Aus dem Gerichtssaal - Nun haben sie es also geschafft! Eine Mehrheit der Abgeordneten zum Südtiroler Landtag (19 von 35) richteten einen Brief an den (noch amtierenden) österreichischen Außenminister Sebastian Kurz und an den Obmann der F.P.Ö., Karlheinz Strache, mit dem sie darum ersuchen, dass die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler in das Koalitionsabkommen zwischen ÖVP und FPÖ aufgenommen wird. Völker- und europarechtlich würde eine solche Regelung kein Problem darstellen.
Der Republik Österreich steht es frei, die Staatsbürgerschaft auch sog. „Altösterreichern“ zu verleihen. Italien behandelt Dalmatiner, Istrianer und Auslandsitaliener ähnlich großzügig. Aber was rechtlich möglich ist, muss politisch nicht unbedingt sinnvoll sein. Es finge ja schon mit möglichen Diskriminierungen im eigenen Lande an! Wer hätte Anspruch darauf, die Doppelstaatsbürgerschaft überhaupt zu beantragen? Müssten wir über eine Art Ahnenpass die altösterreichischen Wurzeln und damit die „Reinrassigkeit“ nachweisen? Wie wollten wir, um nicht als Rosinenpicker zu erscheinen, den Bezug von Sozialleistungen in Österreich rechtfertigen, ohne einen Beitrag für das dortige Steueraufkommen geleistet zu haben? Wie wollen wir es mit der Wehrpflicht halten? Nach einem Urteil des österreichischen Verwaltungsgerichts unterliegen Doppelstaatsbürger, auch wenn sie ihren Wohnsitz im Ausland haben, in Österreich der Wehrpflicht! Im Jahre 2013 erhielten 190 Burschen mit Doppelstaatsbürgerschaft vom österreichischen Verteidigungsministerium den Musterungsbefehl! Also bleiben wir auf dem Boden der Tatsachen und hören wir endlich auf damit, uns gegenseitig mit politischem Wunschdenken und Utopien zu überbieten! Versuchen wir stattdessen, im Rahmen des historischen Tirol (Deutsch – und Welschtirol von Kufstein bis Borghetto) ein Stück Alt-Österreich wieder aufleben zu lassen. Denn als Vielvölkerstaat war die Monarchie tatsächlich über weite Strecken ein Vorläufer des heutigen Europa. Und am Auseinanderbrechen des damaligen Tirol und der Hinwendung vieler Trentiner nach Italien war der Chauvinismus der Deutschtiroler nicht unbeteiligt. Denken wir nur an die aus heutiger Sicht unverständliche Weigerung, den Italienern in Innsbruck an der Universität eine eigene juristische Fakultät zu bewilligen! Nicht zu Unrecht gab einer unserer klügsten Köpfe, der Historiker Claus Gatterer, seiner Biographie des Trentiner Patrioten Cesare Battisti den Titel: “An seinem Galgen stand Österreich“. In Umkehrung der Losung von Sigmundskron von 1957 könnten wir zusammen mit unseren nördlichen und südlichen Nachbarn versuchen, aus der politisch nunmehr bedeutungslosen Region Trentino-Südtirol ein Europa im Kleinen zu machen!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
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