Dienstag, 08 August 2017 12:00

Die Trockenheit lässt Föhren absterben

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s6 SchnalswaalAn den Sonnenhängen des  Vinschgaus sind seit dem Frühjahr 2016 braun verfärbte Föhren zu beobachten. Diese Föhren sind zum Großteil abgestorben. Als Hauptgrund wird die extreme Trockenheit genannt. Der Schutzwald könnte in Gefahr geraten. Forstverwaltung und Grundeigentümer stehen vor neuen Herausforderungen.

von Magdalena Dietl Sapelza

„Optisch ist es katastrophal, aber insgesamt ist nur ein kleiner Teil betroffen“,
erklärt der geschäftsführende Amtsdirektor im Forstinspektorat Schlanders, Georg Pircher.

Das Föhrensterben an den Sonnenhängen des Vinschgaus ist auf einer Fläche von 800 Hektar von Spondinig bis Naturns zu beobachten. Die gesamte Waldfäche im Vinschgau beträgt 39.500 Hektar. Als Hauptgrund für das Absterben der Föhren, auch Kiefern genannt, nennt Pircher die extreme Trockenheit in den vergangenen Jahren und vor allem im Jahr 2016 (siehe Interview). Extrem war die Trockenheit im vergangenen Winter. Im Dezember 2016 gab es keinen Niederschlag. Auch im Frühjahr war es extrem trocken und langsam verfärbten sich die Föhren, bis sie schließlich abstarben. Nun ist zum ständigen Problem mit den Kieferprozessionsspinnern auch noch die Trockenheit dazugekommen. Diese hat, laut Pircher, die Lebensadern mancher Föhren gekappt. Er stellt jedoch klar: Der Fraß der Prozessionsspinner und deren Bekämpfung bringe die Bäume nicht zum Absterben. Denn auch die von den Prozessionsspinnern abgefressenen Bäume besitzen intakte Knospen, die immer wieder neu austreiben. Der Niederschlagsmangel sei viel schlimmer. Dieser mache die Kiefern in der sonnenexponierten Lage des Sonnenberges anfällig für Pilzkrankheiten und Schädlinge, wie Borkenkäfer, den kleiner und großen Waldgärtner und andere. Das Absterben der Bäume ist dann die Folge. Dass der Wassermangel der Hauptgrund für das Absterben ist, beweisen beispielsweise die kräftig grünen Föhren entlang von Wasserwaalen (siehe Bild) „Bäume mit Nadeln, wie es die Föhre ist, brauchen auch im Winter Wasser, im Gegensatz zu Laubbäumen, die ihre Blätter verlieren und auch trockene Winter gut überstehen“, erklärt Pircher. Deshalb ist Laubmischwald widerstandsfähiger gegen Trockenperioden. Diese, wie auch extreme Wetterphänomene, kommen, verursacht  durch den Klimawandel, immer häufiger vor. Ein intakter Schutzwald ist deshalb wichtiger denn je, um Hangrutschungen vorzubeugen.
Eine Umstrukturierung der Schwarzföhrenforste begann bereits im Jahre 1996. Seither investiert das Forstinspektorat jährlich 150.000 Euro in die s6 baumartenAnreicherung des Föhrenwaldes mit Laubbäumen. Durch dieses Projekt werden seither jährlich zehn Hektar Schwarzföhrenwald in naturnahen Laubwald umgewandelt. Kleinflächig entnehmen Forstarbeiter Föhren und pflanzen Laubbäume wie Flaumeiche, Blumenesche, Vogelkirsche, Linde, Ahorn und Birke, die sie mit Wildzäunen schützen. Bewässert wird im ersten Jahr mit fliegenden Leitungen. Dann sollten sich die Bäume selbst erhalten.  
Die Föhren-Monokulturen, die in den 1950er und 1960er Jahren im Rahmen eines Sonderprogrammes gepflanzt wurden, um die Hänge vor Erosion und Muren zu schützen, erfüllten zwar kurzfristig ihren Zweck, weil die Föhren schnell wuchsen. Die Monokulturen erwiesen sich aber langfristig als problematisch, wie auch der Kiefernprozessionsspinner-Befall zeigt. „Wir haben bisher getan, was möglich war. Nun werden wir die Arbeiten noch intensivieren müssen“, betont Pircher.
Die Verantwortlichen vom Forstinspektorat hoffen auf die Mithilfe der Grundeigentümer. Das sind im Vinschgau vorwiegend Gemeinden und Fraktionen. Bei Informationsveranstaltungen wird versucht, deren Vertreter für ein schnelles gemeinsames Handeln bei der Umstrukturierung des Föhrenwaldes zu gewinnen. Informiert werden auch die Verantwortlichen des Alpenvereins, der Tourismusvereine und in einem weiteren Schritt die Bevölkerung. Ein Netzwerk zur Waldpflege soll geknüpft werden. „Es braucht die Mithilfe, denn Forstarbeiter sind keine Holzfäller, und deshalb brauchen wir die Grundeigentümer“, sagt Pircher. Man dürfe jetzt keine Zeit verlieren, denn der Schutzwald an der Sonnenseite müsse in gemeinsamer Anstrengung durchforstet und vor Erosion geschützt werden.
Anreize bilden Landesbeiträge für Waldnutzung und Waldpflege. Die Grundeigentümer, Fraktionen und Gemeinden können um die Beiträge ansuchen (siehe Tabelle). Und sie werden vom Forstinspektorat dazu motiviert, es auch zu tun und sich aktiv einzubringen. Die Forstbehörde bewertet die Waldabschnitte und begleitet die zu treffenden Maßnahmen. Der Anblick von abgestorbenen Föhren könnte uns jedoch noch länger begleiten. Denn wo große Erosionsgefahr besteht, bleiben diese vorerst stehen, weil auch abgestorbenen Wurzeln das Erdreich halten und der Schattenwurf das Kleinklima und den Nachwuchs der jungen Laubbäume begünstigt.

