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Maerchenherbst24

 
 
Dienstag, 26 Juni 2012 00:00

„Jedn Sunnti a guate Saure“

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portrait-Hildegard Elsler Spornberger, geb. 1922 in Terlan

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Jedn Sunnti a guate Saure“ wurde von Hildegard Elsler, Witwe Spornberger, mit Liebe gekocht und serviert, als sie noch Wirtin im Gasthof „Bad Kochenmoos“ war, und sie erinnert sich daran ebenso gerne wie an weitere bedeutsame Lebensabschnitte.
Hildegard wurde im Mai 1922 in Terlan geboren. Die Rückbesinnung auf ihre Kinder- und Jugendzeit wird von gemischten Gefühlen begleitet und bleibt immer wieder an der unseligen Zeit des Faschismus hängen. Ihrer Familie lag die Pflege des Volksliedgutes am Herzen, und so trafen sich hinter der schweren, gut verschließbaren Tür des eigenen Felsenkellers immer wieder Sangesfreudige, um deutsche Lieder zu singen. Die Liederbüchlein wurden dann im Schweinestall versteckt, so konnten diese bei einer Hausdurchsuchung durch zwölf Carabinieri nicht gefunden werden.

Als „Bauernmadl“ musste sie am Heimathof alle anfallenden Arbeiten verrichten, betätigte sich aber zwischenzeitlich, ihrer Neigung folgend, als Saisonangestellte. Im Hotel Steger-Dellai auf der Seiser Alm wurde sie dann zweite Köchin und konnte die Erfolge ihrer Chefin, der Bergsteigerin Paula Wiesinger miterleben, die damals eine der besten Kletterinnen und Schirennläuferin ihrer Zeit war. Hildegard lernte dort weltbekannte Persönlichkeiten kennen, und auch Weltoffenheit, Ausdauer, Kraft und richtige Selbsteinschätzung zu ihrem Lebensprinzip zu machen. Nachdem Hildegard im Juni 1957 geheiratet hatte, führte sie den Haushalt bei der Fürstin von Wittgenstein auf dem Hochplatterhof bei Katzenstein in Obermais. Hildegards Mann war dort Gutsverwalter, und sie führten ein Leben wie in einem kleinen Paradies. „Wir wären“, so sagt sie, „fürs Leben gern auf diesem Hof geblieben.“ Doch da bekamen sie die Missgunst anderer zu spüren und so verließen sie den Hof. Für kurze Zeit betrieben beide eine Bar in Vahrn. Ein neues soziales Umfeld tat sich auf. Hildegards offene und humorvolle Wesensart lockte die Gäste und deren Herzen flogen ihr zu. Als ein Kaffeevertreter erzählte, dass der Gasthof „Bad Kochenmoos“ zu verkaufen wäre, nahm das Ehepaar dann dieses Projekt in Angriff. Bad Kochenmoos war als Mineral-Heilbad und Gasthof altbekannt. Durch die heilbringende Kraft dieses schwefelhaltigen Wassers hatte sich das Haus seit Bestehen mit Badegästen gefüllt. Das Wissen um die Geschichte des Bades und dessen wohltuende Auswirkung auf die Gesundheit war für Hildegard Auftrag genug, es noch länger aufrecht zu erhalten und gewissenhaft zu führen. Für den Kurgast in Vollpension war jeden zweiten Tag ein Bad vorgesehen. Öfters musste sie die Badedirne vertreten. Sie stellte Liegestühle zur Verfügung und ließ im Garten Lindenbäume pflanzen sowie einen Steg über den Graben zum Etschdamm hin errichten. Sie war überzeugt, dass der Aufenthalt im schattigen Garten und das Hinhören auf das sanfte Rauschen der Etsch die Heilwirkung des Bades gewiss unterstützten. Heute noch strahlt ihr Gesicht, wenn sie viele Ortschaften von Mals bis über Bozen hinaus aufzählen kann, aus denen die Badegäste angekommen sind. Bis Ende der 60er Jahre enthielt das Badhaus noch drei Badewannen. Es kam seit jeher vor, dass Gäste mit dem Frühzug angereist kamen, ein Bad nahmen und dann wieder heimfuhren, oder, dass der eine oder andere, in Ermangelung einer Badewanne zu Hause, sich um die Reinlichkeit seines Körpers sorgte.
Auch der Ruf der guten Küche war vor der Übernahme durch das Ehepaar Spornberger über die Grenzen des Landes hinausgedrungen. Hildegard, die Unermüdliche, kochte die „Saure“ so gut, dass sonntags viele deswegen bei ihr einkehrten. Durch Mundpropaganda kamen Urlauber und Einheimische , auch von auswärts, eigens her, um ein gediegenes Mahl einzunehmen. Viele Arbeiter fanden monatelang, besonders in der kalten Jahreszeit, ein kräftiges Mittagessen, und der Speisesaal war geöffnet für festliche Anlässe und Feiern aller Art. Hildegard liebte geschichtsträchtige Orte und vertiefte sich in deren Vergangenheit, um ihre Arbeiten traditionsgerecht zu erfüllen, sie hatte aber auch den Mut zu Neuem, wenn ihr etwas zeitgemäß und angepasst schien.
Nachdem ihr Mann gestorben war und sich die Frage um die Weiterführung des Betriebes ergab, wurde der Gastbetrieb verpachtet. Dem Sohn wollte sie, nach ihrer Aussage, „den Lebensweg nicht vorschreiben“. Überaus beglückend war für Hildegard die Geburt des Enkelkindes.
Sie selbst besuchte jedes Treffen im Seniorenverein, zuerst in Naturns, dann in Staben. Fehlte sie krankheitsbedingt, wurde dies von der versammelten Runde sehr bedauert, weil sich jeder in ihrer Gegenwart wohl fühlt und sich auch gern auf ein „Karterle“ mit ihr einließ. Als ihre Körperkräfte zusehends schwanden, fand sie im Altenheim St. Zeno in Naturns liebevolle Aufnahme. Die heute 90-Jährige strahlt Ruhe und Gelassenheit aus, und jeder hört ihr gern zu, wenn sie aus ihrem Leben erzählt und Ortsgeschichte mit hineinpackt.

Maria Gerstgrasser

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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