Über ein halbes Jahrhundert für den Marmor

geschrieben von Ausgabe 4-19

s17 7478Im Leben von Fabiano Dell’Antone ist die Zeit von 1964 bis 2018 ein Leben für und mit dem weißen Gold. Er ist vielen aus dem Gewerbe ein Begriff, als dienstältester Mitarbeiter der „Lasa Marmo“ kennt er den Bruch wie seine eigene Westentasche und hat das Wachsen des Firmengeländes über die Jahrzehnte miterlebt und mitgestaltet.

von Barbara Wopfner

Vom Brucharbeiter arbeitete sich Fabiano Dell’Antone hoch bis zum Vorarbeiter, Projektleiter bis hin zum Betriebsleiter und seit seiner Pensionierung  2011 begleitete er bis heute den Betrieb als Berater.

54 Jahre Erfahrung, Mitwirken, Mitgestalten und Visionsarbeit haben die Firmengeschichte einschneidend mitgeprägt. Kaum jemand kennt die Brüche, den Stein in seinem Verlauf, die Eigenheiten, Tücken und Herausforderungen des Berges, so wie er.
Aufgewachsen ist er in der Nachkriegszeit in Rocca Pietore in Provinz Belluno. Schulisch hat ihn sein Weg von der Mittelschule in die Fachoberschule für Mineralogie geführt. Eine große Auswahl an Oberschulen gab es damals nicht. Doch in der Nähe von Belluno bot sich eine vielversprechende Ausbildung zum „perito minerario“ an, Abgänger der Schule sind heute über den gesamten Erdball verstreut. Diese Ausbildung nahm er schließlich in Angriff. Aber was führte ihn zum Laaser Marmor? Internet und Telefonverzeichnisse gab es damals noch nicht, also wie entstand der Kontakt? Es war beim Militärdienst, als ein Kollege meinte: „wenn du willst kannst du dort sicher beginnen“ und lotste ihn im Oktober 1964 in den Vinschgau. Mit 22 Jahren begann er die Arbeit im Weißwasserbruch, teils war er sogar am Göflaner Wantlbruch stationiert.
Der Arbeitsweg war täglich eine Herausforderung, „zuerst fuhren wir mit der Schrägbahn nach oben und dann ging es noch für s17 1988eine halbe Stunde zu Fuß durch den Wald, und das alle Tage, Sommer wie Winter.“ In den ersten Jahren wurden die Blöcke mit Drahtseilschnitt und Sand aus dem Berg geschnitten. Den Quarzsand dafür bezogen sie aus Viareggio in der Toscana, der noch mit der alten Vinschgerbahn nach Laas transportiert wurde. Wenn Fabiano Dell’Antone zurückblickt, hat sich die Arbeit im Bruch stark verändert. „Trotz der nicht ungefährlichen körperlichen Arbeit hatte ich in den 54 Jahren nicht einen Arbeitsunfall oder größere Verletzungen“. Erst in der Mitte der 80er Jahre kam die Straße hinauf zum Bruch, ein Forstweg, den Dell’Antone wegweisend begleitete. Wenn man bedenkt, welche Veränderungen die Zeit mit sich brachte, verlangte es doch viel Bereitschaft zum Mitdenken und Weiterentwickeln ab. „Zusammenfassend waren alle Veränderungen für uns Erleichterungen, sei es vom Arbeitsweg bis hin zum Abbau im Berg.  Die neuen Maschinen beschleunigen die Produktivität enorm. Als ich `64 begann, waren wir um die 40 Kollegen im Bruch, heute sind es weniger als 20.“
Die Mechanisierung begann vor ca. 25 Jahren, Maschinen, schwere Geräte und Fahrzeuge wurden nach und nach ausgetauscht und angekauft, diese Investitionen haben vieles erleichtert. All diese Veränderungen hat Dell’Antone miterlebt und maßgeblich mitgestaltet: vom langen Arbeitsweg zu Fuß, der Kantine im alten Holzverschlag, den Einbau der ersten Heizung, den Bau der Straße, den Ankauf der ersten digitalen Maschinen, bis hin zu Großprojekten, die in die ganze Welt gingen. „Auf ein Stückchen Laas kann man in der ganzen Welt treffen, den Laaser Marmor findet man von Südtirol bis nach Japan, Indien und den USA.“
Was er heute ändern würde, wenn er die Uhr einige Jahre zurückdrehen könnte, meint er nur dass er den Sprachen zu wenig Zeit gewidmet habe. „Sprachen sind die Tür zur Welt und wenn ich etwas ändern könnte, hätte ich einige mehr erlernt, das war mir auch ein Anliegen bei meinen Kindern.“
Hinter dem Hauptgebäude blickt Fabiano Dell’Antone auf die gelagerten Blöcke, er erinnert sich an einen Block mit besonderer Aderung, der sich seit seinem Arbeitsbeginn dort auf dem Lagerplatz präsentiert. Marmor ist geduldig, zeitlos und elegant, 54 Jahre bedeuten für einen Menschen ein halbes Leben, in der Millionen Jahre alten Geschichte des Marmors ist es ein Wimpernschlag und genau das macht Fabiano demütig und stolz. Die „Lasa Marmo“ verabschiedet Fabiano Dell’Antone nun nach über einem  halben Jahrhundert Zusammenarbeit mit gebührenden Ehren. Ein Stollen im Marmorbruch wird seinen Namen erhalten, somit hinterlässt er sichtbare Spuren nach seinem Ruhestand und wird vielen als Arbeitskollege, Berater und Freund in Erinnerung bleiben.

 

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