Der See ist heute von Almwiesen und alpinen Rasen umgeben. Vereinzelt stehen junge Lärchen in seiner Umgebung. Versunken im See liegen hingegen einige recht stattliche Baumstämme, die auf Waldbestand in dieser Höhenlage in früheren Zeiten hinweisen. Der Förster Klaus Staffler von der Forststation in St. Walburg, der Biologe Dr. Ronald Oberhofer, Leiter des Nationalparkhauses Lahnersäge in St. Gertraud und die Biologin Dr. Birgit Lösch Schwienbacher nahmen sich aus wissenschaftlichem Interesse der versunkenen Stämme an. Es gelang, zwei Stämme zu bergen und mit dem Hubschrauber zu Tal zu transportieren. In der Folge wurde das durch den Luftabschluss bestens erhaltene Lärchenholz von Univ. Prof. Dr. Kurt Nicolussi am Institut für Geografie der Universität Innsbruck dendrochronologisch untersucht. In dieser Untersuchung werden die Jahresringe vermessen und datiert.
Schrummlärche 1
Das Ergebnis der ersten vermessenen Lärche, welches Dr. Walter Oberhuber an der Universität Innsbruck erarbeitet hat, ist bereits eine kleine Sensation: Der erste Jahresring wuchs im Jahr 184 n. Chr. und der letzte gemessene Ring im Jahr 726 n. Chr. Somit weist der Baum ein gemessenes Alter von 543 Jahren auf. Insgesamt dürfte der Baum ungefähr 600 Jahre alt gewesen sein, da das Splintholz fehlt, und seit 1.200 Jahren im See gelegen haben. Klimatisch hatte es die Schrummlärche 1 nicht so schlecht, sie wuchs in der Römerzeit, einer Zeit mit relativ warmem Klima.
Schrummlärche 2
Die Untersuchungsergebnisse an der zweiten Lärche aus dem Schrummsee sind noch verblüffender: Die Lärche weist 573 Jahrringe auf, welche von 6.506 bis 5.934 vor Christus gewachsen sind. Durch die Vergleichswerte mit anderen alten Hölzern konnte die Lärche jahrgenau datiert werden. Somit lag diese Lärche bis zu ihrer Bergung im heurigen Frühsommer schon seit knapp 8.000 Jahren (!) im Schrummsee. Zur zeitlichen Einordnung ein Vergleich: Der Stamm lag bereits ca. 2.700 Jahre im Wasser des Hinterultner Sees, als Ötzi geboren wurde. Wahrscheinlich stand die Lärche in unmittelbarer Nähe des Seeufers und erreichte in einer Wärmeperiode nach der Würm-Eiszeit als der letzten der vier Eiszeiten ein stattliches Lebensalter von 600-700 Jahren. Sie dürfte direkt in den See gefallen sein und hat sich unter Luftabschluss über die Jahrtausende erhalten.
Wissenschaftliche Einordnung
Es gibt für Südtirol etwa ein Dutzend weiterer Bäume, die so alt oder noch älter sind als die Schrummlärche 2 aus der Jungsteinzeit. Die Schrummlärche 2 übertrifft allerdings alle diese Hölzer mit fast 600 vermessenen Jahrringen an Größe und nachweisbarer Reihenlänge an Jahrringen.
Die beiden Baumstämme aus dem Schrummsee können im Nationalparkhaus Lahnersäge in St. Gertraud Ulten im Rahmen der Sonderausstellung „Die Lärche“ besichtigt werden. Der Leiter dieses Nationalparkhauses Dr. Ronald Oberhofer hat diese Ausstellung konzipiert und viel Interessantes über die Lärche als wald- und baumgrenzbildenden Baum der Alpen zusammengetragen und erschlossen. So sind etwa auch eine Scheibe der 650 Jahre alten Weißbrunn-Lärche und ein abgebrochenes Wipfelstück einer der Urlärchen von St. Gertraud ausgestellt.
Interessant ist auch die Kenntnis der Eigenschaften verschiedener Holzarten, welche Ötzi zu seiner Zeit schon hatte und welche so gar nicht „steinzeitlich“ war. Ronald Oberhofer schreibt dazu in einem Ausstellungspaneel:
„Ötzi (vor 5.300 Jahren) hatte 18 verschiedene Holzarten bei sich und verstand sich offenbar auf deren Eignung:
Dolchgriff aus Esche,
Bogen und Holm des Beiles aus Eibenholz,
Haselrute zur Versteifung des Köchers,
Pfeil aus dem Holz der Kornellkirsche,
Pfeilschaft aus Trieben des Wolligen
Schneeballs,
Zunderschwamm und Felsenbirne, um Feuer zu machen,
Glutbehälter aus Birke,
Ahornblätter als Isoliermaterial für die Glut.“
INFO
Das Nationalparkhaus Lahnersäge in St. Gertraud Ulten hat folgende Sommeröffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag
09.30-12.30 Uhr und 14.30 – 17.30 Uhr.
Juli und August
zusätzlich Sonntag 14.30 – 17.30 Uhr
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