Kommentar zum 5. Vinschger Wertetag - Nach dem humorvollen und rhetorisch exzellent vorgetragenen Referat des bekannten Journalisten und Buchautors Peter Hahne beim „5. Vinschger Wertetag“ standen die meisten der fast 200 Zuhörer von ihren Sitzen auf und brachen in begeisterten Applaus aus. Ich blieb sitzen, um meine Enttäuschung auszudrücken. Mit großen Erwartungen war ich zu dieser Veranstaltung ins Kulturhaus Schlanders gegangen. Das Thema „Wertschätzung – Der geschätzte Wert des Lebens“ ist ein hochaktuelles Thema und die drei Referenten Peter Hahne, Maria Hochgruber Kuenzer und Josef Stricker versprachen drei unterschiedliche Sichtweisen auf ein wichtiges Gesellschaftsthema. Auch der Veranstalter, Xpand Südtirol, hinter dem sich „Die Christen Gemeinden Südtirol (CGS)“, d.h. die Evangelische Freikirche verbirgt, machte mich neugierig. Hahne hat wichtige Fragen aufgeworfen, z.B. welchen Wert hat ein Mensch, auch wenn er nichts leistet, was gibt uns Halt?
Mehrere seiner Aussagen haben mich aber zutiefst enttäuscht. Das Bemühen um eine gendergerechte Sprache muss man nicht teilen, dieses Anliegen bei einer Veranstaltung, wo es um Wertschätzung geht, lächerlich machen, darf man nicht. Der Satz „Die Kirchen kennen sich beim CO2 Ausstoß besser aus als in der Bibel“ verharmlost die Klimaerwärmung und ist eine Beleidigung für alle, denen die Bewahrung der Schöpfung ein wichtiges Anliegen ist. Die schwärzeste Zeit der Kirche ist für Hahne, als die beiden höchsten Vertreter der Kirchen in Deutschland bei einem Besuch des Felsendoms in Jerusalem ihr Kreuz ablegten. Hat er von Kreuzzügen, Inquisition und Hexenverbrennungen nie etwas gehört? Regelrecht schockiert hat mich, wie Hahne den Missbrauch in der Kirche kleingeredet und bagatellisiert hat.
Mein Erkenntnisgewinn: Nicht jede humorvolle Rede ist auch geistreich, brillante Rhetorik blendet, man muss auf den Inhalt, nicht auf die Verpackung achten.
Heinrich Zoderer
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