Dienstag, 29 Mai 2018 00:00

„Mitn Fuaßboll hon i Teitsch glernt“

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

s17 1491Der gebürtige Friulaner Valerio Rainis trat 1967 nach seiner Polizei-Ausbildung den Dienst bei der Grenzpolizei in Mals an. Er war anfangs irritiert, denn er sprach kein Wort Deutsch. Doch es dauerte nicht lange bis sich das änderte.

von Magdalena Dietl Sapelza

Es war das Jahr 1967. Zusammen mit zwei Kollegen saß Valerio im Zug nach „Trentino Alto Adige“ mit dem Ziel „Malles“.

Die drei frisch gebackenen Grenzpolizisten hatten keine Ahnung, dass sie der Dienst  in einem deutschsprachigen Gebiet erwartete. Erst als sie in Bozen in die „Litorina“ stiegen, merkten sie, dass nur noch einige wenige Reisende Italienisch sprachen. Und ab Meran wurde um sie herum nur noch Deutsch gesprochen. Erschrocken fragten sie sich, ob sie in Verona möglicherweise den falschen Zug erwischt hatten. „Bis Mols hobmer norr koa Wort mea gredet“, lacht Valerio.
Er wuchs zusammen mit einer Schwester in Gemona del Friuli bei Udine auf, wohl behütet von seinem gestrengen Vater, den er mit „Voi“ (Ihr) anreden musste. In der Schule lernte er neben Italienisch auch Französisch. Valerio spielte leidenschaftlich gerne Fußball. Sein Traum war es, in einem Profiklub zu spielen, denn das Talent  dazu hatte er. „Mit 14 Johr hon i norr aa zwoa privini mochn kennt, bei Udines und bei Milan“, erzählt er. Es habe aber nicht gereicht. Umworben wurde er von mehreren Amateurvereinen der Gegend. Die Funktionäre seines Heimatvereins „verkauften“ ihn schließlich für 100.000 Lire an den Nachbarverein Tarcento. Mit dem Geld bauten sie einen neuen Fußballplatz. Valerios Vater hielt nichts von einer Fußballerkarriere und drängte seinen Sohn zu Staatspolizei. Mit 18 Jahren begann Valerio die Ausbildung in Nettuno bei Rom, die er dann in Caserta bei Neapel fortsetzte. Dann stand er vor der Entscheidung: Grenzpolizei oder Straßenpolizei. Er wählte erstere, nicht zuletzt weil der Spezialisierungskurs in Ventimilia an der französichen Grenze stattfand. „I hon mir gfreit, dass i Französich redn konn unt dass i selm aa bleibm konn“, sagt er. Doch es wurde nach Mals geschickt.
Noch während er dort die Koffer auspackte, überlegte er, den Dienst zu beenden. „I honns lossn gwellt“, betont er. Aufgewühlt rief er zu Hause an. Sein Vater bot ihm an, ihn zurückzuholen und ihm eine Stelle in Friaul zu organisieren. Da stieg in Valerio der Trotz auf, und er beendete das Gespräch mit den Worten:  „Voglio stare qua`“ (Ich will hier bleiben). Und dabei blieb es.
Fest entschlossen, die deutsche Sprache zu lernen, sich zu integrieren, ging er auf die Einheimischen zu und knüpfte Kontakte.  Ein Weg führte über den Fußball, seinem Lieblingssport. 1968 traf er Funktionäre des eben erst gegründeten Sportverein Schluderns, die ihn mit offenen Armen aufnahmen. „Mitn Fuaßboll hon i Teitsch glearnt“, bekräftigt er. Im selben Jahr lernte er auch die attraktive Glurnserin Rosanna Trauner kennen. Sie war ein  weiterer Grund, dass sich Valerio im Vinschgau immer heimischer fühlte. 1974 führte er sie zum Traualtar und bezog mit ihr etwas später in neues Haus. Das junge Glück wurde 1977 durch die Tumorerkrankung Rosannas getrübt. Glücklicherweise überwand sie die schwere Zeit. Der Kinderwunsch blieb ihr jedoch versagt. Das Paar adoptierte daraufhin ein Geschwisterpaar und gab ihm ein liebevolles Zuhause.  
Dem Fußball blieb Valerio  über Jahre hinweg treu. Als Spieler, als Jugendtrainer, als Betreuer wirkte er in Glurns und Umgebung. Auch in der Stadtgemeinschaft brachte er sich aktiv ein. Er war Mitglied im Stadtrat und trat der Freiwilligen Feuerwehr bei. „I hon nia a Problem kopp“, bekräftigt er. „Unt es isch schean, dass sie miar s`Vertrauen gegebm hobm.“  Probleme habe er mit einigen Italienern gehabt. Nachdem er FF-Mitglied geworden war, habe er sich anhören müssen „Sei un venduto“ (bist ein Gekaufter). 1991 beendete Valerio den Polizeidienst und ging in Pension.
In seiner freien Zeit pflegt er die Kollegschaft und spielt gerne Karten. Denn als „Wahl-Vinschger“ hat er das „Schiabm“, das „Biatn“ und das „Watten“ längst auch gelernt. Seit 16 Jahren koordiniert er die Abläufe im „Camping im Park“ an der Etsch in Glurns. Dabei schaut er nie auf die Uhr. „Wenn di Orbat do isch, muaß ma si mochn“, meint er. Hie und da besucht er seinen Heimatort in Friaul und lässt Erinnerungen aufleben. Seine einstige Entscheidung, im Vinschgau zu bleiben, hat er jedoch nie bereut.

