In jüngster Vergangenheit war an Ihrem Hauptsitz in Latsch eine rege Bautätigkeit zu beobachten. In Krisenzeiten bauen, damit man in guten Zeiten gerüstet ist?
So ist es. Nach dem verheerenden Rückschlag 1991durch den Großbrand haben wir die Schlagzahl erhöht und inves-tieren und vergrößern uns im Fünfjahresrhythmus. Obwohl wir uns im Team mehrmals kontrovers unterhalten haben, ob es Sinn macht, weiterhin hier im Vinschgau zu investieren.
Sie haben in Latsch den elterlichen Betrieb übernommen. Was bietet der Vinschgau an Standortvorteilen?
Ich leite das Unternehmen in zweiter Generation. Mein Vater ist 1956 in dieser Gewerbezone in einer kleinen Garage als Pionier gestartet. Es gibt, wie bei anderen Standorten auch, Vorteile und Nachteile. Wir sind mitten im Gebirge. Das ist schon an sich von der Logistik, von der Erreichbarkeit her ein Problem. Es ist ein weiter Weg bis zur nächsten Autobahn, bis zum nächsten Flughafen. Vom Bozner Flughafen einmal abgesehen, der für mich eine kleine, schnuckelige, intime Struktur und völlig uninteressant ist. Allerdings: Wenn ein Unternehmen aus Latsch weltweit über eine hervorragende Reputation verfügt, kann der Standort nicht so schlecht sein. Aber noch einmal: Nachteile gibt es. Die Erreichbarkeit, die überbordende Bürokratie. Wir gehören zu Italien. Wir haben eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten weltweit. Weit mehr als die Hälfte vom Gewinn eines Unternehmens geht nach Rom und an sonstige Einhebungsstellen. Wir sind eingeschnürt in den Rahmenbedingungen von Bozen, Rom und der EU. Heftiger geht’s nicht. Nichts-destotrotz halten wir nach wie vor am Vinschgau, an Latsch fest. Denn eines steht über allem: Das sind die Mitarbeiter, sie sind die wahre Marke der Fa. Pedross, sie identifizieren sich mit dem Unternehmen und sind mit Herzblut dabei. Die positiven Rahmenbedingungen: wie gesagt die Mitarbeiter, es herrscht Rechtssicherheit, wir verfügen über eine funktionierende Infrastruktur, eine hohe Lebensqualität und wir punkten bei unseren Kunden auch mit der Schönheit des Landes.
Wieviele Mitarbeiter beschäftigen Sie in Latsch?
Derzeit beschäftigen wir 165 Personen in Latsch.
Sie haben einen zweiten Standort in Deutschland.
Das ist die Firma Bürkle, das ist das zweite Standbein der Firma Pedross. Bürkle ist in Frankenthal bei Mannheim angesiedelt und es ist der größte Massivleistenhersteller Deutschlands. Wir haben 2006 Bürkle übernommen und beschäftigen dort 65 Personen.
Zurück nach Latsch. In einem Teil des Zubaues ist ein Biomasseheizkraftwerk untergebracht. Sie decken damit einen Teil Ihres Energiebedarfes und speisen auch Wärme in das Netz des Fernheizwerkes Latsch.
Dieses Vorhaben wurde oft mit meinem Vater, der leider 2002 verstorben ist, diskutiert und liegt schon seit mehr als 10 Jahren in der Schublade. Nun ist es endlich realisiert. Das ist ein Schritt nach vorne und ein Gewinn für das Unternehmen. Wir können damit sämtliche anfallende Resthölzer, und das sind immerhin 30 Tonnen pro Tag, thermisch verwerten. Mittlerweile haben wir eine tolle Kooperation mit dem Fernheizwerk, mit der EG Latsch und liefern einen guten Beitrag für das Dorf Latsch und für die Fraktionen. Pedross alleine wäre in der Lage, von April bis Oktober das Gebiet der Gemeinde Latsch mit Wärme zu bedienen.
Sie haben in Ihrem Betrieb eine energieintensive Produktion. Wie ist der Deckungsgrad an Energie in Ihrem Berieb?
Den Wärmebedarf können wir zu hundert Prozent abdecken. Den Strombedarf bei weitem nicht. Rund 25 Prozent unseres Strombedarfes erzeugen wir mit der neuen ORC-Anlage und den bestehenden Photovoltaikanlagen.
Die firmeneigene Energiegeschichte ist durchaus innovativ. Sie haben in Ihrem Betrieb eine Forschungs- und Innovationsabteilung. Wie wichtig ist diese Abteilung für die Firma?
