Dass aus der Diskothek Fix in Laas ein Wertstoffhof werden soll, stößt auf große Kritik.
Den Jugendlichen im Vinschgau wird damit ein wichtiges Angebot entzogen. Die große Frage
vor diesem Hintergrund lautet: Wieviel ist den politischen Entscheidungsträgern im Vinschgau
die Jugend wert?
von Angelika Ploner
Die gute Nachricht vorab: Die Disko Fix wird aller Voraussicht nach noch einmal die Tore öffnen. „Klappt alles, dann bis Ende Juni 2023“, sagt Pächter Thomas Ramoser dem Vinschgerwind. Man hat sich mit der Gemeinde Laas und der Raika Ritten auf diese Übergangsfrist geeinigt. Seitdem die Gemeinde Laas die Liegenschaft um der Diskothek Fix angekauft und daraus einen Wertstoffhof machen will, gehen die Wogen hoch. Die Kritik: Den Jugendlichen wird ein beliebtes Angebot entzogen, eines, das es dringend braucht. Mit anderen Worten: Es ist ein politisches Abwürgen des Nachtlebens im Vinschgau.
Die Vorgeschichte. Die Liegenschaft um die Diskothek Fix wurde vor wenigen Monaten zum Verkauf ausgeschrieben. Der Besitzer: Die Raika Ritten. Warum gerade die Raika Ritten zu einer Liegenschaft im Vinschgau kommt, ist schnell erklärt. „Über einen Leasingvertrag“, heißt es dort auf Nachfrage. Weil der Kunde in Schwierigkeiten kam, fiel die Liegenschaft auf die Bank zurück. Man hat das Gebäude ausgeschrieben, mit dem Pächter und anderen Interessenten geredet. Letztendlich hat sich die Gemeinde Laas zum Kauf bereit erklärt. Der Kaufpreis: 750.000 Euro. Die Zweckbindung: Wertstoffhof. Bis Ende Juni 2023 läuft nun die Galgenfrist. Das ist auch jener Zeitraum, wo ein neuer Standort für eine Diskothek gefunden werden soll. Zumindest ist dies bei einer Bürgermeisterrunde samt Jugendreferenten und Jugenddiensten am 19. Jänner 2022 besprochen worden. Dass ein neuer Standort gefunden wird, ist unwahrscheinlich. Fakt ist, dass keine Liegenschaft im Vinschgau besser für eine Diskothek geeignet ist, wie eben jene in Laas. Im Mittelvinschau gelegen, abseits vom Dorf mit Parkplatz und guter Erreichbarkeit ist der Standort geradezu prädestiniert. So war es fast 20 Jahre lang. Verena Tröger, die BMin von Laas: „Wir sind uns durchaus bewusst, dass es im Vinschgau eine Diskothek für die Jugendlichen braucht und das ein Problem ist. Die Türen sind aber noch nicht ganz zu.“
Alarmstufe rot. Die Jugenddienste haben Alarm geschlagen und eine Umfrage gestartet. Der Bedarf ist groß (s. Stellungnahme + Umfrage rechts) und übersteigt bei weitem das Angebot. Lässt die Politik einen Normalbetrieb nach dem 31. Jänner 2022 zu, so wird „Enzo“ in St. Valentin, die „Hölle“ in Schlanders und - für die Jugendlichen irrelevant - Apres Club in Sulden wieder öffnen. „Wir öffnen, wenn wir normal arbeiten können“, sagt Benno Lincata von „Enzo“ zum Vinschgerwind. Hubert Frischmann, seit 35 Jahren Pächter der „Hölle“: „Wenn wir normal arbeiten können, öffnen wir, aber es braucht im Mittelvinschgau auf alle Fälle noch eine Disko, wir können das nicht alleine bewältigen.“ Die Meinung unter den Betreibern lautet unisono: Für die jungen Leute ist das eine sehr traurige Zeit. „Die Auswirkungen werden sich erst in den nächsten Jahren zeigen“, ist Tobias Stecher vom Jugenddienst überzeugt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wieviel ist den politischen Entscheidungsträgern die Jugend im Vinschgau wert. Es liegt jetzt in erster Linie an der Gemeinde Laas, in zweiter Linie am Bezirksausschuss, Prioritäten und Zeichen für die Zukunft zu setzen. Die Frage, die es zu beantworten gilt, ist einfach: Will man Leergut oder der Jugend einen Platz im Vinschgau geben.
Stellungnahme: Nachtleben im Vinschgau
Das Nachleben ist ein zentraler Entwicklungsraum im Leben junger Menschen. Es ist ein Gelegenheitsraum zum Ausprobieren und Experimentieren: neue Menschen, neue Interessen und auch neue Rauscherfahrungen sind dort erlebbar. Diese Risikoerfahrungen sind im Auge der Erwachsenen auch mit Ängsten verbunden. Junge Menschen hingegen erleben Bewusstseinsveränderungen, können dadurch ihre Komfortzone erweitern und besser verstehen. Das alles ist für die Identitätsentwicklung in der Achterbahnfahrt des Aufwachsens wichtig. Als Jugendarbeit sind wir seit jeher dabei ein qualitatives Nachtleben zu fördern und Jugendkultur seinen verdienten Platz zu geben. Die Erwachsenenwelt mit ihrem Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung wusste Jugendkultur aber oft genug zu verhindern. Verbotene Festivals, scharfe Kontrollen bei Konzerten und die Intoleranz gegenüber lauter Musik gibt es auch im Vinschgau seit langem. Die Pandemie treibt diese Problematik auf den Höhepunkt, waren nächtliche Treffen ja nur noch illegal möglich. Alternativen wie Diskos, Bars und Feste gab es keine, obwohl sie gebraucht wurden. Schützende Rahmenbedingungen wie Verantwortlichkeit oder qualifiziertes Personal fehlen in diesen Privatfeiern völlig. Das Wegsterben einiger Diskos im Tal wird diese Eigeninitiativen befeuern und zusätzliche Probleme schaffen: Lärmbelästigung in zentralen Orten, exzessiver Konsum, Mobilitätsprobleme in abgelegenen Orten bis hin zur Abwanderung. Das Thema brennt unter den Nägeln, was die 2.400 Teilnehmer unserer Onlineumfrage deutlich machen: Drei Viertel der Antworten fordern vielfältige und gut erreichbare Ausgehmöglichkeiten. Für einen Diskobetreiber in Vollzeit scheint der Vinschgau jedoch nicht mehr interessant zu sein. Die politischen Gemeinden tragen deshalb als sozialpolitische Vertretung der Gesellschaft Mitverantwortung und müssen für ermöglichende Rahmenbedingungen sorgen. Als Jugendarbeit kritisieren wir die Profitmaximierung und den Konsumzwang der auf Kosten von jungen Menschen von manch kommerziellen Betreiber verantwortungslos betrieben wird. Wir sind gerade deshalb der Auffassung, dass diese Situation eine große Chance für Veränderung sein kann. Es braucht neue Wege die Qualität in den Vordergrund und den Konsum in den Hintergrund stellen. Dafür braucht es ein starkes Netzwerk, Plattformen die Mitbestimmung zulassen und eine Gesellschaft die Jugendkultur respektiert. Und wie die Umfrage zeigt, gibt uns die Vinschger Jugend Recht. Auch sie sind bereit zum Erhalt des Nachtlebens mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Talente beizutragen.
Tobias Stecher, Jugenddienst