturen AG STA, Joachim Dejaco, die Ziele der Gesellschaft und eine erste Studie zur kurz- bis langfristigen Aufwertung der Passhöhe vorgestellt.
Bei der Vorstellung hob Landeshauptmann Kompatscher die Anziehungskraft des Stilfser Jochs hervor: „Der mit 2758 Metern ü.d.M. höchstgelegenen Pass Italiens ist in den schneefreien Monaten Ziel für unzählige Menschen, die mit dem Auto, Motorrad aber auch mit dem Rad hierherkommen. Sie genießen inmitten des Nationalparks Stilsfer Joch und des Ortlergebiets eine unglaubliche Naturkulisse und eine historisch einmalige Passstraße.“ Gerade auf der Passhöhe biete sich ihnen aber ein eher chaotisches Bild. „Mit der Gesellschaft wollen wir sowohl die Passhöhe selbst auf nachhaltige Weise aufwerten und besucherfreundlicher gestalten als auch den Zugang zur Passhöhe langfristig nachhaltiger machen“, sagte Kompatscher. Die Gesellschaft „Stilfser Joch“ habe den Auftrag, eine Art „Eintrittspreis“ zu prüfen, die Zugang zu allen künftigen Diensten auf dem Pass bietet und somit mehr als eine reine Maut sei. Auch ein Vormerksystem sei angedacht, um den Zugang zu staffeln.
Der lombardische Assessor Sertori betonte, dass diese Initiative von „unten gewachsen“ und gerade für die Bevölkerung der umliegenden Ortschaften ein sehr gefühltes Thema sei: „Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Thema. Mit der heutigen Gründung der Gesellschaft geben wir den Startschuss für einen langen Weg, an dessen Ende wir einen Mehrwert für alle erreichen wollen.“ Sowohl ERSAF-Präsident Alessandro Fede Pallone als auch die Südtiroler Landeshauptmann-Stellvertreter Giuliano Vettorato als Landesrat für Energie und Umwelt und Daniel Alfreider als Landesrat für Mobilität und Infrastrukturen verwiesen auf den ganzheitlichen Aspekt der Nachhaltigkeit, die man mit diesem Projekt verfolge: In diesem Fall gehe es um den Umweltgedanken, aber auch den Tourismus, die Mobilität und die Einbeziehung der Menschen vor Ort. „Wir wollen erreichen, dass die Besucherinnen und Besucher inmitten eines Nationalparkgebietes nicht nur von der Landschaft selbst, sondern auch von der Qualität unserer Dienste begeistert sind“, sagte Fede Pallone. Vettorato sprach von einem „historischen Moment für die Umweltpolitik, bei dem sich zeigt, dass Nachhaltigkeit nur ressortübergreifend gedacht und erreicht werden kann.“ Alfreider errinnerte daran, dass bereits ein passüberquerendes Verkehrsmonitoring laufe: „Dieses bildet die Voraussetzung für künftige Systeme der Verkehrssteuerung, gleichzeitig wollen wir die umweltfreundliche Radmobilität aufwerten.“
Eine erste Studie für die Umgestaltung der Passhöhe Stilfser Joch ist bereits vorhanden. Die Gesellschaft „Stilfser Joch“ hat nun den Auftrag, diese Studie weiterzuentwickeln und schrittweise umzusetzen. STA-Direktor Joachim Dejaco stellte die wesentlichen Inhalte der Studie vor: „Das vom Architekten Arnold Gapp entwickelte Konzept sieht kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen vor.“
Kurz- und mittelfristige Maßnahmen
Kurz- und mittelfristig sind ein Infopoint, Parkplätze für Fahr- und Motorräder und öffentliche Sanitäranlagen geplant. Auch ein echter „Willkommenspunkt“ für Radfahrer mit Radservice, Verleih und Aufladestation für E-Bikes sowie ein Bike-Depot sind laut Dejaco vorgesehen. Parken für alle Verkehrsteilnehmenden – sprich PKW, Motorräder, Fahrräder – soll gebührenpflichtig werden. Eine geplante Aussichtsterrasse soll den Blick auf die spektakulären Kurven der Stilfserjochstraße von der Franzenshöhe bis zum Pass erlauben.
Auch der 130 Meter lange Straßenverlauf auf der Passhöhe wird laut Konzept optisch aufgewertet werden, gemeinsam mit den Freiflächen links und rechts der Straße. Unter anderem wird direkt auf der neu asphaltierten Straße der Schriftzug „2.758m ü.d.M.“ den höchsten Punkt der Passstraße markieren. Geländestufen, Mauern, Abgrenzungen und Ähnliches sollen entfernt werden.
Die Studie sieht zudem vor, die noch erhaltene historische Kapelle zu sanieren, das Denkmal für den Erbauer der Stilfserjochstraße, Carlo Donegani, direkt vor der Passhöhe neu zu positionieren und die umliegenden Flächen bei beiden neu zu gestalten.
Längerfristige Schritte
Als längerfristiges Ziel hingegen soll die Passhöhe eine neue Hauptattraktion erhalten: Ein Multifunktionsgebäude, das als Museum, Ausstellungsfläche und Raum für kulturelle Veranstaltungen rund um Geschichte und Gegenwart der Passstraße dienen soll: Der Bau der Passstraße von 1820 bis 1825 soll ebenso thematisiert werden wie der Alpenübergang aus historischer Sicht, der Erste Weltkrieg und die Ortlerfront, die Entwicklung des Sommerskilaufes, das Aufkommen des Alpinismus im Ortlergebiet und der Radsport am Stilfser Joch. (LPA)