iorenheimes. Er beteuert dass er sich noch nie so glücklich, selbstständig und gleichzeitig so gut aufgehoben gefühlt habe, wie gerade hier.
Sein Einzelzimmer dort ist groß, hell und wirkt sehr heimelig. Auf einem Tisch liegen fein säuberlich die Gazetta dello Sport, die Dolomiten, die Südtiroler Tageszeitung und der Alto Adige. Zeitungen und Berichte aus aller Welt die der 70 jährige Stilfser täglich voller Interesse liest und nebenbei täglich Nachrichten im Radio hört. An der Wand über seinem Bett hängt ein Spruch „Hier wohnt Karl-Gabriel der Kreative“. Daneben findet sich ein schönes Foto von Lieblingsnichte Dalia, die ihren Onkel oft besucht und mit ihm Ausflüge im Vinschgau macht.
Nur wenn Dalia, für die er der Taufpate ist, dann wieder geht, verspüre er etwas Traurigkeit. “Doch Heimweh hatte ich nie, dafür gefällt es mir hier mit all den Bewohnern und Betreuern des Seniorenheimes viel zu gut“, strahlt der frühere Oberschullehrer.
Aufgewachsen in einem kleinen Bauernhaus im wildromantischen Stilfs, musste der kleine Karl Gabriel als Ältester von 3 Geschistern schon bald kräftig mit anpacken um die Familie zu ernähren.
Er erzählt, dass er bereits mit 11 Jahren in aller Herrgotts Früh Bergwiesen ganz alleine gemäht hatte, während sein Vater inzwischen auf die Alm fuhr. Im Winter, inmitten meterhoher Schneewände, wurde das Heu mit großen Schlitten mühsam vom Bergstadl zu Tal gezogen.
Auf 5 Jahre Volksschule in Stilfs folgten weitere Schuljahre in Mals sowie mehrere Studienjahre in Meran und Verona .Dort erwarb Karl-Gabriel sein Diplom in englischer und französischer Fremdsprache, verbrachte mehrere Sommer in Frankreich und England, um nachfolgend als Oberschullehrer in Mals und Schlanders tätig zu sein.
Das Interesse an diesen Sprachen hat er wohl von seinem Vater, der nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft 1946, nebenbei die Hotelfachschule in Bozen besuchte, und seinem kleinen Sohn damals schon einige Wörter der fremden Sprachen beibrachte.
Ausgerüstet mit einer soliden Hotelfachausbildung und sehr viel „stilfsertypischem“ Innovationsgeist entschied sich Familie Pinggera dann, zusammen mit ihren 3 Söhnen ein Hotel in Sulden zu übernehmen.
Es folgten viele Winter und Sommersaisonen in Sulden für Karl-Gabriel, in denen er mit Eltern und Brüdern im Hotel tätig war und nach dem Tode seines Vaters selbst zum Reiseleiter für das Reiseunternehmen TUI wurde.
“Ja, das war damals eine wunderschöne Zeit mit Gästen und Einheimischen. In Sulden wurde ich viel offener und aufrichtiger angenommen als in meinem eigentlichen Geburtsort“, meint er nachdenklich
Eigene Kinder und Familie hätte sich der Stilfser sicher auch gewünscht, doch entschied er sich aufgrund eines aufgetretenen Krankheitsbildes, schweren Herzens dagegen. So blieb Karl-Gabriel alleine in Stilfs; pflegte seine Mutter mit liebevoller Hingabe und erfreute sich an dem schönen Zuhause.
Irgendwann war es nicht mehr möglich, seine pflegebedürftige Mutter zuhause in Stilfs alleine zu betreuen und so wurde die Mutter Gast im Seniorenheim Schluderns.
Dort besuchte Karl Gabriel sie beinah täglich und lernte gleichzeitig das heimelige Seniorenhaus mit seinen Bewohnern und Betreuern kennen. Er sah und erlebte mit welch großer Freundlichkeit und Kompetenz seine Mutter dort betreut wurde und entschloss sich alsbald, selbst für immer dort zu wohnen.
Dies ist nun 3 Jahre her und Karl-Gabriel bereut seine Entscheidung keine einzige Sekunde. “Hier bin ich sehr gut betreut und darf gleichzeitig meine eigene Selbstständigkeit leben, ohne der Einsamkeit verfallen zu müssen.“ Er, der inzwischen wieder Single ist, hat hier neben vielen Freundschaften, auch seine große Liebe kennengelernt.
„Karl-Gabriel der Kreative“, wie er im Seniorenheim genannt wird, begleitet mich plaudernd die 3 Stockwerke zur Eingangstüre zurück, grüßt lächelnd die uns begegnenden Heimbewohner und erkundigt sich bei Direktorin Sibylle über das anstehende Nachmittags-Freizeitprogramm.
„Man muss immer in Bewegung bleiben: Geistig, seelisch und körperlich. Daher nehme ich oft die Vinschger Bahn, reise zu meinen Brüdern und deren Familien,fahre nach Prad zum Shoppen oder bleibe einfach kurz in Spondinig stehen um bei Katharina einen Kaffee zu trinken“, erklärt mir Karl-Gabriel fröhlich lachend.
Am allerliebsten aber sind ihm die Besuche von Nichte Dalia, mit welcher er dann nach Stilfs in seine frühere Heimat fährt, um dort sein Heimathaus und das Grab der Nandl zu besuchen.
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