Schlanders erzählt... Märchenherbst

Maerchenherbst24

 
 
Mittwoch, 26 Juli 2017 00:00

„KULTUR IST EINE ORDENSREGEL“

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

s34 santer rainer gamperJubiläumsausstellung - 30 Jahre Kunst in der Kartause
Künstler/innen: Claudia Barcheri, Michael Fliri, Erich Kofler Fuchsberg, Siggi Hofer, Ingrid Hora, Christian Niccoli, Maria Walcher
Kuratiert von Sabine Gamper

Im Rahmen des 30jährigen Jubiläums von Kunst in der Kartause wurden sieben Südtiroler Künstler/innen eigeladen, den Ort Karthaus mit seinen Überresten des ehemaligen Kartäuserklosters mit den Mitteln der zeitgenössischen Kunst genauer unter die Lupe zu nehmen.

Aus dieser Auseinandersetzung heraus entstanden zum Großteil eigens für diesen Ort eine Reihe von Werken, welche sowohl den Kreuzgang wie auch verschiedene Stellen im ganzen Dorf bespielen. Anhand von allegorischen, partizipativen oder erzählerischen Ansätzen lassen sie die Kraft von Geschichte in unserer heutigen Zeit wieder spürbar werden.

Als thematischer Ausgangspunkt dieser künstlerischen Recherche diente ein Zitat des Philosophen Ludwig Wittgenstein, welches er 1949 in sein Notizheft schrieb: „Kultur ist eine Ordensregel. Oder setzt doch eine Ordensregel voraus.“ In der aktuellen Kulturwissenschaft wird dieser Satz häufig zitiert, um über Kunst und Kultur in der heutigen Zeit nachzudenken. Welcher Lebensform und Geisteshaltung entspricht Kultur? Haben Kultur und Kunst heute noch mit Techniken der Askese zu tun? Wo übernehmen sie Haltungen des mönchischen Lebens? Und kann die heutige Kunst nach den Prinzipien von Ordnung und Übung gedeutet werden?

s35 performanceFür unser zeitgenössisches Verständnis ist dieser Zugang im ersten Moment schwer nachvollziehbar und scheint wenig aktuell zu sein. Und doch drängt sich die Frage nach solchen Zusammenhängen in Karthaus nachhaltig auf, einem Ort, der mit seinen Überresten des ehemaligen Kartäuserklosters noch heute die Atmosphäre der Stille, der Askese, und des mönchischen Daseins atmet!

Basierend auf der Annahme, dass kulturelle und soziale Energien über Jahrhunderte hinweg wirksam bleiben, beschäftigten sich die eingeladenen Künstler/innen anhand verschiedener medialer, inhaltlicher und konzeptueller Herangehensweisen mit dem historischen Vermächtnis von Karthaus. Siggi Hofer realisiert eine Fassadenarbeit und eine Textarbeit am ehemaligen Hotel „Weißes Kreuz“ am Hauptplatz des Dorfes. Ausgehend von der seit jeher bis heute wahrgenommenen Stille, möchte er mit seiner Intervention nichts Neues erfinden, sondern etwas akzentuieren, was immer schon da war. Michael Fliri positioniert eine Reihe von zehn Masken-Skulpturen im Kreuzgang, mit denen der Künstler unsere Aufmerksamkeit nicht einzig auf die Vorderseiten der Masken lenkt, sondern genauso auf das verborgene oder „unbewusste“ Gesicht der Masken, indem er die Innenseiten als Positivform nach außen stülpt.

s35 barcheriMit seiner Videoarbeit „Du bei mir“, zu sehen in einer ehemaligen Mönchszelle, übersetzt Christian Niccoli das religiöse Ritual der Niederwerfung (Prostration) in einen zeitgenössischen Kontext, und stellt somit die Frage nach unserer heutigen Bereitschaft zu bedingungsloser Demut und Hingabe.

Claudia Barcheri zeigt im Kreuzgang eine neue Serie von Zeichnungen mit roter Tusche, welche Linien- und Rastersysteme aufweisen, wie Koordinatensysteme, Netze und Schablonen, welche das Festhalten, Begreifen und Verorten von „Welt“ symbolisieren.

s35 fuchsbergerErich Kofler Fuchsbergs „Mutterhaus“ ist eine 6 Meter lange hölzerne Struktur in Form eines Schiffes, eine symbolische Darstellung des Stammhauses kirchlicher Ordensgemeinschaften, womit er die vielfachen kulturellen Bedeutungsebenen klösterlicher Gemeinschaften thematisiert.

