Mit 20 Jahren erhielt er die Einberufung zum Militärdienst nach Mailand, und er hoffte diesen ohne Kriegsdienst beenden zu können. Doch es kam anders. Nachdem ein Soldat ein Maschinengewehr gestohlen hatte und damit in die Schweiz geflüchtet war, mussten alle Kollektivschuld übernehmen. Die Strafe für die jungen Burschen war der Marschbefehl nach Abessinien, wo der Krieg wütete. Doch erstmals war das Ziel ein Straflager in Sardinien, von dem man sich von Kerker und Folterungen erzählte. Panik schnürten Serafin die Kehle zu. Noch bevor er in Civitavecchia das Schiff betreten konnte, fiel er in Ohnmacht und kam erst wieder auf hoher See zu sich. „Dia sain norr obr guat mit inz gweesn, lai Hunger hoobmer glittn“, erzählt er. Serafin war auf Sardinien bei der Wache zugeteilt und nachdem er einen Eindringling in die Flucht geschlagen hatte, durfte er sich sogar frei bewegen. 1936 im März ging`s dann von Cagliari aus mit einem Schiff in Richtung Afrika, mit an Deck waren 180 Pferde. Elf Tage und Nächte dauerte die Fahrt durch das Mittelmeer und das Rote Meer. Serafins Einsatzorte waren Massaua und Asmara, doch es fanden keine direkten Kampfhandlungen mehr statt. Sein Dienst beschränkte sich auf die Bewachung der Lager und Lazarette. Eines sagte er sich von Anfang an: „Hände weg von den Frauen, die sich den Soldaten anboten.“ Und er musste mit ansehen, wie elendig Soldaten an Geschlechtskrankheiten starben, infiziert von Prostituierten, die von Amerikanern gezielt eingesetzt wurden, um die italienischen Soldaten zu schwächen. „Es sain mea Soldotn asou gstorbm, alz in Kompf gfolln“, sagt er. Im September 1936 kehrte er heim und übernahm die Landwirtschaft. Zwischen Serafin und Maria Mair vom Nachbarhof entwickelte sich kurz darauf eine enge Beziehung, die 1940 in die Ehe mündete. Inzwischen war der II. Weltkrieg ausgebrochen und die Angst vor einer erneuten Einberufung begleitete Serafin, nicht zuletzt, weil seine Frau schwanger war. Im März 1941 kündigte sich die Geburt an. Ein Blutsturz zeichnete sich ab. Auf Anraten des Hauarztes brachte Serafin seine Frau mit einem Taxi sofort ins Meraner Krankenhaus. „Si hoobm inz ogwiesn, weil miar pa dr Option deitsch gstimmt hoobm, sagt er und in seinen Augen schimmern Tränen. Aufnahme fand Maria im Tschermser Krankenhaus, wo die Hilfe zu spät kam und sie ihr Kind verlor. Im Jänner 1944 erhielt Serafin die Einberufung zur Wehrmacht. Nur ungern verließ er seine Frau, die erneut schwanger war. In Brixen sollten er und seine Kameraden den Eid auf den Führer ablegen. „Miar hoobm nit gschworn“, betont er. Zur Strafe kamen sie mit nur fünf Patronenkugeln ausgerüstet an die russische Front. „Mair hattn gsollt zgrund gean“, sagt er. Doch russische Soldaten nahmen sie gefangen. Diese behandelten sie human, jedoch die Tschechen und Polen drangsalierten sie. „Si hoobm di gfilltn Wassrkondlan vor inzerer Noos zerschossn“, erinnert er sich. Die Folge war quälender Durst. Serafin kam in ein Gefangenenlager bei Presslau, wo er Hunger und Durst litt. Neben ihm starben Kameraden an Typhus. „I bin irgatwia imun gwesn“, meint er. Laufend starteten Transporte mit Gefangenen zu den Arbeitslagern in Sibirien. Ihm blieb das erspart, weil er sich als italienischer Staatsbürger ausweisen konnte. Im Oktober 1945 erreichte er Bozen. In Zivilkleidern, die er dort geschenkt bekommen hatte, kehrte er nach Mals zurück. Überglücklich schloss er seine Frau und den kleinen Sohn Josef in die Arme. Entlassungsschein hatte er keinen, und er bemühte er sich auch nicht darum, aus Furcht vor einer erneuten Gefangennahme. „Miar hoobm inz ruhig verholtn unt koan groaßn Lorm gmocht“, sagt er. Nach dem Schein wurde er auch nie mehr gefragt. „Offiziell pin i olm nou Soldot“, lachte er. „Obr haint mit poll 100 wearn si miar woll nimmer nemmen.“
Magdalena Dietl Sapelza
Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau