Eingeladen werden Gemeinderäte, Obmänner und Obfrauen der Vereine und Verbände und die Bevölkerung. Die Anteilnahme der Bevölkerung und der Vereine ist nicht sehr groß. Für die einen ist es ein wichtiger Pflichttermin, für die anderen eine inhaltsleere und überholte Parade. Jedenfalls ist es eine alte Tradition, getragen von drei unterschiedlichen Institutionen: der Kirche, einem Verein und einer Partei. Das wirft Fragen auf. Sind Kriegsgefallene wirklich Helden und nicht einfach Opfer? Welches Bild des Krieges wird durch eine solche Heldenverehrung vermittelt? Was hat die Kirche mit den Tiroler Freiheitshelden zu tun, was sind die politischen Botschaften und welchen Sinn haben solche Traditionen heute? Spannend ist jedes Jahr, wer die Gedenkrede hält und wie kritisch diese ausfällt. Die Gedenkfeier und die Gedenkrede bieten Möglichkeiten über Traditionen, Heimat, Heldentum, Identität und Werte nachzudenken, eine Analyse der Gegenwart und Visionen für die Zukunft zu formulieren. Das ist gut und wichtig. Andernorts gibt es das an Nationalfeiertagen und Gedenktagen. Der 20. Februar ist unser Nachdenk-Tag, unser Querdenk-Tag, unser Vorausdenk-Tag. Er kann es aber nur sein, wenn man neue Fragen zulässt, und Neu-Fragende einlädt. Ansonsten wird es zu einer leeren Routine mit den immer gleichen Statements von immer denselben Personen. Vielleicht wären andere Tage und andere historische Persönlichkeiten geeigneter, um kollektiv nachzudenken und Visionen zu entwickeln. Vielleicht ist auch deshalb der 20. Februar für die meisten Südtiroler weder ein Gedenktag, noch ein Nachdenk-Tag. Persönlich war ich schockiert von der Predigt des Kooperators Sebastian Egger und erfreut über die Gedenkrede von Claudia Plaikner, Landesobfrau vom Heimatpflegeverband Südtirol. Ich war schockiert über die Oberflächlichkeit und Einseitigkeit der Betrachtungen, welche Egger über Andreas Hofer in seiner Predigt angestellt hat. Der Kooperator hat Geschichten aus dem Leben von Hofer erzählt. Ein streitendes Ehepaar hat Hofer hinausgeworfen, Adelige und Bürger mussten zuerst mit ihm den Rosenkranz beten, bevor er ihre Anliegen anhörte. Mit solchen Anekdoten unterstrich Egger die tiefe Religiosität und den großen Idealismus von Hofer. Vielleicht aber war genau dies das Problem und hat ihn blind für die politische Realität gemacht und schlussendlich dazu geführt, dass er auf die falschen Berater gehört und vor allem in der vierten Bergisel-Schlacht viele Unschuldige in einen sinnlosen Tod geführt hat. Hofer hat Widerstand gegen bayerische und französische Fremdherrschaft und einen größenwahnsinnigen Aggressor (Napoleon) geleistet und wurde so zum Freiheitshelden. Aber es gibt auch viele andere Seiten, die ihn zu einer tragischen Figur machen. Claudia Plaikner hat in ihrer Rede an das große Leid aller Kriege erinnert und dazu aufgerufen, dankbar zu sein für die Freiheit und das Glück, das wir erleben und das nicht so selbstverständlich ist. Sie sprach von der Wichtigkeit des Austausches und der guten Nachbarschaft, die gepflegt werden muss. Werte wie Solidarität, Respekt und der Einsatz für die Gemeinschaft sind wichtig. Notwendig ist es auch die Stimme zu erheben und die Heimat zu gestalten. Wir müssen die vielfältigen Schätze wahrnehmen und erhalten. Viel historische Bausubstanz ist bereits verloren gegangen, Orte haben sich verändert, vieles wird dem reinen Wirtschaftsdenken untergeordnet, meinte Plaikner. „Lasst uns gegen den Strom der Gleichgültigkeit und für den Frieden arbeiten, dieses wertvolle, aber auch zerbrechliche Gut“. Mit diesen Worten schloss Plaikner ihre Gedenkrede. Dem kann ich nur zustimmen.
Heinrich Zoderer
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