Beiträge
Schadholz/Durchforstung:
vom Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum 2014 - 2020
Bringungsprämie für Schadholz:
- Seilwinde: 9 Euro pro Vorratsfestmeter
- Seilkran: 15 Euro pro Vorratsfestmeter
Waldbauliche Maßnahmen (Durchforstung) - 1.500 Euro pro Hektar

 

Georg Pircher, seit 1. Juli 2017 geschäftsführender Amtsdirektor im Forstinspektorat in Schlanders

„Wir müssen die Umstrukturierungsarbeiten intensivieren“


Vinschgerwind: Viele Föhren  an der Vinschger Sonnenseite haben sich braun verfärbt. Was ist mit ihnen passiert?
s7 7678Georg Pircher: Die meisten sind abgestorben. Der Hauptgrund ist die extreme Trockenheit im  Winterhalbjahr 2016/17. Im Dezember hatten wir 0,0 Millimeter Niederschlag. Auch der Jänner hatte nur zwei Tage Niederschlag, und der Februar 2017 war ebenfalls extrem trocken und mild. Dann hatten wir auch noch den zweitwärmsten März in der Wetter-Geschichte. Durch die extreme Trockenheit hat sich das Diplodia-Triebsterben ausgeweitet. Diese Pilzerkrankung ist ein typischer Schwächeparasit, der nach Trockenheit angreift und zum Absterben der Bäume führen kann. Wir haben beobachtet, dass auch kerngesunde Föhren in Trockenlagen abgestorben sind.
Vinschgerwind: Schwarzföhren-Monokultur – ein weiterer Grund des Übels?
Pircher: Diese spielt sicher eine Rolle. Denn von Natur aus wären die Föhren in diesen Lagen nicht in dieser Menge vorhanden. Mit dem Aufforstungsprogramm von 1951 bis 1965 hat man versucht, so schnell wie möglich zu Bäumen zu kommen. Und die Schwarzföhre schien dafür geeignet, weil sie für diese Hänge und Böden ideal ist. Die Föhren sind auch relativ schnell gewachsen und haben die Hänge gesichert. Es war aus der damaligen Sicht eine angepasste gute Lösung, um Erosion, Muren und Hochwasser vorzubeugen. Seit 1996 arbeitet das Forstinspektorat intensiv am Projekt „Umstrukturierung“. Jährlich stehen 150.000 Euro bereit. Erklärtes Ziel ist es, den Föhrenwald mit Laubbäumen anzureichern.
Vinschgerwind:Haben die Kiefernprozessionsspinner und deren Bekämpfung auch einen Einfluss?
Pircher: Prozessionsspinner sind ein zusätzliches Problem. Sie bringen Föhren nicht zum Absterben, doch bei Trockenheit ist jede Schwächung ein Problem. Das gilt nicht nur für den Prozessionspinner sondern auch für den Borkenkäfer, der geschwächte Bäume angreift. Die Prozessionsspinner werden mit dem biologisch abbaubaren Präparat Bacillus Thuringiensis bekämpft, mit dem die Nadeln besprüht werden. Wenn die Raupen die besprühten Nadeln fressen, sterben sie. Dieses Mittel wirkt nur spezifisch auf den Prozessionsspinner, schon gar nicht auf die Föhren. Das haben Studien ergeben.  
Vinschgerwind: Das Föhrensterben zwingt zu neuen Maßnahmen?
Pircher: Ja, wir müssen die Umstrukturierungsarbeiten intensivieren. Und wir müssen die Waldeigentümer aktivieren. Im Vinschgau sind dies in erster Linie Fraktionen und Gemeinden. Diese haben mittlerweile die Möglichkeit, um Landesbeiträge für Schadholznutzung und Waldpflege anzusuchen. Die Beratung übernimmt dann das Forstamt, es bewertet den Standort und erarbeitet die sinnvollen Maßnahmen.
Vinschgerwind:Was passiert mit den abgestorbenen Föhren?
Pircher: Es wird von Fall zu Fall entschieden. In einigen Orten entfernen wir sie im Hinblick auf die Waldbrandgefahr oder die Sicherheit, zum Beispiel an Spazierwegen. Wo Erosionsgefahr besteht, lässt man die Föhren stehen. Denn auch dürre Bäume werfen Schatten und verbessern das Waldklima für die jungen Laubbäume. Örtlich denkt man an „Querfällen“, um liegende Barrieren zu errichten, vor allem in Steinschlag gefährdeten Zonen.

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