Nationalpark Stilfserjoch - Aktualisierungen zum Wolf - Abklärungen zum landeseigenen Management

geschrieben von
Wolf und Braunbär sind in die Alpen zurückgekehrt.  Beide Beutegreifer polarisieren stark und wecken Ängste. Ohne ihr Management wird die viehhaltende Berglandwirtschaft mit Almsömmerung auf mittlere und lange Sicht gefährdet. Auch die Imkerei wird durch den Bären weiter Schäden erleiden. Schutzzäune und Koppelhaltung von Schafen sind im Berggebiet realistischer Weise nicht umsetzbar, bestenfalls im Hügelland und bei Milchschafen, die zum Melken täglich zusammengetrieben werden.  Der Erhalt der genetischen Variabilität von seltenen Haustierrassen wie z.B. dem Villnösser Brillenschaf ist auf gleicher Augenhöhe zu bewerten wie jene der Prädatoren. Foto: Foto: Roberto Caranante Wolf und Braunbär sind in die Alpen zurückgekehrt. Beide Beutegreifer polarisieren stark und wecken Ängste. Ohne ihr Management wird die viehhaltende Berglandwirtschaft mit Almsömmerung auf mittlere und lange Sicht gefährdet. Auch die Imkerei wird durch den Bären weiter Schäden erleiden. Schutzzäune und Koppelhaltung von Schafen sind im Berggebiet realistischer Weise nicht umsetzbar, bestenfalls im Hügelland und bei Milchschafen, die zum Melken täglich zusammengetrieben werden. Der Erhalt der genetischen Variabilität von seltenen Haustierrassen wie z.B. dem Villnösser Brillenschaf ist auf gleicher Augenhöhe zu bewerten wie jene der Prädatoren. Foto: Foto: Roberto Caranante

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Benedikt, 21. März 2021

Nach fast 150-jähriger Abwesenheit ist der Wolf (Canis lupus) 2008 in Südtirol wieder aufgetreten, als an der Landesgrenze zum trentiner Fleimstal ein Exemplar tot geborgen wird. 2010 setzt sich der Rüde M24 am Grenzkamm zwischen Ulten und dem Deutschnonsberg aus der Schweiz kommend für einige Jahre fest. 2012 zieht der besenderte slowenische Wolf Slavko aus der dinarischen Population über die Steiermark und Kärnten durch das Pustertal weiter und paart sich in den Lessinischen Bergen mit einer Wölfin aus den Apenninen und gründet an der Provinzgrenze Vicena zu Trient ein Rudel.

Derzeitiger Bestand
Im Jahr 2020 sind für Südtirol aus dem genetischen Monitoring von Haaren und Ausscheidungen 16 Wolfsgenotypen erfasst worden, 9 Fähen und 7 Rüden.
Die Schätzung des Wolfsbestandes im italienischen Teil des Alpenbogens (Winter 2017-18, Marucco 421B1 SW 2017 Lorenzo Shoubridgeet. al., 2018) geht von über 100 Wolfsrudeln auf einer Gesamtfläche von 17.500 km² aus (z. Vgl. die Landesfläche Südtirols beträgt 7.400 km²). Der europaweite Wolfsbestand wird derzeit mit ca. 17.000 Individuen angegeben (Quelle: Large Carnivore Initiative for Europe, 2018).

Schutzstatus
Der Wolf ist durch die Berner Konvention (19. Sept. 1979) und die Habitat-Richtlinie der Europäischen Union 92/43/EWG auf der höchsten Schutzstufe geschützt. Regulierungsmaßnahmen über Ausnahmeregelungen zur Wolfs- und Bärenpopulation fallen bisher in die Kompetenz des staatlichen Umweltministeriums. Weil sich die Konfliktsituationen durch Nahbegegnungen mit Verletzungen von Menschen durch Bären im Trentino, durch Wolfs- und Bärenrisse an gealpten Weidetieren und Haustieren und Zerstörungen von Bienenvölkern durch den Braunbären verschärft haben, hat der Südtiroler Landtag im Jahr 2018 das Landesgesetz 11/2018 verabschiedet, um über die von der EU-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen („deroghe“) ein Wolfsmonitoring und -management in Landeskompetenz zu beginnen. Das Südtiroler Landesgesetz hat vor dem Verfassungsgerichtshof die Abklärung der Zuständigkeit des Landes Südtirol bestanden.

Der nationale Managementplan zum Wolf stockt
Im Gegensatz zum Braunbären (Ursus arctos), für den es einen genehmigten nationalen Interventionsplan gibt (PACOBACE: Piano d´Azione Interregionale per la Conservazione dell´Orso Bruno nelle Alpi centrali-orientali), fehlt bisher ein solcher staatlicher Plan für das Wolfsmanagement. Die Diskussion zu dem seit 2015 bestehenden technischen Dokument hat sich gerade an den Ausnahmeregelungen („regime di deroghe“) in den Labyrinthen des Ministeriums verfangen.

Eigenständiges Management angestrebt
Zusammen mit der Autonomen Provinz Trient hat der Südtiroler Landeshauptmann mit dem Landesamt für Jagd und Fischerei im Februar 2021 in der Anwendung des Landesgesetzes 11/2018 Richtlinien zum Wolfsmanagement verfasst und dem Umweltministerium und dem nationalen wissenschaftlichen Referenzinstitut ISPRA zur Begutachtung vorgelegt.
1136B3 SW 2017 Vincenzo MarteganiDiese Richtlinien sehen ein durchgehendes Wolfsmonitoring und Managementmaßnahmen in Umsetzung durch das Land Südtirol vor. In ultima ratio auch bis zu maximal 5 Wolfsabschüsse pro Jahr. Die Richtlinien bedürfen des positiven Gutachtens durch ISPRA. Darauf wird derzeit gewartet.
Zur genetischen Vielfalt gehört auch der Erhalt der Vielfalt von Haustierrassen. Und von der genetischen Vielfalt unter Einbezug auch der seltenen Haustierrassen her betrachtet: Das Villnösser Brillenschaf ist derzeit gefährdeter als der Wolf.

 

Ferruccio Tomasi

1937-2021

Presidente 1Am 16. März ist Ferruccio Tomasi 84-jährig verstorben. Ferruccio Tomasi war von 2004 bis zur Auflösung des Konsortiums Nationalpark Stilfserjoch und dem Übergang der Verwaltungskompetenzen zum Nationalpark an die Länder im Jahr 2016 zwölf Jahre lang Präsident des Nationalparks Stilfserjoch. Er stammte aus dem ländlichen Raum der oberen Val Camonica und hatte viel Verständnis für die Bedürfnisse dieses ländlichen Raumes und der peripheren Randlagen. Ferruccio Tomasi ist in seinem Heimatort Canè di Vione begraben worden.
Er ruhe in Frieden!

Gelesen 3001 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.