Die hat eine sehr, sehr große Bedeutung und sie ist für die Zukunft unerlässlich. Diese Abteilung besteht aus drei Personen und diese sind das ganze Jahr über am Forschen, am Tüfteln und am Entwickeln. Einige Ideen aus der Forschungsabteilung haben wir patentieren lassen und die bringen uns klare Vorteile am Markt.
Zum Beispiel, dass man sich die Sockelleisten individuell bedrucken lassen kann?
Das ist heute möglich, genau. Mit Hilfe unserer hochmodernen Digitaldruckanlage bilden wir auch echtholzähnliche Oberflächen 1:1 nach. Damit leisten wir einen kleinen Beitrag, um der weltweiten rücksichtslosen Rodung von Edelhölzern entgegenzuwirken.
1-mal der Erdumfang: In Zahlen sind das 40 Millionen Laufmeter Sockelleisten - soviel produziert die Karl Pedross AG im Jahr. Eine gewaltige Produktion.
Ja. Zusammen mit der Tochter Bürkle produzieren wir diese Menge. Die kann man natürlich nur platzieren und absetzen, wenn man international tätig ist. Für uns ist die Internationalisierung noch lange nicht abgeschlossen. Pedross USA, seit 01.01.2011 unser Tochterunternehmen in Arkansas, wächst rasant, der asiatische Markt wird von uns noch kaum bedient. Nach dem afrikanischen Frühling wird Nordafrika interessant. Es gibt noch viele weiße Flecken, die wir abdecken wollen.
Die Mitarbeiterfrage scheint eine zentrale zu sein. Große Betriebe sind in den vergangenen Jahren mit ihrer Produktion gen Osten gezogen, in Niedriglohnländer.
Wir haben uns nicht nur mit diesem Gedanken beschäftigt, sondern den auch gelebt. Wir hatten ein Joint-Venture in Tschechien. Da war viel Licht und Schatten dabei, das hat uns aber auch die Augen geöffnet. Das Lohngefüge macht Freude, der rote Teppich wird einem dort auch durch die dreckigste Pfütze ausgelegt. Dann kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit unserem Partner. Er wurde zu gierig und gleichzeitig haben wir die Zähne gezeigt. In Osteuropa herrscht ein knallharter Wettbewerb und nur der Preis zählt, aber das Qualitätsdenken nimmt zu.
Haben Sie dieses Tschechien-Experiment beendet?
Es war immer so geplant, dass das eine Geschichte auf Zeit ist. Wir hatten da einen Vierjahresplan und zum Jahreswechsel waren wir nicht unglücklich darüber, dass die Zusammenarbeit zu Ende war.
Lokal sind Sie ein begehrter Sponsor und Sie unterstützen u.a. den Sportverein Latsch. Sie waren vor Jahren auch im Verwaltungsrat der Latscher Skicenter AG. Was raten Sie in der unrühmlichen Causa Latscher Skicenter?
Über die Entwicklung in den letzten drei Jahren und über die heutige Konstellation kann ich nur schmunzeln. Wir hatten damals die gleichen Vorhaben und die gleichen Visionen. Man hat uns Steine in den Weg gelegt, keine Kieselsteine, sondern ordentliche Brocken. Wir mussten dann die Reißleine ziehen und die Bücher der Gesellschaft zum Gericht bringen. Der Prophet im eigenen Lande ist also nichts wert. Grotesk ist das Ganze deshalb, weil der Nachfolger nichts Neues vorhatte, außer mit viel Geld frohlockte. Man ist da auf den Knien hergerutscht, als der Spanier kam. Man hat ihm alles zugesagt, was er verwirklichen wollte...
...fast alles...
Meiner Meinung nach hätten sich die Touristiker damals viel klarer positionieren müssen. Versprechen wurden damals nicht konkretisiert. Und obwohl ich kein Freund für die Einmischung der öffentlichen Hand bin, auch die Gemeinde hätte sich einen Ruck geben und sagen müssen, da ziehen wir mit, z.B. in Form eines PPP (PublicPrivatePartnership). Und wenn die Sache rund läuft, hätte man sich wieder zurückziehen können. Das einfach wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen, finde ich nicht richtig. Eine Idee: Das Ganze auf sanfte Art aufzuziehen, ein kleines Bergdorf, mit 10-12 hochwertigen Chalets. Diese könnten von der Fraktion Tarsch errichtet und verkauft werden und mit dem Erlös finanziert man eine neue kleine feine Seilbahn von Tarsch zur Alm. …ich weiß, es geht schon wieder der Unternehmer mit mir durch….Fakt ist: In der bestehenden Form hat das Skigebiet keine Zukunft.