Mit ihrer für die Kartause entstandenen installativen Arbeit „A Room of One’s Own“ im unteren Kreuzgang beschäftigt sich Maria Walcher mit der Frage nach den Parallelen zwischen dem Mönchstum und dem KünstlerInnen-Dasein. Wieviel an Rückzug in die Einsamkeit und Stille des Klosters oder des Ateliers, und wieviel an Öffnung hin zur Welt werden benötigt, um schöpferisch tätig zu sein? Und Ingrid Hora stellt die Frage nach der Zerbrechlichkeit eines Kollektivs, sobald feste Normen überschritten werden. Anhand einer Serie von Leiter-Objekten und einer Eröffnungsperformance an der großen Außenmauer, werden die Dynamiken des Kollektivs zwischen Abgrenzung und Verlangen symbolisch festgemacht.

s35 walcherDie Ausstellung „Kunst in der Kartause“ findet seit 1987 im Kreuzgang der ehemaligen Kartause statt. Anfänglich von einem „Ausstellungskomitee“ wird die Ausstellung seit 1991 vom Kulturverein Schnals unter der derzeitigen Präsidentschaft von Benjamin Santer organisiert und bezieht immer öfter auch das gesamte Dorf Karthaus mit in das Geschehen ein.

s35 fliriDie Ausstellung ist bis einschließlich 20. August im öffentlichen Raum von Karthaus zu sehen. Die Ausstellung ist ganztägig zu besichtigen.

Ludwig Wittgenstein

{jcomments on}


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 4752 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Ausgaben zum Blättern

titel 22 24

titel Vinschgerwind 21-24

titel vinschgerwind 20-24

 sommerwind 2024

 

WINDMAGAZINE

  • Jörg Lederer war ein Holzschnitzer aus Füssen und aus Kaufbeuren. Die Lederer-Werkstatt hat viele Aufträge im Vinschgau umgesetzt. Wer will, kann eine Vinschgautour entlang der Lederer-Werke machen. Beginnend in Partschins.…
    weiterlesen...
  • Die Burgruine Obermontani bei Morter am Eingang ins Martelltal wurde für einen Tag aus ihrem "Dornröschenschlaf" wachgeküsst. von Peter Tscholl Die Akademie Meran, die Gemeinde Latsch und die Bildungsausschüsse Latsch…
    weiterlesen...
  • Vinschger Radgeschichten - Im Vinschgau sitzen alle fest im Sattel: Vom ultraleichten Carbon-Rennrad bis hin zum E-Bike mit Fahrradanhänger, Klapprad, Tandem oder Reisefahrrad. Eine Spurensuche am Vinschger Radweg. von Maria…
    weiterlesen...
  • Kürzlich wurde von den Verantwortlichen im Vintschger Museum in Schluderns das Kooperationsprojekt Obervinschger Museen MU.SUI gestartet. Es handelt sich um den gemeinsamen Auftritt der Museen in Schluderns VUSEUM/Ganglegg, Mals, Taufers…
    weiterlesen...
  • Blau, dunkelgrün, schneeweiß schäumend, türkis oder azur - Wasserwege im Vinschgau von Karin Thöni Wasser ist Quell des Lebens und unser kostbarstes Gut. Aber es wird knapper. Der „Wasserfußabdruck“ jedes…
    weiterlesen...
  • Martin Ohrwalders Liebe zu den Pferden muss ihm wohl in die Wiege gelegt worden sein. Bereits im Alter von drei Jahren schlug er seiner Mutter vor, die Garage in einen…
    weiterlesen...
  • Manfred Haringer ist Sammler, Modellbauer und Heimatforscher. Im letzten Jahr konnte er seinen alten Traum verwirklichen. In seinem Elternhaus in Morter, wo bis Ende des Zweiten Weltkrieges die Dorfschule untergebracht…
    weiterlesen...
  • Die historische Bedeutung von Schlossruinen und ihre Geschichte faszinieren die Menschen. Mit mehreren Revitalisierungsmaßnahmen erwacht derzeit die Ruine Lichtenberg in der Gemeinde Prad am Stilfserjoch zu neuem Leben. von Ludwig…
    weiterlesen...
  • Il grano della Val Venosta era conosciuto e apprezzato in tutto l' impero Austroungalico. Testo e Foto: Gianni Bodini Oggi sono i monotoni ed estesi meleti punteggiati da pali in…
    weiterlesen...
  • Questa importante strada romana attraversava tutta la Val Venosta. Testo e Foto: Gianni Bodini Iniziata da Druso nel 15 a.C., venne completata dall’imperatore Claudio Cesare Augusto. Questa importante via transalpina…
    weiterlesen...
  • von Annelise Albertin Das Val Müstair mit seiner intakten Naturlandschaft und den kulturellen Besonderheiten ist das östlichste Tal der Schweiz. Es liegt eingebettet zwischen dem einzigen Schweizerischen Nationalpark, den „Parc…
    weiterlesen...
  • Eine Symbiose zwischen der Geschichte und dem Lebensraum rund um das kunsthistorische Hotel „Chasa Chalavaina“ im benachbarten Val Müstair von Christine Weithaler Das Hotel Chasa Chalavaina wurde am 13. November…
    weiterlesen...

Sommerwind 2024

zum Blättern

Sommer Magazin - Sommerwind 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Wandern, Menschen, Urlaub, Berge, Landschaft, Radfahren, Museen, Wasser, Waale, Unesco, Tourismus

wanderfueher 2024 cover

zum Blättern

Wanderführer 2024 - Bezirk Vinschgau Südtirol - Traumhafte Touren Bergtouren Wanderungen Höhenwege

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.