{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 3665 mal
Mehr in dieser Kategorie: « „Brotladen Angerer“ eröffnet

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 3-25

titel Vinschgerwind 2-25

titel vinschgerwind 1-25

 winterwind 2024

WINDMAGAZINE

  • Warm und trotzdem atmungsaktiv. Funktionsbekleidung ermöglicht es uns, selbst bei klirrenden Temperaturen den Schnee und die traumhafte Winterlandschaft zu genießen, ohne ins Frösteln zu kommen. Baumwolle, Fleece oder Daunen? Was…
    weiterlesen...
  • Die tierischen Protagonisten aus der Weihnachtsgeschichte an den Futterkrippen anzutreffen, war einigermaßen überraschend. Weniger unerwartet war, dass ihre Landwirte auch im Winter tüchtig sind. Ein bisschen Zeit für die Ofenbank…
    weiterlesen...
  • Der junge Vinschger Martin Fahrner ist seit 2018 Chef der World Racing  Academy WRA. In der Skisaison 2024/2025 ist er mit 12 Athleten im  internationalen Skizirkus unterwegs. Sein Vater Hans…
    weiterlesen...
  • Promenaden verfügen standesgemäß über besondere Flanierqualitäten, bieten interessante Blickbeziehungen und dienen in der Regel dem Lustwandeln.  Der fünf Kilometer lange Rundweg um den Haider See im Vinschger Oberland vereinigt diese…
    weiterlesen...
  • Ein paar winterliche Überlebensstrategien von Alpentieren und -pflanzen stelle in diesem Beitrag vor. Vereinfacht und in einer systematisierenden Übersicht kann man aktive und passive Überwinterer unterscheiden. Von Wolfgang Platter, dem…
    weiterlesen...
  • Un racconto per immagini di Gianni Bodini   La Val Venosta offre agli amanti degli sport invernali diversi centri ben attrezzati, ma anche per chi si “accontenta” della natura non…
    weiterlesen...
  • Die magische Geschichte der „VALANGA AZZURRA“ („blaue Lawine“),  dem damals erfolgreichsten Ski-Team der Welt rund um Gustav Thöni wurde  verfilmt. Vorgestellt wurde der Kino-Film jüngst am Filmfestival in Rom. von…
    weiterlesen...
  • Unvergessliche Pistenerlebnisse Atemberaubendes Panorama und 44 bestens präparierte Pistenkilometer: In Sulden sind Wintersportträume Wirklichkeit.   Das Skigebiet in Sulden ist kein Geheimtipp, Sulden ist höchstes Niveau, Sulden ist „First Class“:…
    weiterlesen...
  • Schließen Sie die Augen und träumen Sie vom perfekten Winterurlaub mit der Familie … Text: Stephan GanderFotos: Lucas Pitsch / Sebastian Stip In Trafoi, mitten im Nationalpark Stilfserjoch erlebt man…
    weiterlesen...
  • Eine Oase der Ruhe, ein Ziel für Wanderungen, ein beliebter Treffpunkt für Genießer, auch zum Feiern, Ausgangspunkt für Skitouren, eingebettet in einer wunderbaren Bergkulisse: das ist die Berghütte Maseben. Die…
    weiterlesen...
  • Wusstest du, dass die Nährstoffe in Äpfeln die gesundheitliche Wirkung von anderen Lebensmitteln verstärken? VIP hat spezielle Kombinationen mit Vinschger Apfelsorten entwickelt, die überraschend gut schmecken und die Gesundheit fördern.…
    weiterlesen...
  • Die Tage werden kürzer, die Luft frischer, und die Landschaft erstrahlt in reinem Weiß – der Winter in der Ferienregion Reschensee ist da! Eingebettet im malerischen DreiländereckItalien-Österreich-Schweiz erwartet euch ein…
    weiterlesen...
  • Wo die heimischen Alpen in ein winterliches Wunderland verwandelt werden! Dieses Gebiet bietet nicht nur erstklassige Skimöglichkeiten, sondern ist auch ein Ort, der Tradition und Gemeinschaft inmitten der atemberaubenden Natur…
    weiterlesen...
  • Latsch-Martelltal Zwischen kristallklaren Bergseen, dem ursprünglichen Martelltal, dem kargen Sonnenberg und dem sattgrünen Nörderberg liegt das Feriengebiet Latsch-Martell - unterschiedlicher könnte es nicht sein. Als wahres Skitouren Eldorado ist das…
    weiterlesen...

Winterwind 2024

zum Blättern

Winter Magazin - Winterwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Skigebiete Skifahren Rodeln Langlaufen Winterwandern Schneeschuhwandern Eislaufen Schöneben Haideralm Sulden Trafoi Watles Ferienregion