Wirtschafts-Info
Die Wirtschaftskommentatoren sind sich eigentlich einig darüber, dass Italien nicht mit Griechenland gleichzusetzen ist. Das ist sicherlich ein positiver Aspekt und lässt hoffen. Denn während Griechenland strukturelle wirtschaftliche Probleme hat, leide Italien vielmehr an einem Glaubwürdigkeitsproblem – so der Grundtenor vieler Analysten. Die Staatsverschuldung von 120,5% des Bruttosozialprodukts (ital. prodotto interno lordo kurz PIL) ist in Italien einerseits natürlich viel zu hoch, lag aber andererseits bereits seit Einführung des Euro immer in diesem Bereich. Deswegen ist der Verschuldungsgrad nicht der einzige Grund für die derzeit hohen Zinsen von etwa 6%, die Italien für die Platzierung neuer Staatsanleihen am Markt zahlen muss. Zur Erinnerung: Im Juni 2011 lagen die Zinsen für einjährige Anleihen noch bei 2,15%.
Worauf ist dieser Zinssprung nun zurückzuführen?
Die Zinsen spiegeln ähnlich wie in der Privatwirtschaft das Risiko wider, welches der Gläubiger (i. d. R. die Bank) eingeht, wenn sie das Geld verleiht.
Je stabiler die finanzielle Lage, je besser die Zukunftsaussichten und je wahrscheinlicher, dass die angestrebten Ziele eintreten, umso geringer ist der Zinsaufschlag, den der Schuldner zahlen muss.
Für Italien ergibt sich nun folgendes Bild: Die finanzielle Lage ist anhand einer Neuverschuldung von 2011 von 4%, und einer Gesamtverschuldung von 120,5% eher negativ zu bewerten.
Die Zukunftsaussichten und die Wahrscheinlichkeit, dass Besserung eintritt, sind anhand des geringen Wachstums von lediglich 0,5%, einer Arbeitslosigkeit von 8,1% (die Jungendarbeitslosigkeit liegt bei 27,6%!) und der offensichtlichen Perspektivlosigkeit der Politik deutlich negativ zu bewerten.
Die Herabsetzung des Ratings, d.h. der Kreditwürdigkeit von Italien, durch die Ratingagenturen war aus diesem Grund objektiv betrachtet die logische Konsequenz und unvermeidlich – und hätte meiner Meinung nach, schon viel früher erfolgen müssen. Es wird sich zeigen, ob die angekündigte Übergangsregierung bzw. etwaige Neuwahlen den notwendigen Aufschwung in Italien einleiten können. Maßgeblich wird es sein, die Konjunktur, d.h. das Wachstum zu fördern und gleichzeitig die Sparmaßnahmen nicht nur anzukündigen, sondern auch durchzuführen.
Lorin Wallnöfer, Wirtschaftsberater
Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau