Bereits als Student der Kirchenmusik habe ich sie bewundert: Die Regensburger Domspatzen! Diesen einzigartigen Chor mit seinen wunderbaren Knabenstimmen. Weltbekannt! Wie gerne hätte auch ich an einer solchen Domsingschule das Singen und Musizieren gelernt. Nach dem Abschlussbericht der Untersuchungskommission über den Missbrauch dieser Chorknaben denke ich jedoch mit einem mulmigen Gefühl an diesen einstigen hehren Wunsch meinerseits zurück. Von mindestens 547 nachgewiesenen Fällen wird ausgegangen. Die Missbräuche sind nicht nur sexueller Natur, so wurde zum Beispiel geschildert, dass ein Knabe gezwungen wurde, sein Erbrochenes zu essen. Diese exzessive Form von Sadismus und Brutalität ist nur schwer zu verdauen. So schreibt der Spiegel in seinem aktuellen Leitartikel deutlich, die katholische Kirche habe als moralische Instanz ausgedient. Zu Recht? Nun ja, wer hohe moralische Ansprüche an die Menschen stellt, darf sich nicht wundern, eines Tages selbst daran gemessen zu werden. Dieser Tag ist jetzt da. Lange Zeit hat (nicht nur die katholische Kirche) an einer rigiden Sexualmoral festgehalten. Vorehelicher Geschlechtsverkehr gehörte und (zum Teil) gehört, wie auch die Liebe zwischen Menschen gleichen Geschlechtes, immer noch zum Sündenkatalog. Geschiedene Wiederverheiratete wurden und werden von der Amtskirche immer noch in die zweite Klasse versetzt. Erst die Anregung von Papst Franziskus, die Dinge differenzierter anzuschauen, nährt die Hoffnung auf dringend notwendige Veränderungen. Hardliner wie der verstorbene Kardinal Meisner, oder auch der (zu recht!) pensionierte Chef der Glaubenskongregation, Kardinal Müller, stellen sich Papst Franziskus, wo immer sie können, entgegen. Möge Gott ihm bei seiner wichtigen Mission beistehen, den schlimmsten Vergehen von Amtsträgern der Kirche den Garaus zu machen. Was der Schreiber des Spiegelartikels nicht berücksichtigt: Missbrauch ist kein speziell kirchliches Phänomen. Sadismus auch nicht. Kirche ist immer auch Teil der Gesellschaft. Staatliche Internate, Sportvereine und Fussballclubs sind genau mit denselben Problemen diesbezüglich konfrontiert. Ganz zu schweigen von Missbrauch in der eigenen Familie. Allerdings ist es bei der Kirche besonders traurig: Sie soll die Menschen zu Gott führen, der nichts anderes ist, als die Liebe selbst. Nur das ist ihr Auftrag.
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