Matsch/Vinschgau/Bozen/Innsbruck
Anlässlich des internationalen Tags der Artenvielfalt stellten Wissenschaftler des EURAC-Instituts für Alpine Umwelt der Universität Innsbruck sowie des Naturmuseums Südtirol Forschungsprojekte und Ergebnisse rund um Biodiversität am 22. Mai in Matsch vor. Unter dem Motto „Wir zeigen vielFalt“ präsentierten sie auch eine „tierische“ Überraschung, auf die die Forscher im Saldurbach gestoßen waren.
Landwirtschaft und Klimawandel haben einen starken Einfluss auf die Artenvielfalt. In den vergangenen 100 Jahren ist die Temperatur im Alpenraum nachweislich um 1,5°C gestiegen. Noch höhere Temperaturen, höhere CO2-Konzentrationen in der Luft, Klimaänderungen und unsichere Niederschlagsentwicklung werden Südtirol zunehmend beeinflussen. Die präsentierten Erkenntnisse der Forscher in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere auf die Biodiversität:
- Die Pflanzenvielfalt in den Mähwiesen reagiert nur langsam auf die Temperaturerhöhung. Viel stärkeren Einfluss haben hingegen die Wasserverfügbarkeit und die Art der Bewirtschaftung bzw. wie stark gedüngt wird.
- Der landwirtschaftliche Ertrag aus Wiesen in höheren Lagen über 1500 Metern kann deutlich zunehmen. Die milderen Temperaturen führen zu einem schnelleren Wachstum. Sie verlängern zudem die Wachstumsphase und ermöglichen in höheren Lagen sogar einen zusätzlichen Schnitt.
- In tiefen Lagen werden die Wachstumsvorteile durch eine erhöhte Verdunstung wieder zunichte gemacht. Der derzeit schon angespannte Wasserhaushalt wird sich noch weiter verschärfen.
Wie sich hingegen der Klimawandel auf die Vielfalt des Lebens im Wasser auswirkt, erforscht Roberta Bottarin vom EURAC-Institut für Alpine Umwelt derzeit im Saldurbach, einem Gebirgsbach im Matschertal. Die Limnologin – zu Deutsch Binnengewässerforscherin – berichtete von der überraschenden Entdeckung einer neuen Art: einem Ringelwurm namens Troglochaetus Archiannelidae (im Bild). „Wir haben nach dem Verhältnis zwischen den verschiedenen Wassertieren – die mit der Wasserqualität zusammenhängen – und der Schneeschmelze gesucht, die wiederum mit dem Klima zusammenhängt. Bei den Analysen ist zufällig diese Seltenheit, dieser Ringelwurm, aufgetaucht. Weltweit ist er nur an wenigen Stellen und mit wenigen Exemplaren aufgefunden worden. Hier im Saldurbach haben wir eine ganze Hundertschaft gefunden!“, erklärte Bottarin. Was den Saldurbach für den Troglochaetus so lebenswert macht, gilt es nun für die Forscher herauszufinden.
Der Aktionstag zur Artenvielfalt in Matsch fand in Zusammenarbeit mit dem Naturmuseum Südtirol statt, das eine Dokumentation der floristischen Vielfalt im Obervinschgau präsentierte.
Auf dem Programm stand auch ein Treffen mit Studierenden aus zehn europäischen Universitäten, die sich im Rahmen eines Intensivkurses (Erasmus Intensivkurs EUROSTAIN) zum nachhaltigen Management des Europäischen Gebirgslebensraumes auf Studienfahrt durch Südtirol befinden. Auf ihrer Exkursion werden sie von der EURAC, dem Alpenzoo Innsbruck, von den Landesverwaltungen Nord- und Südtirols sowie vom Alpenverein begleitet.