Erfrischend vielseitig und tief verwurzelt

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Laas - 20. Kulturfest „Marmor und Marillen“
Die Kombination aus der Königin der Marillen, der aromatischen Vinschger Marille und dem edlen Naturstein Marmor lockte vom 3. bis 4. August rund 10.000 Besucher nach Laas, für die der orange Teppich zur feierlichen Jubiläumsauflage ausgerollt wurde.

von Anna Alber

Vor rund 20 Jahren kam Initiator Wilfried Stimpfl auf die Idee, dem Marmor und der delikaten Vinschger Marille mithilfe eines Festes zum Aufschwung zu verhelfen. Als dieser bei den jungen Kaufleuten anklopfte, begegneten ihm viele mit Skepsis. „Zugegeben, die Kombination Marmor und Marille ist außergewöhnlich, doch Wilfried blieb zum Glück hartnäckig“, gesteht Koordinator Dietmar Spechtenhauser. Wie die unscheinbare Blüte zur vollmundigen Frucht entwickelte sich das Laaser Kulturfest vom kleinen, einfachen Fest zu einer Erfolgsgeschichte und bot auch dieses Jahr ein buntes Kultur- und Unterhaltungsprogramm mit einigen Neuheiten.

Neues wagen mit Korn und Wein
„Bereits als kleiner Junge kam ich einmal im Jahr nach Laas, um das Marmor- und Marillenfest zu besuchen“, erzählt Ludwig Stecher aus der Schweiz. Er schätzt die Gastfreundschaft, das Traditionelle und Einfache an der Veranstaltung und kommt seit vielen Jahren hierher. Doch das Organisationskomitee bemüht sich, nicht nur Gäste, sondern auch Einheimische gleichermaßen mit dem abwechslungsreichen Programm anzusprechen und dabei Groß und Klein für die Kultur, Kunst und Tradition zu begeistern. In der diesjährigen Jubiläumsauflage wird neben dem Marmor und der Marille ein weiteres Augenmerk auf das Korn gelegt, als deren „Kornkammer“ der Vinschgau früher s6 titel 2bekannt war. Wie das Korn mit der Marille harmoniert? Vor der Jahrtausendwende erlebte die süße Frucht keinen Höhenflug, sie ist äußerst heikel im Anbau, ist nicht so robust wie der Apfel und muss rasch verarbeitet werden. Als Schwierigkeit kam die „billige“ Konkurrenz aus Italien hinzu. Die Bauern mussten erfinderisch sein, um genug Einnahmen zu lukrieren und säten deshalb zwischen den hochgewachsenen Marillenbäumen das ergiebige Korn. In Gedenken an diese Historie haben die Laaser „Goaßlschnöller“ die Tradition des Korndreschens wieder aufleben lassen. Nach dem Motto „vom Korn zum Brot“ wurde in der Nähe der Pfarrkirche frisches und herrlich duftendes Brot gebacken.
Als innovative Idee stellte sich auch der „Marmor-Wein“ von Bernhard Grassl heraus, der mit pilzresistenten Trauben aus Eyrs gegärt und beim Umfüllen mit Marmorpulver gemischt wird, um die Säure zu mindern und den Wein zu mineralisieren. So einzigartig der Wein, so besonders sein Name: „eschkolot“ steht im Hebräischen für Weinrebe.

Garant für Genuss und Kultur
Der Neuorganisation unterworfen wurde auch der Festplatz, der am Marktplatz angelegt und liebevoll mit passender Dekoration in orange-weiß geschmückt wurde. Die ortsansässigen Vereine verwöhnten die Besucher mit traditionellen Speisen wie Marillenknödel, Strauben und Grillkreationen. Einen musikalischen Rahmen boten unter anderem die Bürgerkapelle Brixen, die Waltener Böhmische und die Volkstanzgruppe Eyrs. Letztere begeisterte das Publikum mit traditionellem Brauchtumstanz aus dem Alpenraum.
Auch für den kulturellen Genuss war vorgesorgt. Eine Flanierstraße mit 46 regionalen, ausgewählten Ständen war für interessierte Besucher eingerichtet. Das Angebot reichte von lokalem Gemüse und Obst bis hin zu handgefertigtem Schmuck und leckeren Konditoreiwaren. „Die ursprünglichen Werte halten wir hoch und wählen ganz klar aus, wer als Marktteilnehmer in Frage kommt. Das Angebot muss stimmig sein und wir versuchen, lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe im kleinen Stil zu fördern“, so Spechtenhauser. Dabei ist das Fest auch Quelle der Inspiration und Innovation: aus dem unerwarteten Erfolg der Marillenschokolade von Thomas Tappeiner entstand vor mittlerweile 15 Jahren das Unternehmen Venustis, das für Schokoladekreationen und nun auch handgefertigten Marmorschmuck bekannt ist.
Kinder konnten sich in der Marmorsandkiste, beim Bau eines „Insektenhotels“ oder beim „Marillnbuanlknackn“ austoben. Erlebnisführungen, Verkostungen und die Buchvorstellung „Heimat – ein Vorschlag zur Güte“ von der gebürtigen Laaserin Elsbeth Wallnöfer rundeten das kulturelle Programm ab.

Alles Plastik?
Die Kunst der Bildhauerei, vom Modell bis zum vollendeten Werk, konnten die Besucher im Rahmen des 10. Laaser Marmor-Ateliers am Santl-Platz hautnah erleben. Während in den Anfängen von Marmor und Marillen noch prominente Persönlichkeiten nach Laas kamen, um Vogeltränken zu meißeln, stellen nun Künstler eine Woche lang ihr Können zur Schau, dieses Jahr zum Thema Plastik. „Plastik ist überall präsent und mit meiner Arbeit nehme ich Bezug auf die Meere und Flüsse, die mit gigantischen Mengen an Plastik verschmutzt werden“, beschreibt der Künstler David Horstmann aus Deutschland sein Werkstück, das einen Krebs gefangen im Plastikbecher zeigt.
Anregend waren zudem die Ausstellungen von talentierten heimischen Künstlern wie dem Laaser Simon Wallnöfer, der seine Werke unter mystischer Atmosphäre in der Marxkirche zur Schau stellte.
Wer sich vom Trubel etwas erholen wollte, fand dazu in der Marmorwelt Gelegenheit. Diese „Chill-Out-Zone“ lud unter schattigen Bäumen in gemütlichen Liegestühlen zum Entspannen und Sonnenbaden ein. Zudem konnten verschiedenste Werke aus Marmor begutachtet werden.

Ein so vielseitiges Programm auf die Beine zu stellen, damit Besucher immer wieder Neues entdecken und Altbewährtes wiederfinden können, ist trotz der 20. Auflage des Kulturfestes kein Selbstläufer. Es ist besonders wichtig, die Motivation, Energie und Freude hoch zu halten und Polemiken auszudiskutieren, betont Koordinator Dietmar Spechtenhauser. Und nicht zuletzt „gilt der Dank besonders allen Beteiligten des Komitees, den Vereinen, Unternehmen und der Verwaltung, die mit Herzblut jedes Jahr aufs Neue dabei sind, und ohne deren Unterstützung es nicht möglich gewesen wäre, 20 gelungene Veranstaltungen zu bieten.“

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