Die Geschichte einer gescheiterten Landnahme

geschrieben von Ausgabe 3-19

Aus dem Gerichtssaal - Der Tappeinhof ging im Zuge seiner bewegten Geschichte in den Jahren 15 bzw. 16 der faschistischen Zeitrechnung, also 1937 und 1938, als „maso Depino“ ins Eigentum des „Ente di Rinascita Agraria“ und später der Nachfolgeorganisation „Ente Nazionale per le Tre Venezie“ über. Beide Körperschaften waren von den Faschisten mit dem Zweck gegründet und mit entsprechenden Mitteln ausgestattet worden, Höfe und Immobilien von Südtirolern, die in finanzielle Schieflage geraten waren, aufzukaufen, um sie zu günstigen Bedingungen italienischen Siedlern zur Italianisierung auch der Peripherie und der Berggebiete zu überlassen. Ein „gefundenes Fressen“ für das Ente waren die Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 und später das Hitler-Mussolini-Abkommen im Jahre 1939 über die Optionen, als viele Auswanderer ihren Besitz zurücklassen mussten. Auf dem (traurigen) Höhepunkt seiner Tätigkeit gehörten dem „Ente“ an die 3.700 Besitzungen (Höfe, landwirtschaftliche Anwesen, Wohnungen, Hotels, Geschäfte und Betriebe) im ganzen Lande, so auch die Lasa Marmo in Laas. Die Vorgehensweise des „Ente“, über Grund und Boden Hand an fremdes Territorium zu legen und durch eine gezielte Siedlungspolitik dessen wirtschaftliche Entwicklung und völkische Zusammensetzung zu beeinflussen und zu verändern, hat Nachahmer ausgerechnet in Israel gefunden. Seit dem Sechstagekrieg im Jahre 1967 hält es das damals fast ausschließlich von Palästinensern bewohnte Westjordanland besetzt. Seither hat der vom israelischen Staat forcierte Siedlungsbau eine Veränderung des Bevölkerungsverhältnisses und des Landbesitzes bewirkt. Die Regierung subventioniert private Landkäufe, Investitionen in Infrastrukturen und Bauprojekte mit bis zu 70 Prozent, mit dem Ergebnis, dass israelische Siedlungen sich nun wie ein Fleckerlteppich über das ganze Westjordanland erstrecken, 61% der Fläche unter israelischer Kontrolle stehen und die 600.000 Siedler (Stand 2018) mittlerweile 12% der Bevölkerung ausmachen. Diese Siedlungspolitik ist zwar völkerrechtswidrig, sie wurde von der UNO mehrmals verurteilt und stellt das Haupthindernis für die Umsetzung der Zweistaatenlösung und für einen dauerhaften Frieden in der Region dar. Doch zurück nach Tappein! Die vom „Ente“ dorthin „verpflanzten“ Siedler konnten nie richtig Fuß fassen, geschweige denn „Wurzeln schlagen“! Zu fremd, unwirtlich und rau war doch die Umgebung, in die sie da hineingeworfen worden waren. In Vezzan erzählt mans sich noch heute die Geschichte eines „Welschtappeiners“, der mit seinem Karren den steilen und engen Weg von Schlanders zum Hof hinauf unterwegs war. Da er befürchtete, dem Zugtier könnte die Kraft ausgehen, hatte er „den Schrepfer“ angezogen. Als ein „Eingeborener“ Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Bremse beim Aufwärtsfahren äußerte, meinte der „colono“: “Sigger isch sigger!“

Peter Tappeiner, Rechtsanwalt

{jcomments on}

Gelesen 2602 mal
Mehr in dieser Kategorie: « Der Fall Rautermann Die Haarnadel »

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 23-24

titel Vinschgerwind 22-24

titel vinschgerwind 21-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.