Schlanders/Vinschgau - Hinter dem Veranstalter SkepTisch stecken kritische Köpfe aus Eyrs: Damian Eberhöfer studiert Chemieingenieurswesen in Wien, Valentin Zangerle besucht die Maturaklasse des Realgymnasiums Schlanders. Mit einigen Unterstützern luden sie am 18. Februar zu einem Abend rund um „Herausforderung Klimawandel – A hoase Soch für Südtirol?“ und weckten das Interesse für Thema und Veranstaltungsformat bei einer großen Gruppe von Zuhörern aller Altersschichten. Eberhöfer stellte SkepTisch und seine Anliegen vor, wissenschaftliche Vorträge und auf Fakten basierende Diskussionen anzubieten. Zur ersten Ausgabe konnte er namhafte Referenten begrüßen, die unentgeltlich Einblick in den Forschungsstand und ihr Arbeitsfeld gaben.
Weltklima und Aussichten für Südtirol
Prof. Georg Kaser, Gletscher- und Klimaforscher aus Meran und an der Uni Innsbruck tätig, führte in das komplexe Phänomen der Erderwärmung ein. Er zog den Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter und beteuerte die Wichtigkeit vom 1,5-Grad-Ziel: Die Mitteltemperatur der Erdoberfläche dürfe sich nicht weiter erwärmen, ansonsten drohten aufgrund des gestörten Energiehaushalts weitreichende Folgen. Der Sonderbericht des Klimarats zu dieser Thematik habe zu einer gesellschaftlichen Veränderung beigetragen, wie auch die Protestbewegung Fridays for Future von Greta Thunberg und die unmittelbar spürbare Umstellung des Klimas. Kaser demonstrierte den aktuellen Stand der menschengemachten Erwärmung. „Wenn wir so weitermachen, werden wir in ca. 15-20 Jahren diesen Plafond von 1,5°C durchstoßen“, warnte der Klimaforscher eindringlich. Unter diesem Messwert zu bleiben, hieße Maßnahmen ergreifen und CO2 und andere Treibhausgasemissionen schnell und drastisch zu reduzieren.
In dieselbe Kerbe schlug der Klimaforscher Marc Zebisch von der Bozner EURAC. Er leuchtete die Auswirkungen des Klimawandels auf Südtirol aus. Sie bringen Veränderungen für die Gesellschaft und Wirtschaftssektoren mit sich, meist Risiken, oft aber auch Chancen. Das Wetter der Zukunft könne er nicht vorhersagen, aber Computerprojektionen und Szenarien erstellen, wie im Klimareport der EURAC ersichtlich. Zwei Strategien gab er dem Publikum im Umgang mit dem Klimawandel mit: Klimaschutz als Rückgang der Emissionen in Richtung Null und Klimaanpassung in Form von Maßnahmen wie z.B. Tropfbewässerung oder Gebäudeisolierung. Ein Umbau des Systems sei zwingend notwendig, an kleinen Schräubchen zu drehen, werde nicht reichen.
Beratung für Unternehmen, Motivation für die Gesellschaft
Elisabeth Präauer vom Terra-Institut in Brixen berät Kunden, um einen Kurswechsel hin zu nachhaltigen Firmenstrategien und klimaneutralem Wirtschaften durchzuführen. Auch Vinschger Betriebe werden vom Institut begleitet. Es ist Teil von Initiativen wie dem Klimaneutralitätsbündnis, die sich mit Reduktions- und Kompensationsprojekten von CO2 befassen. In ihrem Referat rief Präauer dazu auf, neu zu denken, nicht alte Muster verbessern zu wollen.
Im letzten Impulsreferat überlegte Biologin Katharina Tschigg, warum Klimathemen oft Weltuntergangsstimmung verbreiten. Für Südtirol forderte sie mutige Lösungen und bewusste Entscheidungen, um eine Identität in Bezug auf Klimafragen entwickeln zu können. Positive Fallbeispiele wie die Verkleinerung des Ozonlochs sieht Tschigg als Motivation.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion beantworteten die Fachleute Fragen des Moderators Damian Eberhöfer. Alle hielten den Druck auf die politischen Entscheidungsträger für notwendig und sahen in Südtirol das Bewusstsein angekommen. Als ermutigende Botschaft gab Georg Kaser den Zuhörern mit, dass gesunde Demokratien den Klimawandel meistern können und das Fenster noch offen stünde, die Sache sei aber nicht mehr verhandelbar. Viele Beiträge kamen aus dem Publikum, es zeigte großes Interesse und Umsicht, da niemand im Saal die Einschätzungen der Wissenschaft in Frage stellte. Im Schlusswort betonte Eberhöfer die Wichtigkeit von geprüften Informationen. Nur wer wisse und sich schlau mache, könne mitreden. Er lud dank Sponsoren zu einem Buffet aus Vinschger Produkten, mit Musik von Noah Thanei klang die Premierenveranstaltung aus. Man darf gespannt sein, welche Themen SkepTisch noch aufs Tapet bringen wird.
Maria Raffeiner