Mit seiner Philosophie hat Rainalter die Schlanderser Gemeindeväter überzeugt. Seit April dieses Jahres hat er über die „Innovate holding GmbH“ einen Auftrag von knapp 50.000 Euro zur Erstellung eines Ortsmarkting-Projektes in der Tasche, komponiert - wenn man so will - an einer Zukunftsmusik für den Hauptort. Der Auftakt liegt seit wenigen Tagen auf dem Tisch und nennt sich „Zukunftsbuch Schlanders 2020“. Der Grundtenor darin ist das, was rund hundert Schlanderser Bürger in den vergangenen Monaten bei sogenannten Zukunftsforen, fünf an der Zahl, erarbeitet haben und nun umgesetzt werden soll. Für Rainalter fängt damit jener Teil seiner Arbeit an, der ihm „am meisten taugt“ und der im Jänner 2012 mit einer Befragung aller Haushalte der Gemeinde Schlanders seinen Anfang nimmt. „Wer von euch Schlandersern hat in den nächsten zwei, vier, sechs, acht oder zehn Jahren einen Bedarf an Wohnungen und was könnt ihr euch leisten?“, nennt Rainalter ein konkretes Beispiel dieser Befragung. Klare Antworten erwartet sich der Regionalentwickler. Wie in Glurns. Denn Rainalter - im Internet ein Phantom - berät nicht nur Schlanders, sondern auch Algund, Meran und eben Glurns. Schlanders und Glurns teilen sich demnach nicht nur den Generalsekretär Georg Sagmeister, sondern auch den Ortsmarketing-Beauftragten Gerhard Rainalter.
Ergibt die Befragung einen ähnlich großen Bedarf an Wohnraum wie in Glurns, ist auch in Schlanders die Gründung einer Immobiliengesellschaft vorgesehen. Diese soll, abseits von der Erschließung neuer Flächen im Kasernenareal, jene Leerstände erheben und bespielen, die man in Schlanders gefühlsmäßig zwar nicht vermutet, aber dennoch Realität sind. Und: Bezahlbares Wohnen im Vinschger Hauptort ermöglichen.
Über insgesamt acht Themen - darunter das Kasernenareal - will sich Schlanders künftig neu definieren. (s. Belegungsstrategie u.). „Was aber nicht heißt, dass wir das Rad neu erfinden“, stellt Bürgermeister Dieter Pinggera klar. Das zeigt auch der Blick in die Zukunft: besondere Nahversorgungsleistungen wie eine Vinothek sollen angesiedelt werden, ein vier-Sterne-Campingplatz realisiert, eine Jugendherberge dem Jugendzentrum beigestellt oder ein Bolzplatz geschaffen werden. Und auch der Apfel hat seinen festen Auftritt in der Zukunft. Einmal in einem Apfel- und Paradiesgarten, zum andern in Apfel-Kulturwanderungen und in „einer pfiffigen Gastronomie mit einheimischen Produkten“.
Den Takt dafür wird längerfristig nicht die „Innovate holding GmbH“ angeben, sondern eine - momentan vakante - Schlanderser Marketingstelle. Die muss man neu angehen, sagen Rainalter und Pinggera unisono. Einen zweiten „Fall Avena“ schließen beide aus. Weil die Bürger von Schlanders mit dem Zukunftsbuch den Ton angeben und „nicht eine fremde Person, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit gegeben“.
„Schlanders will first lady sein“ titelte der „Wind“ vor genau fünf Jahren und beschrieb die ersten Versuche eines Ortsmarketings. Als Ideengeber hat man sich mit Josef Bernhart von der Eurac Bozen und Oskar Januschke, den Marketingbeauftragten der Stadt Lienz, gleich zwei geholt. 7.500 Euro haben sich Bernhart und Januschke für ihre zehn Beratungen zahlen lassen. Das Resultat: die Anstellung der Marketingleiterin Lorenza Avena, die als Bindeglied zwischen der Gemeinde und dem Volk agieren sollte. Startete Avena noch im Frühjahr 2007 „voller Ideen“, wurde sie keine anderthalb Jahre später aus der Stabstelle des Wirtschaftsreferenten Kurt Leggeri gegangen. Zurück blieb ein „zerfleischtes Marketing“. 33.111,60 Euro sind an die „Laurentia OHG der Avena Lorenza und des Lorandi Oscar“ für ein Leitbild und die Ausarbeitung von rund einem Dutzend Projekten, die bis heute in der Schublade liegen, überwiesen worden. Dann wurd’s still um das Thema Ortsmarketing, bis zu jenem Zeitpunkt als das 4,5 Hektar große Kasernenareal im vergangenen Jahr ans Land übergegangen ist.
Um ein Gefühl für die Machbarkeit von einem Areal dieser Größenordnung zu bekommen, weilt der siebenköpfige Ausschuss der Gemeinde Schlanders heute (Donnerstag, Anm. d. R.) in Dornbirn und in Bregenz und besichtigt „Rhomsberg’s Fabrik“, den viertgrößten Gewerbepark Österreichs und „Schöller-2Welten“. Beide Parks sind von der „Innovate holding GmbH“ konzipiert worden. Abseits von Gewerbeparks führt die „Innovate“ auch Rattenberg, Lienz oder das Kleinwalsertal auf ihrer Referenzliste. Schlanders könnte als erfolgreiches Marketingmodell dazu kommen.
Garantie gibt es keine, eine Überdosis Hoffnung sehr wohl. Denn nicht nur Pinggera segelt auf einer Woge der Euphorie, auch bei den Bürgern, die am Zukunftsbuch mitgeschrieben haben, überwiegt eine positive Stimmung. Sie fungieren gleichzeitig als Multiplikatoren, damit die positive Einstellung auch auf’s restliche Volk überschwappt. Denn ein zweites Waterloo im Ortsmarketing kann sich Schlanders nicht leisten. Eines reicht.
Bürgerversammlung
Mittwoch, 16. November
um 20 Uhr
im Kulturhaus Schlanders
zum Thema „Zukunftsbuch
Schlanders 2020 - ganzheitliche
Kommunalentwicklung“
von Angelika Ploner
Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau