Christine Schönweger und Sohn Felix von Sölder bewirtschaften den „Gaudenz Gutshof Isser“ in Partschins. Christine ist passionierte Schnapsbrennerin, Felix kümmert sich um Äpfel und Wein.
von Erwin Bernhart
Der Gaudententurm in Partschins fällt auf, hat einen wunderbaren und inspirierenden Garten und einladende Keller mit Steinmauern und Gewölbe. Gern nutzt auch der Tourismusverein Partschins den Garten und die Schlossumgebung für Veranstaltungen, etwa „Ollz hondmocht“ oder sogar „Gaudenz rockt“. Christine Schönweger ist dann begeistert, wenn der Garten bevölkert ist, wenn die Gäste staunen, wenn sich die Leute gut unterhalten, die Umgebung genießen. Christine Schönweger ist aber auch ein Gesicht für Partschins und sie war bei den Charakterköpfen dabei, die international für die Marke Südtirol geworben haben. In der Schweiz ist vor einigen Jahren ihr Porträt auf großen Plakaten mit dem Titel „Ich brenne“ zu sehen gewesen. Christine hat beim „Perfekten Dinner“ im Sender VOX Südtirol vertreten. Sie hat bei den „50 Gründe, warum wir Südtirol lieben“ beim Rundfunksender Berlin Brandenburg mitgemacht. „Unglaublich, was das alles bewirkt hat“, staunt Christine.
Christine hat vor mehr als 20 Jahren ihre ersten Reben in ihrer Wiese in Pröfing gesetzt, die ersten Weinfässer gekauft. Damals hat sie nur ein unverständiges Lächeln in Partschins geerntet. Äpfel waren für Christine zu wenig. Sie suchte neue Herausforderungen. „Die Entwicklung ist gut verlaufen“, blickt Christine zurück. Vor ein paar Jahre ist ihr Sohn Felix in die Landwirtschaft eingestiegen und managet Äpfel und Wein. Neben den Golden Delicious keltert Felix die Trauben für Müller Thurgau, Vernatsch, Zweigelt und Goldmuskateller. In einem Teil der Gartenanlage wachsen die Reben und ein Weingut hat er in Algund gepachtet. „In den steilen Terrassen ist alles Handarbeit“, sagt Felix. Im Keller stehen mehrere Weinfässer, die Weinpresse, allerlei Gerätschaft. „Wein ist meine Leidenschaft“, sagt Felix. Felix kommt vom Apfelklauben zum Termin mit dem Vinschgerwind. „Mein Risiko, meine Entscheidungen“, sagt Felix und beginnt mit Leidenschaft über die Obstwirtschaft zu diskutieren, über die Zukunft, über die Wirtschaftlichkeit, über den Rebschnitt, über Hagelnetze, über Spritzmittel. Beim Wein allerdings holt er sich Rat von Mutter Christine: „Wir wollen den optimalen Zeitpunkt für die Ernte, für das Wimmen gemeinsam festlegen.“ Felix hat sein Wissen und sein Wirtschaften aus der Erfahrung zu Hause („Ich hatte in meiner Schulzeit ein paar Panzelen zu Hause zur Verfügung“), aus der Laimburg und vor allem von prägenden Praktikas auf anderen Höfen. So hat er von Martin Aurich am Unterortlhof viel gelernt. Ratschläge und Diskussionen gibt es auch im Kollegenkreis.
Trotzdem. Es sei ein permanentes Lernen. Denn jedes Jahr bringt aufgrund von Witterung und anderen Einflüssen andere Früchte hervor. Aber die Früchte seines Tuns werden mehr und mehr sichtbar. So hat der Falstaff Wein Guide 2021/2022 die „Weinunikate, die mit Kraft und Persönlichkeit überzeugen“ den Kellermeister Felix von Sölder gelobt und mit einem Stern versehen. Auch der Vernatsch 2019 bekam Lob: Vier Sterne von „Vinibuoni Edizione 2022“.
Der Name des Hofes weist auf eine reichhaltige Geschichte des Ansitzes. Gaudenz von Partschins ist der erste Erbauer. Seine Geschichte beginnt 1348. Der Ansitz wechselt in den folgenden Jahrhunderten mehrmals Besitzer bis 1792 der Meraner Stadtschreiber Anton Simon von Isser den Gaudententurm erwirbt. Dessen Nachkommen – Felix ist ein Isser-Nachkomme - bewohnen und bewirtschaften den Ansitz bis heute und haben den alten Gemäuern mit ihrer Leidenschaft für edle Tropfen sprichwörtlich neuen Geist eingehaucht.
Den „neuen Geist“ hat auch Christine hineingebracht, mit dem Schnapsbrennen, mit den Edelbränden. Nicht alle Äpfel bringt Felix in die Genossenschaft. Einige hängen länger an den Bäumen und diese Äpfel sind für Christine reserviert. Nach dem „Maischen“, dem Ansetzen der Äpfel mit Hefe und nach einer bestimmten Gärungszeit, in der die Hefen den Zucker zu Alkohol verstoffwechseln, brennt Christine Apfelbrände aus Jonagold, aus Golden Delicious, aus Morgenduft, aus Braeburn, mischt Golden Delicious mit Quitte oder Golden Delicious mit Himbeeren. Auch Edelbrände aus Williams Christ Birne, einen Zwetschgenbrand und Vinschger Marille stellt Christine her. Alle Edelbrände in limitierter Auflage. Dreh- und Angelpunkt ist der Ab-Hof-Verkauf. Auf Anfrage veranstaltet Christine Verkostungen. Mit ihrer „ Hofbrennerei Gaudenz“ ist sie das einzige weibliche Mitglied im Verband der Hofbrennereien Südtirols. Zum Brennen inspiriert wurde sie von Martin Aurich, der selbst renommierter Hofbrenner ist. Christine bildet sich laufend fort und hat in Salzburg den Kurs des Edelbrandsommeliers absolviert.
Christine ist neugierig und experimentierfreudig. Der ehemalige Schafstall im Ansitz Gaudententurm ist heute ein prächtiger Keller umgeben von Natursteinmauern. Neben zu Tischen umfunktionierten Weinfässern mit Stühlen und neben mit Wein gefüllten Eichenfässern steht dort eine Amphore aus Ton. Christine hat in der großen Amphore einen Morgenduftbrand zur Reifung eingelagert. „Ich bin selbst gespannt, wie der werden wird“, lacht Christine, denn das Unterfangen ist eine Premiere. Und noch eine Premiere und eine Besonderheit lagert im Keller: der erste Gemeinschaftsbrand der Südtiroler Hofbrennereien. In einem Eichenfass reift ein Gemisch aus verschiedenen Apfelbränden einiger Hofbrennereien. In einem anderen Eichenfass ein Gemisch aus verschiedenen Grappas. „Das ist eine gemeinsame Aktion und die zeugt von Gemeinschaft“, freut sich Christine, die es als Ehre empfindet, die Fässer in ihrem Keller lagern zu können. Nach der Reifung bekommt jeder Hofbrenner seinen eingelagerten Anteil zurück.