Vinschgau/Südtirol - EURAC - Mit ihren wuchtigen Stämmen, einer ausladenden, von Blüten oder Früchten geschmückten Baumkrone und einem blühenden Untergrund liefern sie ein wunderschönes Postkartenmotiv: Streuobstwiesen. Sie sind außerdem Lieferanten für schmackhaftes Obst, Futter und Streu für die Tiere und für Brennholz. Ganz nebenbei sind sie aber auch ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.
Waren sie einst Markenzeichen einer jeden Hofstelle unserer Täler sucht man sie heute oft vergebens. Verbliebene „Anger“ oder „Pangerter“, wie sie hierzulande traditionell genannt werden, müssen intensiveren Kulturformen oder Siedlungen weichen – ein Trend, dem nun die Initiative „Baumgart“ entgegenwirken möchte. Baumgart ist eine Gruppe aus Institutionen und Vereinen, bestehend aus Roter Hahn (Bauernbund Südtirol), Bioland Südtirol, Heimatpflegeverband Südtirol, Amt für Natur, Eurac Research, Sortengarten Südtirol und dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz. Diese Initiative möchte auf den Mehrwert dieses einzigartigen Lebensraums hinweisen. Die erste Aktion von Baumgart ist ein Fotowettbewerb, zu dem alle Interessierten aufgerufen sind, und bei dem es tolle Preise zu gewinnen gibt.
FOTOWETTBEWERB BAUMGART
Wer kann teilnehmen: alle Interessierten
Zeitraum: 30. April – 20. September 2021
Was soll fotografiert werden: Streuobstwiesen (Pangert, Anger)
Kriterien: max. 5 Fotos pro Person und nur ein Foto pro Standort
Auswahlkriterien für die Prämierung: prämiert werden die schönsten Fotos
Gewinne: Geschenkskorb mit Südtiroler Produkten, Obstbaum für den eigenen „Baumgart“, Samenmischung mit verschiedenen Gemüsesamen für den Gemüsegarten
Fotos an: baumgart@outlook.it
(Benennung der Fotos: Vorname – Nachname – Fotonummer – Name des Hofes, der Wiese oder genaue Lokalität) (Beispiel: Max – Mustermann – Foto Nr.01 – Moarhof Bozen – ggf. Koordinaten)
Weitere Informationen zum Fotowettbewerb unter: https://www.eurac.edu/de/research/mountains/alpenv/services/Pages/Photo-contest.aspx
Doch was genau sind Streuobstwiesen eigentlich?
Traditionelle Elemente unserer Kulturlandschaft
Streuobstwiesen bestehen aus mehreren freistehenden, hochstämmigen und verstreut angelegten Bäumen. Dies erlaubt einen Bewuchs mit einer wiesenartigen Vegetation, wodurch die Streuobstwiesen die Produktion von Obst mit der Bereitstellung von Grünfutter oder Streu kombinieren. Damit sind sie eine extensive, multifunktionale und traditionelle Form der Landnutzung. Der Baumbestand einer Streuobstwiese besteht in der Regel aus Kern- und/oder Steinobst (Apfel, Birne, Quitte, Mispel; Marille, Zwetschge, Pfirsich, Kirsche, Sauerkirsche), gelegentlich sind Nussbäume oder Esskastanien mit dabei.
Hinter den idyllischen Pangerter verbirgt sich jedoch auch eine gehörige Portion Arbeitsaufwand, die vielfach nicht maschinell ausgeführt werden kann. Dies ist einer der Gründe, warum die Streuobstwiesen fast allerorts intensiven Obstanlagen wichen oder ihre Bewirtschaftung schlicht aufgegeben wurde. Trotzdem bieten die Baumgärten auch einige Mehrwertfunktionen, die nicht außer Acht gelassen werden sollten.
Mehrwert der Streuobstwiesen
Streuobstwiesen sind eine traditionelle Anbauform in Südtirol und zahlreiche Herstellungsverfahren und Produkte sind an sie gebunden. Hier stehen außerdem vielfach seltene, alte und autochthone Sorten in Kultur. Somit haben Streuobstwiesen einen hohen kulturellen Wert. Das hochwertige Obst dieser oft alten Sorten ist im Geschmack unverwechselbar. Somit sind sie ein idealer Ausgangspunkt für eine Qualitätsküche. Die Möglichkeiten für die Veredelung sind mannigfaltig (z. B. Marmeladen, Säfte, Destillate). Dadurch bergen Anger einen hohen kulinarischen Wert. Mit ihren oft alten knorrigen Bäumen oder mit Blüten, Äpfeln und Birnen übersäten Ästen besitzen Streuobstwiesen einen hohen ästhetischen und Erholungswert. Dies spielt eine große Rolle für den Erlebniswert unserer Kulturlandschaft. Der ästhetische Wert ist besonders für den Urlaub auf dem Bauernhof ein wichtiger Faktor, stellen doch alte Obstbäume eine besondere Zierde für die Hofstellen dar. Anger sind jedoch nicht nur ein attraktives Landschaftselement, sondern können auch eine wirtschaftliche Bedeutung haben. Zwar ist in den letzten Jahrzehnten ein Teil dieser ökonomischen Bedeutung verloren gegangen, doch zeigen zahlreiche Beispiele im In- und Ausland, dass sie in vielerlei Hinsicht ökonomisches Potential besitzen und das gewonnene Obst bzw. die Veredelungsprodukte sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Nicht zu unterschätzen ist außerdem der unverzichtbare ökologische Wert von Streuobstwiesen. Durch die Kombination aus hochstämmigen Einzelbäumen und einem extensiv bewirtschafteten Grasland sind sie ein wertvoller Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen.
Aktivitäten von Baumgart
Mit einer Reihe von Veranstaltungen und Aktionen will die Initiative Baumgart ein Bewusstsein für all diese Funktionen von Streuobstwiesen schaffen. So laden die Initiatoren neben dem Fotowettbewerb am 5. November zur Auftaktveranstaltung, die Anger aus allen Blickwinkeln beleuchten will. Schließlich organisiert der Südtiroler Bauernbund in Zusammenarbeit mit Baumgart eine Weiterbildungsveranstaltung zum Thema.
Julia Strobl, Eurac Research